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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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durch, bis er die Seite mit den Kinoanzeigen gefunden hatte. Diese knallte er vor mir aufs Bett. Wir starrten uns einen Augenblick lang wütend an und brachen schließlich beide in Gelächter aus.
    »Du hast dir den Film nicht wirklich angeschaut, nicht wahr?«
    Er lachte noch immer. »Wieso willst du das wissen? Wolltest du etwa mitkommen?«
    Die Spannung zwischen uns löste sich. Hunter zog seinen zerrissenen Morgenmantel an und ging damit ins Badezimmer. Während ich darauf wartete, dass er wieder ins Bett zurückkehrte, schlug ich den New Yorker auf und versuchte, einen guten Titel für eine Karikatur ohne Worte zu finden. Auf dem Bild war ein Paar beim Paartherapeuten zu sehen. Den beiden wurde ein Wassertank gezeigt. Als auf einmal der typische Klingelton ertönte, der beim Einschalten des Computers im Wohnzimmer erklang, blickte ich überrascht auf.
    »Hunter?«
    Keine Antwort. Eine Weile blieb ich im Bett sitzen und überlegte mir, ob ich mir das Ganze bloß einbildete oder ob sich Hunter mir gegenüber wirklich verändert hatte. Vielleicht war er nur so sehr mit sich selbst und seiner Arbeit beschäftigt, dass er nichts anderes mehr wahrnahm?
    Ich stand auf und ging ins Wohnzimmer. Einen Moment
lang beobachtete ich ihn schweigend. Es dauerte eine ganze Zeit, ehe er sich zu mir umdrehte.
    »Was ist los? Kannst du nicht schlafen?«
    »Heute ist mein Geburtstag.« Ich konnte mich nicht zurückhalten.
    »Wirklich? Verdammt – welches Datum ist denn heute?«
    »Der siebte Oktober.«
    »Stimmt. Mein Gott, seit meiner Rückkehr verwechsle ich ständig die Tage. Wie alt bist du geworden? Neunundzwanzig, oder?«
    »Dreißig.«
    »Wie wäre es dann mit einem Nicht-Geburtstagsessen morgen Abend? Ich schenke dir Orchideen und führe dich in ein fantastisches Restaurant, wo Jungfrauen das Rindfleisch massieren, ehe sie es servieren. Wir bleiben unvernünftig lange weg, gehen noch in eine verrauchte Jazzbar und bezahlen den Pianisten, damit er uns >Happy Birthday< mit extra viel Vibrato spielt.«
    »Morgen ist Montag. Ich muss arbeiten.«
    Hunter spielte mit seinen Haaren. »Wirklich? Natürlich musst du arbeiten. Ach, Baby, das tut mir wirklich leid. Dann eben an einem anderen Abend. Wie wäre es zum Beispiel mit nächstem Freitag? Machen wir es Freitag. Das ist sogar noch besser. Hör zu, ich bin für heute fast fertig. Gib mir noch zwei Minuten, dann komme ich wieder ins Bett – um dir alles Gute zum Geburtstag zu wünschen...« Er zwinkerte verführerisch und wandte sich wieder dem Computer zu.
    Ich beobachtete ihn, wie er erneut zu arbeiten begann. Als er merkte, dass ich noch immer hinter ihm stand, warf er mir über die Schulter einen leicht verärgerten Blick zu.

    »Hunter?«
    »Was gibt’s noch, Abs?« Er versuchte – und zwar mit einem gewissen Erfolg – nicht die Geduld zu verlieren.
    »Du warst mit jemand anderem zusammen, nicht wahr?« Als er den Mund öffnete, um zu antworten, fügte ich hinzu: »Ich meine nicht heute Abend. Ich meine in Rumänien.«
    Er wirkte fast erleichtert. Zumindest kam es mir so vor. »In Rumänien«, wiederholte er. Ich wartete, dass er fortfuhr. Aber er sagte nichts weiter.
    Ich überlegte. Wie sollte ich diese zwei Wörter verstehen? Sie konnten entweder bedeuten: Ja, in Rumänien war ich dir untreu, aber jetzt bin ich wieder hier und ganz bei dir. Oder: Es gibt so vieles, wovon du keine Ahnung hast, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Außerdem konnte seine Antwort auch bedeuten, dass er auf irgendeine Weise noch immer in Rumänien war und sich von den Abenteuern, die er dort erlebt hatte, einfach nicht lösen konnte.
    Nein. Das war Unsinn. Ich versuchte doch nur, mir das Ganze schönzureden. Ich wusste, was er meinte. »Wer war es?«, fragte ich, während ich innerlich eine Liste durchging. Magdalena lonescu, die Hauptwissenschaftlerin, die auf Wölfe spezialisiert war, musste Mitte vierzig sein und damit wahrscheinlich zu alt für ihn. »War es ein Mädchen in einer Bar? Eine Prostituierte? Wer war es?« Ich hoffte beinahe, dass es sich um eine Prostituierte handelte – ein Wunsch, den ich noch vor wenigen Augenblicken für undenkbar gehalten hatte.
    »Hör zu, Abra. Ich finde es nicht besonders sinnvoll, das jetzt alles durchzukauen. Es würde dich nur verletzen, und ehrlich gesagt, ich habe dafür auch nicht die Nerven. Außerdem ist diese Vorstellung von absoluter Treue so amerikanisch.
Hier wird jeder Fehltritt immer gleich mit einem regelrechten Verhör

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