Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
Vom Netzwerk:
Sicht der Dinge dargelegt hatte, glaubten sie es tatsächlich nicht mehr.
    Königin Yrsa hatte, ohne es zu wissen, auch ihren Sohn in Gefahr gebracht. Sie hatte einen Fehler begangen, den Authun, wäre er nur bei Verstand gewesen, nie begangen hätte. Aus Sorge, die Dänen könnten zu einer List greifen, war sie der Versammlung ferngeblieben und hatte die Wachen am Strand verdoppelt. Sie hatte gewusst, dass ein Angriff auf die Rygir bevorstand, jedoch befürchtet, die Dänen hätten es auf mehr als ein Ziel abgesehen oder würden, falls sie in Rogaland Erfolg hatten, anschließend auf das Gebiet der Horda vorstoßen. Das Fehlen der Horda auf der Versammlung – nicht einmal ein Jarl war als Vertreter geschickt worden – reichte Gabelbart als Beweis völlig aus.
    Vali war ein Spion, behauptete der König. Ein Spion, der schon in seiner Kindheit an seinem Hof untergebracht worden war, begleitet und im Handwerk des Verrats vom gemeinen Bragi unterwiesen.
    Valis alter Lehrer saß direkt neben ihm. Sie hatten ihn verprügelt und gefesselt. Bragi bestritt die Vorwürfe lautstark, bis Gabelbart ihn niederschlagen ließ. Es kam zur Abstimmung, die nicht günstig verlief. Gabelbarts Wächter packten Vali und schleppten ihn nach draußen.
    Sie hatten auf dem Hügel eine Grube ausgehoben, die doppelt so tief war wie ein Mann und gerade weit genug, dass man sich nicht gegen die Wand stemmen und hochklettern konnte. All das bemerkte Vali freilich nicht, als sie ihn hineinwarfen – er spürte nur den Sturz und danach die Atemlosigkeit. Die Grube war nass. Es regnete nicht mehr, doch am Grund stand das Wasser zwei Fingerbreit hoch. Nach dem Ringen im Sumpf war seine Kleidung völlig zerfetzt, außerdem war ihm kalt. Vor allem aber war er erschöpft, und so schlief er traumlos und wie ein Toter.
    Irgendwann hörte Vali über der Grube Stimmen. Ein Streit und ein Handgemenge. Dann plumpste etwas Großes und Schweres auf ihn.
    »Schweinehunde«, schimpfte Bragi. Vali schob den fluchenden alten Mann zur Seite. »Ich habe ein ordentliches Verfahren verlangt«, tobte Bragi. Ihm war im Augenblick alles egal außer dem Unrecht, das er erlitten hatte, und darüber ließ er sich lautstark aus.
    Vali blickte zum viereckigen Ausschnitt des Sternenhimmels hinauf, dann betrachtete er die Wände der Grube. Er schluckte schwer. Der Hals und der Kopf taten ihm weh. Später fiel ihm ein, dass er sich auf Bragis Schultern gestellt hatte, um in die Kirche zu gelangen. So konnten sie doch auch aus der Grube fliehen. Er war sicher, dass er den oberen Rand erreichen und sich hochziehen konnte. Doch war er dazu stark genug? Droben tauchte im Mondlicht ein Gesicht auf, als wollte es seine Überlegungen mit einem Schlag zunichtemachen. Sie hatten natürlich Wachen aufgestellt. Wenn er hochzuklettern versuchte, würden sie ihm höchstens das stumpfe Ende eines Speers ins Gesicht stoßen.
    »Ich habe doch ein ordentliches Urteil verdient, das ist das mindeste.« Bragi schlug wütend mit der Faust gegen die Wand.
    »Ein Urteil?«, sagte Vali. Er war heiser, das Sprechen tat weh.
    »Nicht das, was sie mit dir in der Halle gemacht haben«, erklärte Bragi. »Ich meine ein Urteil durch einen Kampf – den Holmgang, wie es sich gehört.«
    »Du kannst den König nicht zu einem Zweikampf fordern. Die Versammlung hat entschieden.« Der Prinz sprach langsam und leise, um den Hals zu schonen.
    »Ich habe ihn herausgefordert, und er wird einen Kämpfer stellen«, erklärte Bragi.
    Vali lehnte sich an die Wand. Ein beißender Geruch stieg ihm in die Nase. Unten am Strand verbrannten sie die Toten. Nach und nach kehrten die Erinnerungen an seine Taten zurück.
    »Ich habe Orri getötet«, sagte er.
    »Ja.«
    »Dann bin ich ein Brudermörder.«
    »Der Sumpf hat dich verhext. Außerdem hat Orri dich angegriffen. Er ist mit einem Messer auf dich losgegangen.«
    »Vor den Richtern wärst du ein guter Anwalt«, erklärte Vali. »Ich habe ihn getötet, und er war ein Bruder.«
    Sie schwiegen eine Weile. Vali überlegte, ob er sein Verbrechen rechtfertigen konnte. Es gelang ihm nicht. Allein dafür hatte er den Tod verdient. Dann sagte er: »Wenn du siegst, bist du frei. Das ist immerhin ein Ausweg aus diesem Durcheinander.«
    »Ich wusste, dass du es so siehst, Herr«, stimmte Bragi zu. »Deshalb teile ich dir gern mit, dass ich als dein getreuer Vasall auch in deinem Namen eine Herausforderung ausgesprochen habe.«
    Vali hätte gelacht, wenn es nicht so wehgetan

Weitere Kostenlose Bücher