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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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Ich hab wohl etwas überreagiert. Es
    war nur so ein verrückter Tag …“, fing ich an zu erzählen und
    unterbrach mich schnell, bevor ich noch mehr verriet.
    „Wieso denn, was war denn so verrückt?“, fragte sie natür-
    lich weiter.
    Derselbe kleine Kellner kam in diesem Moment mit den
    riesigen Essensportionen zu unserem Tisch und türmte die
    duftenden chinesischen Spezialitäten vor uns auf. Es war
    mehr ein Essensberg als ein Menü, aber es kam gerade recht.
    Ich war schon ganz ausgehungert und stürzte mich sofort auf
    den Reis. Zum Glück lenkte gutes Essen Carla immer von
    dem ab, was sie gerade machte, und ich war erst mal aus
    dem Schneider.
    Während Carla genussvoll und langsam ihr Reisgericht
    aß, zwang ich das Essen im schnellen Tempo in meinen Ma-
    gen und mir wurde fast übel. Aber immerhin hatte ich lan-
    ge nichts gegessen und mein Körper schien nun nach allem
    Essbarem zu gieren.
    „Gott, du bist ja echt ausgehungert“, kommentierte Carla
    mein etwas peinliches Essverhalten.
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    „Ja. Du weißt ja, Selbstversorgerin“, kommentierte ich
    kurz und wandte mich wieder dem Hühnerfleisch zu, das
    ich jetzt wieder genießen konnte.
    Als wir fertig waren, hatte ich die riesige Portion völlig
    vernichtet und Carla starrte mich an.
    „Eigentlich bin ich doch die große Esserin von uns. Aber
    heute hast du es mir gezeigt. Ich gebe es zu. Nachtisch?“
    „Ja. Aber den werde ich nicht so hinunterstürzen, verspro-
    chen“, versicherte ich ihr lächelnd und zauberte auch auf ihr
    Gesicht ein leichtes Schmunzeln.
    „Na gut. Aber den Nachtisch bestellst du.“
    Ich winkte unseren Kellner herbei und orderte die flam-
    bierten Bananen, die Carla hier immer bestellte. Während
    wir auf das Dessert warteten, fand Carla wieder zu ihrer ur-
    sprünglichen Absicht zurück und begann mich weiter aus-
    zuquetschen. Ich wusste, dass es nur aufrichtiges Interesse
    ihrerseits war und dass sie ja nicht ahnen konnte, dass sie
    mich mit ihrer Fragerei in die Bredouille brachte.
    „Was war denn gestern so schlimm? Jetzt rück schon raus
    damit, du weißt, dass ich nicht locker lassen werde“, stellte
    sie klar und erinnerte mich damit an unsere größte Gemein-
    samkeit. Die absolut verbohrte Sturheit, die uns beide im-
    mer verbunden hatte.
    „Ich habe gestern diesen Istvan wiedergesehen. Den Bib-
    liothekar, von dem ich letztens mal erzählt habe“, gestand ich
    ihr und bereute gleich den Anfang meines Satzes. Sie hatte so-
    fort angebissen, so wie ich ihn ihr damals beschrieben hatte.
    „Und?“, fragte sie entflammt.
    „Und nichts. Ich hab dir doch erzählt, dass er irgendwie
    seltsam ist, oder?“
    „Ja, die Sache mit dem Foto. Ich erinnere mich. Hat er es
    aufgeklärt?“, wollte sie jetzt wissen, völlig in ihrem Element
    als neugierige Freundin.
    „Nein. Er hat sich mir gegenüber nur blöd verhalten, das
    ist alles. Das regt mich immer noch auf. Er hat gestern, als
    ich ihn wiedergesehen habe, so getan, als würde er sich nicht
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    an mich erinnern. So ein Mistkerl!“, sagte ich. Ihn auch nur
    in einer Lüge zu beschimpfen, fiel mir schwer, weshalb mein
    „Mistkerl“ auch etwas kraftlos wirkte.
    „Wieso, denkst du, hat er das getan?“, fragte sie besorgt.
    „Keine Ahnung. Ich habe dir doch gesagt, dass ich irgend-
    wie einen Draht zu ihm habe?“ Ich wollte ihr Gedächtnis in
    mein Lügengespinst einbauen.
    „Ja. Du sagtest sogar, du hättest das Gefühl ihn zu ken-
    nen“, erinnerte sie sich deutlich.
    „Tja, das war wohl ein Fehler. Er scheint offenbar etwas
    gegen mich zu haben. Soll mir nur recht sein, wenn er mit
    jedem außer mir redet. Er ist sowieso nicht mein Typ. Ich
    war wohl an dem Tag etwas durcheinander“, stellte ich, ge-
    spielt sauer, klar.
    Sie überlegte und sagte schließlich:
    „Ist aber schon merkwürdig. Erst flirtet er mit dir und
    jetzt macht er auf eiskalte Schulter. Schade, so wie du erst
    von ihm erzählt hast, dachte ich schon, da würde sich was
    anbahnen“, gestand sie mir etwas enttäuscht.
    „Erstens habe ich nie behauptet, dass er bei der Eröffnung
    mit mir geflirtet hat, und zweitens soll er doch mit sich selbst
    tanzen. Ich geh dem Typ lieber aus dem Weg“, setzte ich noch
    einen drauf und übertrieb die Istvan-Lügerei ein wenig.
    „Ja, stimmt schon, du hast nichts von Flirten erzählt. Aber
    so wie du von ihm gesprochen hast, dachte ich … Na was
    soll’s. Vergiss den Kerl. Es gibt Tausende wie ihn“, verkünde-
    te sie mir

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