Wolfsmondnacht (German Edition)
abbrach, auch während deiner gesamten Ehe nicht.«
»Lügen, Lügen, nichts als Lügen.« Hilflosigkeit und Wut stiegen in Pamina auf. »Und jetzt soll auch noch mein Kind darunter leiden. Bluttrinker haben keine Nachkommen. Sie zeugen kein Leben, sie erschaffen nur den Tod. Ich habe ihn verlassen, bevor ich Laurent geheiratet habe. Ich war Laurent immer loyal und treu.«
»Lügen sind spektakulärer als die Wahrheit. Darum verbreiten sie sich schneller und halten sich länger. Du ahnst nicht, wie leichtgläubig und naiv viele unserer Leute sind.«
»Es ist also das Beste, wir halten die Existenz des Kindes geheim?«
»Ja, bis sich die Zustände im Königreich wieder stabilisiert haben.«
»Wie sieht es aus?«
»Olivier ist jetzt König, doch nicht alle akzeptieren ihn, weil er nur ein Bastard deines Vaters ist. Seine Politik macht mir Sorgen. Er schürt die Furcht und den Hass unseres Volkes gegen die Menschen. Wobei er nicht ganz Unrecht hat. Die Fegefeuer brennen allerorts in diesen dunklen Zeiten. Die Menschen haben einige unserer Schwächeren, sowie Erschaffene und Kinder gefangen und lebendig verbrannt. Unser Volk ist voll unterschwelligen Zorns.«
»Dennoch glaube ich an Laurents Sache, an eine friedliche Koexistenz voller Toleranz und Respekt zwischen loup-garous und Menschen.«
»Manchmal ist es schwer, daran zu glauben. Du bist eine Idealistin, wie Laurent und wie dein Vater zuvor. Ich glaube, er hat eine mögliche Zukunft vorweggenommen, doch die Leute sind noch nicht so weit.«
»Wir brauchen unsere Ideale. Wir essen die Menschen nicht und sie verbrennen uns dafür nicht. So schwierig dürfte das doch nicht sein?«
»Das sollte man meinen.« Es klang traurig, so wie er es sagte, und Pamina wusste, dass er Recht hatte. Es würde nicht einfach sein.
»Wir beobachten alles im Verborgenen. Sofern Olivier weise regiert, schreiten wir nicht ein und wir versuchen herauszufinden, was L’Approche vorhaben und ob sie mit Olivier in Kontakt stehen«, sagte er. »Im Moment können wir nicht mehr tun.«
Pamina sah ihn angstvoll an. »Doch nehmt Euch in Acht, Eric.«
»Das tue ich ohnehin.« Er sah aus dem Fenster. »Ich muss wieder gehen, doch komme ich alle paar Wochen vorbei, um nach Euch zu sehen. Ab Mitte Januar werde ich längere Zeit bei Euch sein, falls Ihr das Kind nicht allein gebären wollt.«
»Aber Ihr habt keine Erfahrung darin.«
»Das nicht, doch vielleicht kann ich Euch anderweitig entlasten. Ich werde mich auch nach einer verschwiegenen, vertrauenswürdigen Hebamme für Euch umsehen.«
Pamina sah ihn erstaunt an. »Das würdet Ihr für mich tunt?«
»Für Euch, Laurent und seinen Erben.«
»Ich danke Euch.«
»Passt auf Euch und Euer Kind auf. Bis bald.« Eric verließ das Haus und verschwand im Dickicht.
Pamina hatte Angst um ihn. Angst, dass er ebenso sterben würde wie Agnes. Angst, dass sie ganz allein war. Angst um ihr ungeborenes Kind.
11. Februar 1565
Pamina starrte Eric ungläubig an. »Das kann doch nicht wahr sein!« Sie hielt ihre Hände schützend auf ihren geschwollenen Leib.
Eric strich sich fahrig sein Haar aus dem Gesicht. Er war blasser als sonst. »Ist es doch. Ich konnte keine Hebamme auftreiben. Die alte Sibylle ist vorige Woche gestorben.«
»Warum gerade jetzt? Kannst du nicht eine andere auftreiben?
»Die anderen Frauen misstrauen mir. Ich bin ein Ausgestoßener wegen des Diebstahls, den man mir anhängte.«
»Die Frage ist wohl eher, wem wir vertrauen können. Du bist ebenso wenig ein Dieb, wie ich eine Mörderin. Irgendjemand wollte uns aus dem Weg räumen.«
»Das dürfte ihm gelungen sein.«
Eine Wehe durchzog ihren Leib. Pamina spürte, wie sich ihr Bauch verhärtete. Er war dadurch nicht mehr rund wie sonst, sondern ein wenig kantig nach vorne gestreckt. Der Schmerz verebbte, bevor die Härte nachließ. Ein Ächzen entrang sich Paminas Kehle.
Besorgt sah Eric sie an. »Was soll ich tun?«
Er wirkte hilflos auf Pamina. Nicht auch das noch. Jetzt musste sie sich auch noch um einen verängstigten Mann kümmern, während sie ein Kind bekam.
»Bring mir Tücher. Das Wasser im Kessel erwärmst du erst, wenn die Geburt in die Endphase geht. Ich habe es bereits abgekocht.« Sie versuchte sich an all das zu erinnern, was Agnes ihr über die Geburt beigebracht hatte, als sie selbst noch ein Kind gewesen war.
Eric nickte eifrig und eilte zum Schrank, in dem Agnes die Tücher aufbewahrte, und nahm ein paar davon. »Was jetzt?«
Eine neue Welle
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