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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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hab ich sie
zurückgelassen.«
    Die
geschwärzten Stellen auf dem mit Gras bedeckten Boden waren ein Indiz, dass in
der Tat hier ein Lager gewesen war. »Aber er hat nicht auf uns gewartet. Sie
sind weitergezogen, nach Norden. Langsamer als wir, nehm ich mal an, wir
können sie also bald einholen.«
    Hannah war
es schleierhaft, wieso ein Schwerverletzter das Risiko einging, seinen Weg
fortzusetzen. Was konnte denn im Norden so wichtig sein, dass er dafür sein
Leben riskierte? Aber sie enthielt sich jeglichen Kommentars, schon weil sie
wusste, dass sie über kurz oder lang Antwort darauf erhalten würde.
    Als sie am
nächsten Tag, dreißig Meilen weiter, auf ein weiteres, den Spuren nach jedoch
erst vor kurzem verlassenes Lager stießen, meinte Maxberry: »Morgen, spätestens
übermorgen stoßen wir auf sie.«
    Bereits
tags darauf, nur wenige Meilen jenseits der nördlichsten Spitze des
Spencer-Golfs, in einer Region, in der es weder Bauernhöfe noch Schaffarmen
gab, war es endlich soweit.
    Die
Landschaft hatte sich völlig verändert. Dies hier, sagte sich Hannah, ist also
das Outback. Äcker, saftige Weiden und sattgrüne Weingärten lagen hinter
ihnen, vor ihnen erstreckte sich eine offene, zuweilen hügelige Wüstenregion
mit verdorrten Eukalyptusbäumen und Mulgabüschen.
    Als sie
sich dem Lager näherten, wo man zwischen ein paar streifenborkigen Eukalypten
auf der Sandbank eines fast ausgetrockneten Flüsschens die Planwagen
abgestellt und Zelte aufgeschlagen hatte, ritt Hannah schnurstracks auf einen
Wagen zu, der im Schatten stand, ohne auf die Männer zu achten, die sich
drumherum aufhielten. Sie fand Mr. O'Brien im Wagen
zwischen Säcken mit Mehl und Kartoffeln an ein Wasserfass gelehnt. Er grinste
ihr unter der breiten Krempe seines Schlapphuts entgegen.
    »Bin ehrlich
froh, dass Sie gekommen sind«, sagte er. »Hab schon fast nicht mehr damit
gerechnet.«
    Hannah
stieg ab und ging steifbeinig auf den Wagen zu. Wie ein Mann im Sattel zu
sitzen, nein, daran würde sie sich wohl nie gewöhnen! Was ihr sofort an O'Brien auffiel, war sein aschgraues Gesicht. Und er schwitzte. Sein Grinsen
war demnach eher eine schmerzverzerrte Grimasse gewesen. Jamies rechter Unterschenkel
war mehr schlecht als recht mit zwei krummen Ästen geschient worden.
    Hannah
holte ihre blaue Tasche. Als sie zurückkam, sagte sie als Erstes: »Sie hätten
nicht Weiterreisen sollen, Mr. O'Brien. Nichts
hier draußen kann derart wichtig sein.«
    Als er
statt zu antworten ein wenig sein Gewicht verlagerte und dabei zusammenzuckte,
forderte sie ihn weitaus weniger streng auf: »Erzählen Sie mir, was passiert
ist.« Sie holte ihr Stethoskop heraus und erntete damit das ungläubige
Erstaunen derer, die noch nie einen Arzt aufgesucht und somit keine Ahnung
hatten, was sich da vor ihren Augen abspielte.
    »Wir haben
Wasserfässer verladen«, kam es von Maxberry, der Hannah gegenüber stand, auf
der anderen Seite des Wagens. »Eins entglitt uns und krachte auf sein Bein. Wir
haben es geschient. Aber dann wollte er unbedingt weiterreiten, und dabei
brach das Bein zum zweiten Mal.«
    »Was wir
als Erstes tun müssen«, erklärte Hannah den bärtigen Männern mit den
verdreckten Gesichtern, die angesichts der Situation hilflos wirkten, »ist,
diese Schiene zu entfernen. Sie erfüllt keineswegs ihren Zweck.« Wer immer sie
angelegt hatte, hatte weder den Fußknöchel noch das Knie stabilisiert, so dass O'Brien das gebrochene Bein frei bewegen konnte. »Wir brauchen zwei gerade
Latten. Nehmen Sie sie, wenn's sein muss, von diesem Wagen. So, könnten Sie
vielleicht jetzt diese Schiene abnehmen?«
    Zwei
Männer traten vor und lösten die Knoten der Lappen, mit denen die nutzlosen
Schienen um Jamies Unterschenkel gewickelt waren.
    »Und jetzt
ziehen Sie ihm bitte den Stiefel aus.«
    Maxberry
warf ihr einen finsteren Blick zu. »Wieso das denn?«
    »Mach
schon«, kam es von Jamie. Er
unterdrückte ein Stöhnen, als Maxberry ihm den Stiefel auszog. »Schade um den
Socken«, stieß er aus.
    Seine
Männer lachten verkrampft auf und sahen zu, wie die Lady unerschrocken den
schmutzigen Socken abzog und dann etwas höchst Sonderbares tat: Sie entledigte
sich ihrer Handschuhe und drückte die Fingerspitzen an den gewölbten Teil des
Fußes, etwa auf halbem Weg zwischen Zehen und Knöchel. Gleich darauf nickte
sie zufrieden. »Ihr Puls ist zu spüren. Das ist ein gutes Zeichen.« Sie wusste,
dass es bei Beinbrüchen üblich war, auch in der Leistengegend den

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