Wolke 7 inklusive
Arm um die Schultern. »Keine Angst, ich bin ja bei dir.« Rasch führte er sie zu seinem Wagen, den er zum Glück nur wenige Meter entfernt geparkt hatte. Höflich hielt er ihr die Tür auf – Himmel, wann hatte das jemals einer für sie getan? Marion stellte fest, dass sie bisher die falschen Männer kennen gelernt hatte …
Wieder ein Blitz, ein Donner – und Olivers beruhigende Versicherung: »Jetzt sind wir ganz sicher. Du kennst doch noch das Prinzip des Faraday-Käfigs, oder?«
»Ja, ja, ich hab in Physik aufgepasst.«
»Na, also. Dann weißt du ja, dass du hier ganz sicher bist.«
Seine Stimme umhüllte sie wie ein Mantel. Nun, und an den physikalischen Gesetzen, die seit rund 1830 Gültigkeit hatten, wollte sie schließlich auch nicht zweifeln, da fühlte sie sich schon sicher. Aber dieser Mann … sein Gesicht kam näher, sein Blick ließ den ihren nicht los. Nein, das war keine betuliche Sicherheit, die sie jetzt umgab. Ganz im Gegenteil, Marion hatte das Gefühl, jetzt etwas sehr, sehr Gefährliches zu erleben. Aber auch etwas Herrliches!
Draußen begann es in Strömen zu regnen, die Tropfen trommelten aufs Wagendach – für die beiden, die im Inneren des Wagens einander selbstvergessen küssten, war es wie sanfte Untermalung eines Märchenfilms.
»Das hab ich schon seit Monaten tun wollen«, meinte Oliver, als sie sich endlich voneinander lösten.
»Und – warum hast du’s nicht getan?«
»Schau mich an …« Er grinste ein wenig unsicher. »Ich bin fast zwanzig Jahre älter als du und …«
»… und du übertreibst maßlos. Es sind höchstens fünfzehn.«
»Das … das stört dich nicht?«
Marion antwortete nicht – zumindest nicht mit Worten. Ihr Kuss aber sagte genug.
»Wenn ich geahnt hätte, dass du mich auch ein bisschen magst, hätte ich dich schon viel früher eingeladen.« Mit zärtlicher Geste streichelte Oliver über Marions Wange. »Seit du Janine zum ersten Mal in den Stall begleitet
hast, hab ich mich in dich verliebt. Aber du hast mich nie beachtet.«
»Du hast immer an mir vorbeigesehen!«
»Reiner Selbstschutz.«
»Das sagst du jetzt. Wahrscheinlich hattest du damals eine rassige Freundin. Oder auch zwei. Oder … eine Ehefrau?« Angst flackerte in ihren dunklen Augen auf. »Du, wenn du verheiratet sein solltest … mach dir gar keine Hoffnungen, das läuft bei mir nicht. Auf die Versprechungen eines Mannes mit Ring am Finger bin ich reingefallen, als ich gerade zwanzig war. Nie, nie wieder!«
»Aber nein, ich bin ledig. Wieder.« Ein kleiner, kaum merklicher Schatten huschte über sein Gesicht.
»Was ist passiert?«, fragte Marion leise.
»Nun, meine Frau … Sie ist bei der Geburt unseres ersten Kindes gestorben. Das Baby auch.« Er schluckte. »Aber das ist eine kleine Ewigkeit her. Seitdem gibt es für mich nur die Arbeit – und eben mein Pferd.« Sekundenlang starrte er nach draußen, wo noch immer der Regen in wahren Sturzbächen vom Himmel strömte. »Aber das ist vorbei, ich … ich lebe wieder.« Zärtlich sah er Marion an. »Seit ich dich gesehen habe, wünschte ich mir, dich küssen zu dürfen.«
»Warum hast du nur so lange gewartet?«
»Weiß nicht. Vielleicht hatte ich einfach Schiss, zurückgewiesen zu werden. Und außerdem … mit lockeren Flirtversuchen hab ich es einfach nicht so. Bin total aus der Übung.«
Marion lachte. »Na, das müsste ich wissen. Das eben war perfekt!«
»Wirklich?« Kleine goldene Punkte tanzten in seinen Augen, und Marion war völlig fasziniert.
»Sehr, sehr wirklich. Willst du Beweise?«
»Klar doch. Sofort, wenn’s geht.«
»Hmm … nur ziemlich unvollkommen«, lachte sie.
»Dann wüsste ich da was.« Er küsste sie auf die Nasenspitze. »Aber ich hatte dich ja zum Essen eingeladen.«
»Stimmt. Hunger hab ich wirklich.« Sie lachte glücklich. »Aber wenn du willst, können wir uns ja was mitnehmen. Oder kommen lassen.«
»Marion, ich …«
»Willst du nicht?« Jetzt sah sie ihn unsicher an. War sie zu forsch gewesen? Oder – noch schlimmer – hatte sie was falsch verstanden?«
»Marion, ich … bei mir sieht es ziemlich chaotisch aus«, sagte er da.
»O Himmel, und ich dachte schon, du hättest nur mit mir rumknutschen wollen!« Sie schmiegte sich an ihn, hauchte dann kleine Küsse auf seine Lippen.
»Du bist eine raffinierte, kleine Katze.« Er drehte den Zündschlüssel herum. »Also dann – erst mal zeig ich dir meine Briefmarkensammlung, dann sehen wir, ob wir was zu essen
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