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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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setzen, Zeitung lesen und die Zeitläufte diskutieren – wie sich das für alte Männer gehört!»
    Laura überholte eine Kolonne von Wohnmobilen aus Holland.
    «Angelo hat einen Vater!»
    «Das nehme ich an!»
    «Ach, Babbo. Vielleicht versteht ihr euch ja … du und Angelos Vater.»
    «Davon sollten wir nicht unbedingt ausgehen. In meinem Alter schließt man Menschen nicht mehr so schnell ins Herz. In seinem wahrscheinlich auch nicht.»
    «Und warum nicht?»
    «Weil das Herz schon voll ist!»
    Sie schwiegen, bis die Türme von Siena vor ihnen auftauchten, tauschten erst dann ein Lächeln.

Angelo Guerrini ging vor der Pension seiner Cousine Natalia auf und ab. Er hatte keine Rose in der Hand, weil er Natalia keinen Anlass zu zweideutigen Bemerkungen geben wollte. Darin war sie sehr gut. Andererseits empfand er seine eigene Vorsicht als irgendwie unsympathisch. Es gab überhaupt keinen wirklichen Grund, Natalia zu verheimlichen, dass Laura seine Freundin war. Außerdem müsste sie längst hier sein. Seit ihrem Anruf waren bereits zwanzig Minuten verstrichen, und da hatte sie bereits die Außenbezirke von Siena erreicht. Vermutlich hatte sie sich verfahren.
    Guerrini zog sein Handy aus der Hosentasche, drückte auf den Knopf für automatische Verbindung, unterbrach sie gleich wieder, denn in diesem Augenblick bog Lauras alter Mercedes in die schmale Straße ein, näherte sich scheppernd über das Kopfsteinpflaster. Grüßend hob er den Arm, warf einen Blick auf die gelben Rosen, die an Natalias Haus blühten, widerstand der Versuchung, eine abzubrechen. Natürlich hatte auch Natalia das Scheppern des Autos gehört und streckte neugierig den Kopf aus dem Haus.
    Guerrini öffnete die Wagentür für Laura, legte eine Hand auf sein Herz und verbeugte sich leicht. Sie schaute ihm mit einer so umwerfenden Mischung aus Freude und Zurückhaltung entgegen, dass er spontan seine idiotischen Hemmungen fahrenließ, sie aus dem Auto zog und vor Natalia in die Arme nahm.
    «Ah!», bemerkte seine Cousine dicht hinter ihm. «La collega da Monaco!» Sie ging um das Auto herum, schaute durch das offene Seitenfenster zum alten Gottberg hinein. «Und das ist wohl der Polizeipräsident.»
    Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ein alter Herr aus Deutschland Italienisch verstand und außerdem mindestens so schlagfertig war wie sie selbst.
    «So ist es, Signorina! Dottor Emilio Gottberg ist mein Name, Polizeipräsident im Ruhestand. Ich reise in geheimer Mission.»
    Laura und Guerrini prusteten los, während Natalia mit gerunzelter Stirn von einem zum anderen schaute. Ein bisschen verlegen schüttelte sie ihre kurzen dunklen Locken, drehte dann die Handflächen nach oben und zog die Schultern hoch.
    «Warum hast du immer Geheimnisse, Angelo? Liegt es daran, dass du bei der Polizei bist? Übrigens, der Auspuff dieses Wagens ist kaputt, Dottor Presidente.»
    «Es tut mir leid, Natalia. Darf ich dir Laura vorstellen. Sie ist tatsächlich eine Kollegin aus München. Aber sie ist auch eine Freundin.»
    Eine Freundin kann alles sein, dachte er gleichzeitig. Es klingt flau. Er warf Laura einen prüfenden Blick zu. Hatte sie es registriert? Sie streckte Natalia die Hand entgegen und lächelte.
    «Der Polizeipräsident ist mein Vater, und er ist natürlich kein Polizeipräsident», sagte sie jetzt. «Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Natalia.»
    «Ich auch!» Es klang aber nicht so.
    Warum habe ich es ihr nicht gesagt?, fluchte Guerrini innerlich. Natalia kann richtig nett sein, wenn man ein Geheimnis mit ihr teilt. Früher, als Kinder und sogar als Jugendliche, hatten sie das häufig gemacht und einander nie verraten. Aber Natalia war der Meinung, dass er noch immer seine Geheimnisse mit ihr teilen sollte, wie ein kleiner Junge. Sie betrachtete sich als seine jüngere Schwester, weil sie selbst keinen Bruder hatte. Und jetzt war sie eifersüchtig, das konnte er an ihren Augen sehen. Warum hatte er ausgerechnet bei ihr ein Zimmer für Lauras Vater gemietet? Diese verdammte italienische Eigenschaft, beinahe automatisch alles in der eigenen Familie halten zu wollen. Er hatte sie auch, diese Eigenschaft, obwohl er es vor sich selbst leugnete und sich bei anderen darüber aufregte.
    «Ich glaube, mein Vater ist sehr müde von der langen Reise», hörte er Laura sagen. «Es wäre gut, wenn er sich ein wenig hinlegen könnte.»
    Natalias Ärger über Guerrini schloss offensichtlich nicht Emilio Gottberg ein, möglicherweise nicht einmal Laura.

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