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Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition)

Titel: Womit ich nie gerechnet habe: Die Autobiographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Werner
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Gemeinschaftsleistung. Was man den Menschen dafür geben muss, ist Wertschätzung. Geld brauchen sie nicht als Lohn für geleistete Arbeit, sondern um zu leben. Die Arbeit ist dazu da, dass man sich entwickelt, dass man über sich hinaus wächst.
    Wir müssen unsere Mitarbeiter deswegen danach auswählen, ob sie die Arbeit, die getan werden muss, auch wirklich tun wollen. Die Menschen müssen sich mit ihrer Arbeit verbinden, um sie gut zu machen. Und sie müssen sich mit der Arbeit verbinden wollen. Das Geld zahlen wir ihnen, nicht weil sie die Arbeit erledigt haben , sondern damit sie die Arbeit erledigen können .
    Von der Know-how- zur Know-why-Frage
    Ich habe einmal einen Vortrag des Baseler Physikprofessors Max Thürkauf gehört. Es ging darin eigentlich um die Umweltproblematik. Aber in diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass wir in unserer Gesellschaft meist nur die Know-how-Frage behandeln, obgleich doch die Know-why-Frage viel entscheidender sei. Die Know-why-Frage. Warum und wozu machen wir die Dinge? Bei allen Fragen, die eine Führungskraft stellen sollte, ist diese wohl die wichtigste.
    Know-why ist wichtiger als Know-how. Alle Besprechungen, alle Gespräche im Unternehmen werden anders, wenn man sich nicht über Know-how unterhält: Wie hoch ist dein Budget? Wieso hast du dein Budget nicht erfüllt? und so weiter. Das ist alles Know-how. Wer nach Know-why fragt, muss sich mit den Zielen auseinandersetzen, dem Sinn des Geschäfts.
    Die Technik, das Wie des Tuns erfordert eine gewisse Fingerfertigkeit. Die kann man lernen, die kann man trainieren. Das ist das Geringste, was man verlangen kann. Ob etwas technisch gut ist, erkennen die Menschen auch allein. Eine Führungskraft muss mit niemandem irgendwelche Ergebnisse, Zielzahlen, Terminpläne durchgehen. Das alles können die Menschen selbst sehen, sie sind keine Analphabeten und deswegen in der Lage, Maßnahmenpläne zu lesen. Aber wonach wir uns immer wieder fragen müssen, sind der Sinn und die Zielsetzung: Warum und wozu machen wir die Dinge? Wo ist unser Polarstern, an dem wir uns orientieren?
    Der Polarstern ist nicht das Ziel. Darauf fährt man nicht direkt zu. Aber er gibt Orientierung, während man durch die Untiefen navigiert, durch die Widrigkeiten des Täglichen, durch die raue See des Wettbewerbes. Der Mensch sucht genau genommen nur zwei Dinge: Orientierung und Sinn.
    Das, was ich tue, muss Sinn ergeben. Als Mensch möchte ich über mich hinauswachsen. Ich möchte als ein anderer sterben, als der ich geboren bin. Der Mensch ist kein determiniertes Reizreaktionswesen, sondern ein ergebnisoffenes Entwicklungswesen. Und er hat nur dann eine Existenzberechtigung, wenn andere ihn brauchen. Man arbeitet nicht für sich, sondern immer nur für andere. Deswegen sind es diese Fragen, die man als Führungskraft stellen muss: »Warum brauchen mich andere?« – »Wieso ist meine Arbeit wertvoll?« – »Warum ist es für den Kunden wichtig, zu uns zu kommen?«
    Es geht um das Qualitative, nicht um das Quantitative. Das Quantitative macht die Spiel- und Handlungsräume enger. Aber das Qualitative eröffnet die Möglichkeiten.
    Ich will Ihnen den Irrweg der Geld- und Zahlengläubigkeit an einer konkreten Geschichte erläutern, die uns bei dm passiert ist. Wir hatten irgendwann den Eindruck, dass uns die Telefonkosten weglaufen. Erstaunlicherweise gab es Filialen, die kamen im Monat mit ihren Telefonkosten niemals über 40 Mark, und andere, die brauchten mindestens 250 Mark. Die Spanne schien uns zu groß, und insgeheim hatte wohl der eine oder andere in der Zentrale den Verdacht, dass in manchen Filialen zu viel und zu lange geplaudert wurde. Dem wollten wir einen Riegel vorschieben. Wieder orientierten wir uns an Aldi und entschlossen uns, eine klare Vorgabe über die maximalen Telefonkosten zu machen. Wir setzten für alle Filialen ein Limit bei 160 Mark. Was war das Ergebnis? Diejenigen, die vorher 40 Mark Gebühren hatten, telefonierten plötzlich für 160 Mark; und bei denjenigen, die Telefonkosten von 250 Mark und mehr hatten, veränderte sich nichts.
    Das war ein echter Pyrrhussieg, den wir da gefeiert hatten: Es war zwar nun alles ziemlich gleich, aber unterm Strich kostete es mehr. Denn die eingezogene Linie wurde plötzlich zum Maßstab. Es wurde nicht mehr telefoniert, weil es sinnvoll und notwendig war, sondern weil man das Budget dafür hatte. Und diejenigen, die man eigentlich deckeln wollte, rissen die Latte weiterhin, weil es dort

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