Wollust - Roman
essen wir sie nicht am Schabbes , dann brauchst du nicht zu kochen?«, schlug Sammy vor.
»Das ist das erste Mal seit Jahren, dass meine Familie vollständig anwesend sein wird«, widersprach ihm Rina. »Glaubst du wirklich, ich serviere euch ein Resteessen am Schabbes ?«
»Was haltet ihr davon, wenn wir den Leuten, die hier arbeiten, die Reste für ihre Familien mit nach Hause geben?«, meinte Decker.
»Ich finde, das ist eine prima Idee«, sagte Rina.
»Wenn die Reste als Abendessen mehrheitlich abgewählt wurden, darf ich dann meine Stimme für Lammkarrees abgeben?« , meldete sich Jacob zu Wort. »Medium, mit grünen Bohnen und Knoblauchpüree?«
Rina verdrehte die Augen. »Sonst noch Wünsche, Yonkel?«
»Ein leckerer Apfelkuchen schadet sicher niemandem.«
Koby brachte Cindy einen Hühnerschenkel mit, den sie mit vier Happen verputzte. »Ich liebe euch alle, aber wir können nicht bleiben, wir müssen beide noch zur Arbeit.«
»Warte«, sagte Sammy, »ihr müsst bis zum Kuchen dableiben.«
»Einen Kuchen?«, fragte Decker. »Ihr werdet mir doch wohl nicht noch ein Geburtstagsständchen geben?« Er bat Rina um Unterstützung. »Bitte lass das nicht zu.«
»Das entscheide nicht ich.«
Decker wurde verzweifelt zumute. »Ich muss zurück an die Arbeit. Ein möglicher Mordverdächtiger sitzt im Verhörraum und wundert sich wahrscheinlich schon, was hier los ist.«
»Ich habe gerade nach ihm gesehen«, sagte Oliver. »Er ist sehr zufrieden mit seinem Putenbrust-Sandwich.«
»Hol den Kuchen, Yonkel«, beauftragte Sammy seinen Bruder.
»Du holst den Kuchen.«
»Ich hole den Kuchen«, sagte Marge. »Los, Detective«, wandte sie sich an Oliver, »bringen wir den Loo mal so richtig in Verlegenheit.«
Der Kuchen, der eher nach einem Schweißbrenner als nach einem Teiggebilde aussah, wurde hereingebracht. Sechzig Kerzen waren in eine Schokoladenglasur gesteckt worden. Decker wappnete sich gegen das Elend, als die versammelte Belegschaft eine falsch gesungene Version von »Happy Birthday« anstimmte. Das einzig Versöhnliche an der ganzen Sache war, dass es ihm wenigstens gelang, alle sechzig Kerzen auf einmal auszupusten.
Während Rina den Kuchen anschnitt, nahm Decker Marge beiseite. »Wie sieht’s aus mit Tinsleys Handy?«
»Na ja, Chuck hat am Montag tatsächlich ein paar Anrufe getätigt, während er im Ranger’s gegessen haben soll. Ich habe jemanden auf die Sendemasten angesetzt, um herauszufinden, von welchen Masten sie weitergeleitet wurden. Dann arbeiten wir uns rückwärts vor.«
»Ist der Sendemast für das Ranger’s derselbe wie für das Grossman-Projekt?«
»Ich bin gerade dabei, auch das zu überprüfen.«
»Tinsley hat uns die Erlaubnis erteilt, die Visitenkarte, die er von Adriannas Leichnam entfernt hat, zu holen, und wir dürfen seine Wohnung durchsuchen.«
»Gut gemacht, Rabbi. Jetzt weiß ich, warum du unser Chef bist.«
»Hör zu, ich würde wirklich gerne loslegen. Ich kann ihn nicht für immer und ewig hinhalten.«
»Nein, Pete, du bleibst hier bei deinen Gästen. Oliver und ich nehmen uns Tinsleys Wohnung vor.« Marge streckte ihm eine Hand entgegen. »Die Schlüssel, bitte.«
»Du schonst mich doch nicht extra deswegen, oder?«
»Alles hat seine Zeit.« Sie legte eine Hand fest auf Deckers Schulter. »Und deine Zeit, Loo, ist jetzt.«
Die Durchsuchung von Tinsleys Wohnung brachte die Visitenkarte im Nachttisch zum Vorschein, ein paar Gramm billiges Haschisch und, das Wichtigste in den Augen der Detectives, eine Tüte mit Frauenschmuck. Tinsley schwor, die Klunker gehörten seiner verstorbenen Mutter, aber Decker wusste, dass Mörder gerne Trophäen mitnahmen. Er brauchte klare Beweise dafür, dass nichts von dem Plunder Adrianna Blanc gehört hatte, und das wiederum zog einen Anruf bei Kathy Blanc nach sich, in dem er sie fragen musste, ob sie eins der Stücke wiedererkennen würde. Der morgige Tag würde gleich in der Früh höllisch beginnen.
Sie jagten Tinsleys Namen durch die hiesigen Datenbanken – keine Anzeigen, keine Haftbefehle –, danach wurden seine Fingerabdrücke an die AFIS, das automatisierte Fingerabdruck-Identifizierungssystem, weitergereicht. Kein Treffer. Er stimmte einer Speichelprobe für eine DNA-Analyse zu. Decker befand sich jetzt in einer Zwickmühle. Entweder verhaftete er Tinsley wegen geringerer Vergehen, was das Ende seiner Bereitschaft zur Zusammenarbeit besiegeln würde. Oder
er entließ ihn aus dem Revier und hielt dadurch
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