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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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er ihn jetzt
    nur noch alle vier Stunden. Im Grunde war alles so lange
    in Ordnung, im grünen Bereich, solange keine Notfallnach-
    richt von einem der Valentin-Überwacher kam. An dieser
    Front gab es im Osten nichts Neues. Wofür ich sehr dank-
    bar war. Es hatte sich noch etwas verändert. Nach meiner
    Entführung und der Zeit der strengen Überwachung steuer-
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    ten wir wieder auf eine Neumondphase zu, was mich sehr
    zuversichtlich machte, Istvan für ein paar Stunden von sei-
    nen Bodyguardpflichten ablenken zu können. Ich plante, in
    der kommenden Nacht das Thema vorsichtig anzusprechen.
    Bisher hatte Istvan weder die Geduld noch die Ruhe für die-
    se Art von Gesprächen und ich wollte ihn nicht auch noch
    mit meinen animalischen Bedürfnissen belasten. Doch im-
    merhin war unsere Neumondabmachung noch immer gültig
    und es war schwer, jede Nacht im selben Bett mit Istvan
    zu schlafen und immer die Finger und Lippen im Zaum
    zu halten. Es war an der Zeit, etwas forscher vorzugehen.
    Es gab da noch einen anderen Grund, eine Argumentation
    dafür, die ich vorbringen konnte. Mein fünfundzwanzigster
    Geburtstag stand vor der Tür. Istvan wusste nichts davon,
    aber immerhin hieß es, man könne einem Geburtstagskind
    keinen Wunsch abschlagen. Ich hoffte, das für mich nutzen
    zu können.
    Es gab da nur ein kleines Problem. Mein Bruder, Paula
    und Carla hatten mich bereits zum Geburtstagsessen am
    Samstag eingeladen und es gab keine Möglichkeit, mich da-
    vor zu drücken. Ich musste also meinen Plan um einen Tag
    verschieben. Es gefiel mir gar nicht, dass ich Istvan nicht
    dabeihaben konnte, aber so standen die Dinge nun einmal
    und es sah nicht so aus, als ob sich diese Situation in naher
    Zukunft ändern würde. Ich hatte dafür meine Nachgeburts-
    tags-Privat-Party. Das tröstete mich in meiner Enttäuschung.
    Ich müsste ihn nur ein paar Stunden von dem Bildschirm
    des Handys wegkriegen, das würde schon helfen. Doch vor-
    erst galt es, den Samstag hinter mich zu bringen. Ich konn-
    te Carla zum Glück davon abhalten, eine große Party zu
    schmeißen, wie ich es zu ihrem fünfundzwanzigsten getan
    hatte. Doch ich war eher der Typ für eine kleine Runde von
    Freunden mit einem guten Essen. Carla respektierte mei-
    nen Wunsch und reservierte einen Tisch für uns fünf bei
    unserem Lieblings-Chinesen. Das war mir recht und vieles
    sprach dafür, dass es ein ruhiger, angenehmer Abend unter
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    Freunden werden würde. Und sobald ich mit meiner Familie
    und meiner besten Freundin gefeiert hätte, könnte ich mich
    auf mein nächstes Projekt konzentrieren.
    Ich hatte bis zum letzten möglichen Augenblick gewar-
    tet. Erst am Samstagvormittag machte ich mich auf zur Bib-
    liothek. Ich wusste, Istvan würde dort sein und den Buch-
    klub des Frauenvereins betreuen. Er öffnete extra für sie am
    Wochenende. Die Frauen brachten Kuchen mit und Istvan
    spendierte den Kaffee dazu. Die Damen trafen sich alle
    zwei Wochen, um ein Buch zu besprechen. Die Anwesen-
    heit der acht oder zehn Frauen würde mir dabei helfen, Ist-
    vans Panikreaktion wegen des geplanten Geburtstagsessens
    zu unterbinden. Ich hatte mich noch nie so darauf gefreut,
    eine Gruppe von Hausfrauen um mich zu wissen. Ich ging
    schnell den Flur entlang und stieß im Deutschen Saal auf
    die neun etwas älteren Damen. So gut wie alle drehten sich
    sofort nach mir um. Ich erntete irritierte Blicke, die meiner
    unpassenden Anwesenheit galten. Ich ließ mich davon nicht
    einschüchtern.
    „Guten Tag, die Damen. Ich will nicht stören. Könnten
    Sie mir sagen, wo ich Istvan finde? Ich bräuchte dringend
    seinen fachmännischen Rat“, sagte ich und schüttelte dabei
    ein dickes Buch, das ich vorsorglich zur Tarnung mitgebracht
    hatte.
    Die älteste von ihnen, eine kleine, zarte Frau mit kurzen,
    dauergewellten Haaren, antwortete mir prompt.
    „Der Bibliothekar ist hinten im Kroatischen Saal, in der
    Küche.“
    Ich dankte ihnen und spürte weiterhin ein Unbehagen
    über meine Anwesenheit im Raum. Im Kroatischen Saal ging
    ich zum letzten Bücherregal und öffnete die Tür dahinter.
    Istvan begrüßte mich schon zuvor. Er stand in der winzigen
    Einbauküche und kochte zwei Kannen Kaffee gleichzeitig.
    „Hi! Gute Cover-Story, die könnten wir noch ausbauen!“,
    scherzte er.
    Er war offensichtlich gut gelaunt, was mir entgegenkam.
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    „Selber Hi“, scherzte ich zurück und nahm mir ein Stück
    von dem köstlichen Kuchen auf den

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