Wolfstraeume Roman
und zog an seiner Zigarette. »Wie wäre es mit einem Drink, um uns zu wärmen?«
»Oh, natürlich... Jackie, was möchten Sie? Wir haben Wodka und Gin... ich glaube, da ist auch noch Bier... und natürlich Rotwein...«
»Eine Bloody Mary wäre toll.«
»Ich seh mal nach, ob wir Tomatensaft haben«, erwiderte ich und wandte mich zum Gehen.
»Abra.«
Ich drehte mich wieder um und blickte Hunter an, der so breit grinste, als ob er gerade eine Wette gewonnen hätte.
»Ja?«
»Du hast vergessen, Red zu fragen, was er trinken möchte. Und ich nehme einen Gin Tonic. Danke.«
»Oh, tut mir leid, Red. Was möchten Sie?«
»Irgendein Bier, wenn Sie eins haben, Doc. Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?«
»Gerne. Wenn Sie wollen.« Ich ging mit dem schrecklichen Gefühl in die Küche, in Anwesenheit unserer Gäste von Hunter zurechtgewiesen worden zu sein – wie ein kleines Mädchen, das glaubt, die große Gastgeberin markieren zu können und prompt von Papi entlarvt wurde.
Red sah mir zu, wie ich Gin und Tonic herausholte. »Kann ich mit den Gläsern helfen?«, fragte er.
»Die sind da drüben.« Ich zeigte auf einen Küchenschrank. Er machte ihn auf, entdeckte darin aber nur Teller. »Oh, Entschuldigung. Vielleicht da drüben. Ich kenn mich hier noch nicht so gut aus.««
»Beruhigen Sie sich. Ist ja nichts passiert.« Er trat zu mir, als ob er mich in den Arm nehmen wollte. In meinem Kopf begann es leicht zu hämmern.
»Ich bin nur... es ist alles etwas viel. Der Umzug und so. Keine Sorge, ich fang jetzt nicht zu weinen an.«
»Okay.«
Ich holte Luft. Red machte eine Bewegung auf mich zu und hielt dann inne. Ich konnte deutlich sein Verlangen spüren, mich zu berühren. Er strahlte wie ein Magnetfeld, das mich an sich ziehen wollte. So ist das also, dachte ich, wenn man in den Augen eines anderen eine Bedeutung
hat. Ein Gefühl, das meine Mutter so gut kannte. Und natürlich auch Hunter.
Ich holte erneut Luft. »Alles in Ordnung.«
An Reds Kiefer zuckte ein Muskel. »Ich kann nicht. Sie berühren. Er würde es merken.«
»Was meinen Sie...««
»Ich möchte Ihnen helfen.«
»Es geht mir aber wieder gut«, erwiderte ich und wandte ihm den Rücken zu. »Ich glaube, der Tomatensaft ist da drüben und...«
»Hören Sie auf, sich etwas vorzumachen. So etwas ist gefährlich.« Auf einmal umfasste er mit beiden Händen meine Schultern und drehte mich sanft zu sich um. Einen Moment lang standen wir uns schweigend gegenüber. Seine Hände fühlten sich warm, ja fast heiß an. Ich rührte mich nicht, was ungewöhnlich war, denn normalerweise mochte ich es nicht, wenn mir Leute zu nahekamen. Aber Red strahlte eine so beruhigende Sanftheit aus, und trotz der Hitze hatte ich das Gefühl, ganz einfach in ihn sinken zu können – fast wie in einen ungefährlichen See. Ich räusperte mich.
»Ich glaube, Sie bilden sich da etwas ein. Es gibt nichts. Ich mache weder Ihnen noch mir etwas vor.«
»Wirklich nicht? Dann sind die Dinge also genauso, wie sie das schon immer waren... zwischen Ihnen und Ihrem... Ihrem Hunter.«
»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.« Das war die schlechteste Antwort, die ich geben konnte. Ich hätte genauso gut sagen können, dass er mich schlug und jede Nacht im Keller einsperrte. »Hören Sie, das mag Sie vielleicht nicht überzeugen. Aber Hunter und mir geht es gut.«
»Schön.« Seine haselnussbraunen Augen lagen tief in ihren Höhlen. Auch wenn er lächelte, wirkten sie ein wenig traurig. »Das freut mich. Und Sie haben natürlich Recht – es geht mich wirklich nichts an. Aber Sie haben mir geholfen. Damals in New York.«
»Ich habe nichts Besonderes getan.«
»Das mag sein, aber trotzdem bin ich Ihnen zu Dank verpflichtet. Pia ist ein besonderes Tier.« Seine Hände lagen noch immer auf meinen Schultern. »Und ich hatte gerade den Eindruck, als steckten jetzt Sie in Schwierigkeiten. Da wollte ich zur Abwechslung einmal Ihnen helfen.«
»Red, wir haben gerade unser ganzes bisheriges Leben umgekrempelt. Vielleicht wirke ich deshalb etwas angespannt. Es tut mir leid, wenn mein Mann bei unserem letzten Treffen gereizt war, aber ihm geht es ähnlich wie mir.« Als ich den letzten Satz aussprach, begannen meine Schläfen schmerzhaft zu pochen.
»Sie wollen mir damit also sagen, dass ich völlig falschliege?« Seine Fingerkuppen glitten über meine Arme, während er nachdenklich den Kopf schüttelte. »Vielleichr.«
»Es ist nicht so, dass ich Sie nicht nett finde, Red. Es
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