Wolfsmondnacht (German Edition)
nicht zu nahe treten, gewiss nicht, Signor, doch möchte ich meinem Auftraggeber baldmöglichst positive Antwort geben können. Ihr seid nicht der einzige Interessent.«
»Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen und Euch Bescheid geben. Wo finde ich Euch?«
Signor Bertolo nannte die Anschrift seines Maklerbüros, das sich ebenfalls in der Altstadt befand. » Buona notte , Signor Lenoir. Ich hoffe auf Eure baldige Antwort.«
» Bonne nuit , Monsieur Bertolo.«
Etwas stimmte hier ganz und gar nicht.
Kapitel 13
In der darauffolgenden Nacht
Jean-François brachte Weißwein und Pfirsiche in einer Schale aus der Küche von Carinas Haus in Padua.
Ihr Schlafraum besaß eine bedrückende Atmosphäre, was an der Vorherrschaft dunkler Töne lag. Die Möbel waren dunkelbraun, fast schwarz und die Wände mit dunklen Stoffen behangen. Langstielige lachsfarbene Rosen standen in einer Kristallvase am Boden.
Carinas Bett bestand aus Kissen und Decken am Boden. Dass ihr Vater dies duldete, erschien Jean-François merkwürdig. Noch merkwürdiger erschien ihm jedoch, dass dieser offenbar kaum zu Hause war, da seine Geschäfte vorgingen. Jean-François nahm ihr die Geschichte von der vernachlässigten Bankierstochter ohnehin nicht ab. Es waren nur sehr wenige Diener im Haus und keine Anstandsdame, wie er es in solch einem Fall erwartet hätte.
Er trat zum Beistelltisch, stellte den Wein dort ab und machte sich daran, die Pfirsiche aufzuschneiden.
»Erzählt mir von dem Geisterhaus, das ihr vorhin erwähnt habt.«
»Du interessierst dich wirklich für diese alte Hütte?«, fragte Carina, die sich nackt auf ihrer Decke rekelte. Ihre Schlafstätte trug noch immer die Spuren ihres Liebesspiels.
»Würde ich sonst danach fragen?« Jean-François betrachtete die scharfe Klinge des Obstmessers in seiner Hand.
»Warum bist du immer so sarkastisch?«
Weder auf ihren schnippischen Ton noch auf die von ihr gewählte Form der Anrede ging er ein.
»Erzählt mir, was Ihr über das Haus wisst oder wisst Ihr etwa gar nichts?« Er nahm einen der Pfirsiche, die in einer Aventuringlasschale lagen. Das Aroma der Frucht drang in seine Nase. Eine Frucht, die er nicht mehr zu genießen verstand.
»Das Haus ist alt. Sie nennen es das Geisterhaus und einige auch das Haus des Todes. Es gehört seit etwa hundertfünfzig Jahren der Familie Rocchi, doch diese bewohnt es nicht selbst. Sie haben viele Häuser und müssen daher nichts arbeiten. Sie leben von der Miete. Ein Urahn wurde durch die Wollmanufaktur reich. Das muss zu Zeiten Francesco Carraresis, des Älteren, gewesen sein.«
»Danke für den Geschichtsunterricht. Was ist mit dem Haus?«
»Bist du immer so ungeduldig?«
»Das Haus.« Er schnitt die Pfirsiche in Scheiben und legte diese in die beiden Glaskelche.
»Nun, was gibt es darüber zu sagen? Häufig wechselnde Mieter, meistens Fremde. Keiner aus Padua würde dort einziehen, schon gar nicht für die Miete, die sie verlangen. Es heißt, dass ein Fluch darauf liegt. Die sind abergläubisch, die Leute hier, das kann ich dir sagen.«
»Ein Fluch?« Er legte das Messer beiseite und öffnete den Wein.
» Si , Alexandre, man sagt, dass dort ein Geist umgeht, seit sich dort jemand das Leben genommen hat.«
Er fand es nach wie vor befremdlich, seinen falschen Namen zu hören.
»Und Ihr glaubt an Geister?« Er goss Weißwein über die Pfirsiche.
» No , oder glaubt Ihr etwa an solchen Aberglauben?«
» Non . Daher vermietet er es also an Ortsfremde.«
»Si, das steht jetzt auch schon beinahe ein Jahr lang leer, denn die Gerüchte sprechen sich offenbar auch schon bei den Fremden herum. Vielleicht verlangt er aber auch zu viel Miete. Warum möchtet Ihr so viel über diese alte Hütte wissen? Wollt Ihr etwa dort einziehen?«, fragte sie schmunzelnd.
»Nachdem Ihr es mir so schmackhaft gemacht habt?« Er lachte leise und reichte ihr einen der Glaskelche.
Sie nippte daran und verzog das Gesicht. »Der Wein ist herb. Ich mag ihn nicht. Ich wüsste etwas, das besser schmeckt. Komm zu mir.« Sie stellte den Weinkelch beiseite. »Ist es wahr, dass Franzosen besser küssen?«
»Durchaus möglich, ma belle .« Er lächelte verwegen.
»Dann lasst es mich herausfinden. Du bist schon seit Stunden hier, doch du hast mich noch kein einziges Mal geküsst.«
»Alles, ma belle , nur keinen Kuss.«
Ihr Lächeln erlosch. »Warum willst du mich nicht küssen? Bin ich dir nicht gut genug?«
» Non , es hat nichts mit Euch zu
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