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Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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ganz deiner Meinung. Werden die meisten Kids wie du nicht zu Hause unterrichtet?«
    »Ja, aber ich wollt’s nicht. Mein Vater ist eine Nachteule und schläft oft bis in die Puppen. Er ist sehr geräuschempfindlich. Wenn er schläft, braucht er Ruhe, also war es gut für mich, außer Haus zu sein.«
    »Wie ernst ist es dir denn mit der Musik?«, fragte Decker.
    Der Junge nahm seine Brille ab, wischte sie an seinem T-Shirt sauber und setzte sie wieder auf. »Ich weiß nicht, wie ich das beantworten soll.«
    »Möchtest du Berufsmusiker werden? Bist du bereits ein professioneller Musiker?«
    »Ich glaub, Sie wollen wissen, ob ich Konzertpianist werden will. Das ist eine interessante Frage. Da fragen Sie wahrscheinlich besser meine Lehrer, ob ich das Zeug dazu hab.«
    »Wer waren deine Lehrer?«
    »Ich bin dreimal die Woche in die Stadt aufs Konservatorium gegangen, aufs Juilliard. Wissen Sie, bei dieser Frage, wo ich unterkommen sollte: Ich könnte mich im Herbst am Juilliard bewerben. Mein letzter Lehrer ist Professor und unterrichtet dort und hat mir gesagt, ich hätte immer einen Platz frei. Wahrscheinlich könnte ich mich diesen Herbst da reinquetschen. Damit wäre auch mein Wohnproblem gelöst, wenn sich das hier nicht aufklärt.«
    »Möchtest du das?«
    »Ist jedenfalls besser, als bei meiner Tante zu wohnen, so viel steht fest.« Er trommelte mit seinen Fingern herum. »Ich hab irgendwie gehofft, auf ein normales College gehen zu können  – nach Harvard oder Princeton. Um mich für das nächste Jahr zu bewerben, ist es bereits zu spät, aber ich weiß, dass sie jüngere Leute mit Spezialbegabungen aufnehmen. Ich müsste wohl durch den Eingangstest, nehm ich an.«
    »Hast du die Vorprüfung an der Highschool gemacht?«

    Er nickte.
    »Und wie lief’s?«
    »Zweihundertzehn von zweihundertvierzig Punkten, was ganz okay ist, aber in meinem Fall auch völlig unerheblich. Ich könnte mit einem Musikstipendium auf eine der Elitehochschulen gehen. Ich hab bereits ausreichend unwichtige Musikwettbewerbe gewonnen, um die Leute zu beeindrucken, und ich weiß, wie man bei einem Vorspiel auftreten muss, um als besserer Spieler zu gelten als der, der ich eigentlich bin. Im Rampenlicht bin ich richtig gut.«
    »Wie würde es dir gefallen, mit sechzehn allein zu leben?«, fragte Decker.
    »Ich leb bereits fast mein ganzes Leben allein, also wär das keine große Sache.« Gabe schwieg einen Moment. »Stimmt ja nicht ganz. Meine Mutter hat in meinem Leben schon eine Rolle gespielt.« Ihm schossen Tränen in die Augen. »Ich vermisse sie. Aber egal, und um Ihre Eingangsfrage zu beantworten: Ich bin gut genug, um Berufsmusiker im klassischen Bereich zu werden. Ich könnte Kammermusik spielen und in kleinen Orchestern. Aber das ist weit weg davon, ein Pianist für Konzerte zu sein. Mein Lehrer in New York wollte, dass ich in fünf Jahren, wenn ich alt genug bin, am Chopin-Wettbewerb in Warschau teilnehme. Ich liebe Chopin und interpretier ihn zufälligerweise auch noch sehr gut. Aber es wär echt hilfreich, einen Lehrer zu haben.« Er lachte. »Es wär echt hilfreich, ein Klavier zu haben.«
    »Rina und ich haben darüber geredet. Sie hat mich gefragt, ob du glaubst, wir sollten dir ein Klavier mieten.«
    »Mann, das wär super!« Seine Miene hellte sich auf. »Sie müssten noch nicht einmal dafür bezahlen. Ich hab das ganze Geld von meiner Mom. Ich bezahl’s selbst, wenn Sie bereit wären, hier im Haus ein Klavier aufzustellen.«
    Decker sah ihn durchdringend an. »Gabe, ich habe dich
noch nicht danach gefragt, weil ich nicht aufdringlich sein wollte. Aber ich frage dich jetzt: Ich würde mir gerne ansehen, was deine Mutter im Safe zurückgelassen hat.«
    »Nur Bargeld und ein paar Unterlagen.«
    »Die Unterlagen würde ich mir gerne ansehen.«
    Der Junge wurde zusehends nervös. »Okay, aber da war nicht viel. Nur meine Geburtsurkunde und mein Pass und vielleicht Kontounterlagen.«
    Widerstand . »Was ist mit ihrer Geburtsurkunde und ihrem Pass?«
    »Keine Ahnung, Lieutenant. Ich hab nur das Bargeld von dem anderen Zeugs getrennt und sicher verwahrt.«
    »Die Papiere würde ich gerne sehen. Kontounterlagen könnten mir eine Menge verraten.«
    »Äh, klar.« Gabe stand auf. »Ich bring Sie Ihnen, wenn Sie mir fünf Minuten Zeit zum Suchen geben.«
    Mit anderen Worten: Verpiss dich aus meinem Zimmer, während ich das tue.
    Decker stand auf. »Ich versuche hier nicht, deine Finanzen auszuspionieren, aber wie viel Bargeld hat

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