Wollust - Roman
dich bitte nicht in einen Vampir.«
»Ich wäre liebend gerne ein Vampir. Die saugen Blut; ich suhle mich darin.«
Oliver war am Telefon. »Weißt du, da hing was in seinem Schrank – sah mehr nach einem Halloween-Kostüm aus als nach einer echten Uniform. Sie war armeegrün mit Schulterklappen,
allerdings aus billigem Material. Garantiert nicht der Standard des Militärs.«
Decker erläuterte ihm die Umstände.
»Es war keine echte Uniform, aber ich vermute mal, wenn du damit in einer Bar bist und ein betrunkenes Huhn anmachst, bekäme sie den Unterschied vielleicht nicht mit.«
»Ich würde sie gerne für eine Untersuchung herbringen lassen« , sagte Decker. »Gibt es einen Weg, wie wir in seine Wohnung zurückkommen? Er wird uns wahrscheinlich nicht noch einmal freiwillig hineinlassen.«
»Ich bespreche mich mit Marge«, schlug Oliver vor, »und vielleicht fällt uns etwas ein. Aber Tinsley trug keine Uniform, als er sich mit Adrianna unterhalten hat.«
»Klar, weil ein Macho-Militär-Kerl nicht wirklich gut bei den überzüchteten L.-A.-Hühnern landen kann«, meinte Decker. »Obwohl Adriannas Mord ins Profil von zwei ungelösten Fällen passt, gibt es trotzdem einige Unterschiede. Die beiden anderen Leichen wurden auf weitläufigen Arealen gefunden – eine auf einem verlassenen Grundstück, eine auf einer als Blumenfeld genutzten Fläche. Nicht mitten in einer Wohngegend, an einem Kabel baumelnd.«
»Was hältst du also davon?«, fragte Oliver.
»Tinsley ist eindeutig ein Kandidat«, sagte Decker, »aber Garth Hammerling ist immer noch verschwunden und Mandy im Krankenhaus. Ich frage mich, ob Garth und Mandy Adrianna ermordet haben und ob Tinsley nur das Pech hatte, ihre Leiche zu entdecken. Oder es war gar kein Pech, sondern Garth hat Tinsley gezielt reingelegt, weil er seine Visitenkarte in ihrer Tasche entdeckt hat.«
»Wie passt dann Tinsleys Schmuck ins Bild?«, hakte Oliver nach.
»Vielleicht sind wir ganz zufällig über einen Serienmörder gestolpert.«
»Wenn Tinsley ein Serienmörder ist, warum hat er zugestimmt, dass wir seine Wohnung durchsuchen?«
»Weil wir nur nach Dingen suchen, die im Zusammenhang mit Adriannas Tod stehen und er Adrianna nicht getötet hat. Du weißt doch, wie diese Typen ticken, die sind alle aus dem gleichen Holz geschnitzt: höllisch arrogant. Wer hat den Schmuck aus Tinsleys Wohnung eingetütet?«
»Marge.«
»Kluger Schachzug. Wanda und Lee Wang sind gerade in mein Büro gekommen. Ich halte dich auf dem Laufenden, und du mich auch.« Decker legte auf. Wanda schob sich die Ärmel ihres limettengrünen Shirts hoch. Wang hatte ein schwarzes Polohemd an und eine schwarze Hose. Nachdem sie Platz genommen hatten, sagte Wang: »Fast alle Informationsseiten des Militärs sind passwortgeschützt. Wir warten besser bis morgen, um in diese Richtung weiterzuermitteln.«
»Geht klar, solange wir ein Auge auf Tinsley haben. Zumal ich mir nicht sicher bin, dass er tatsächlich gedient hat.« Decker fasste sein Gespräch mit Oliver zusammen.
»Gut«, sagte Wanda, »also könnte er ein Schwindler wie der Boston Strangler sein.«
»Albert DeSalvo«, sagte Decker.
»Wie fahren wir fort, Rabbi?«
»Momentan können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass die Schmuckstücke den Opfern gehört haben.«
»Also fangen wir Tinsley nicht ein?«, fragte Wang.
»Noch nicht.« Decker strich sich über seinen Schnurrbart. »Wir behalten ihn im Fadenkreuz und hoffen, dass die Kriminaltechniker DNA-Spuren von den Schmuckstücken abnehmen können. Wenn wir DNA bekommen, die zu Erin Greenfield und Roxanne Holly gehört, dann können wir den Schmuck in Chuck Tinsleys Hände geben. Das wird aber ein paar Wochen dauern. Während wir darauf warten, sollte einer
von euch in Oxnard und einer in Oceanside anrufen, um Einzelheiten über die Morde in Erfahrung zu bringen.« Er atmete tief durch. »Ich bin erledigt. Am besten gehen wir alle nach Hause und schlafen ein bisschen.«
Wang rieb sich die Augen. »Klingt nach einer guten Idee. Soll ich den Schmuck wieder in die Asservatenkammer legen?«
»Ja, bitte, Lee. Danke.«
»Und du glaubst wirklich, wir sind über einen Serienmörder gestolpert?«
»Vielleicht ja, vielleicht nein.«
»Das wäre krass«, sagte Wanda. »In der Literatur nennt man so etwas poetische Gerechtigkeit.«
»Im jüdischen Gesetz nennt man das Mida keneged mida. «
»Was heißt das?«
»›Auf Taten folgen Taten.‹ Wie man in den Wald hineinruft, so schallt
Weitere Kostenlose Bücher