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sich ausgemalt, er wird gefunden und posthum veröffentlicht.« Sie machte eine kurze Pause. »Ich habe ihn benutzt, um den Oberst davon zu überzeugen, dass ich nicht nur schön bin, sondern auch ein literarisches Genie. Manchmal tut es mir leid um die Frau.« Ein melancholischer Ausdruck trat in Morels Augen.
Milo nutzte die Gelegenheit zu einem Themenwechsel. »Sie hat Sie geliebt.«
»Was?« Das Wort schien sie zu erschrecken.
»Angela. Bei dem Mittagessen im Cafe hat sie mir erzählt, dass ihr eine französische Aristokratin den Laufpass gegeben hat. Das waren Sie.«
Morel zupfte am Saum des schmutzigen Tischtuchs. »Aristokratin?«
»Betrachten Sie es als Kompliment.« Sie nickte.
Sanft hakte Milo nach. »Wo haben Sie sich mit ihr getroffen?«
»Was soll die Frage?«
»Angela hat großen Wert auf ihre Privatsphäre gelegt. Sie hat jede Beziehung absolut geheim gehalten. Vor allem wenn ihre Geliebte eine DGSE-Agentin war.«
Diane Morel schob die Schultern nach vorn und blickte ihn offen an, ohne zu antworten.
»Bei ihr haben Sie sich bestimmt nicht getroffen, denn sonst hätten es die Nachbarn mitgekriegt. Und für Ihre Wohnung gilt das Gleiche. Also muss es woanders gewesen sein.« »Natürlich. Die Sicherheit ist immer wichtig.«
»Wohin sind Sie gegangen? Hatte sie eine zweite Wohnung?«
Morel lächelte leise. »Sie waren also in Angelas Apartment und haben es durchsucht. Und jetzt hoffen Sie, dass es noch einen anderen Ort gibt, an dem sie Material versteckt hat, mit dem Sie Ihre Unschuld beweisen können. Habe ich Recht?«
»So ungefähr.«
»Da haben Sie leider Pech. Es war die Wohnung einer Freundin im neunzehnten Arrondissement. Dort werden Sie allerdings nichts finden. Wir waren nur zwei- oder dreimal dort. Danach sind wir immer ins Hotel. Alles klar?«
»Die Adresse«, sagte er. »Bitte.«
»Rue David d'Angers 37, Apartment sieben. In der Nähe der Metrostation Danube.«
Er wiederholte es laut, um es sich einzuprägen.
Auch sie vollzog einen plötzlichen Themenwechsel. »Erzählen Sie mir was über den Mann mit dem roten Bart.« Sie quittierte sein ratloses Blinzeln mit einem Lächeln. »Bitte keine Spielchen. Reden Sie schon.«
»Das ist der Mann, mit dem Angela während der Observierung beobachtet wurde. Herbert Williams. Der, den wir für ihren Kontaktmann zu den Chinesen gehalten haben.« Morel nickte.
»Warum fragen Sie?«
»Eine Nachbarin hat uns erzählt, dass sie an dem Freitagnachmittag einem Mann mit rotem Bart und komischem Akzent die Tür aufgemacht hat. Er hat sich als Bauingenieur ausgegeben und behauptet, dass er das Fundament des Hauses überprüfen muss.«
»War sie die ganze Zeit bei ihm?«
»Sie war gerade auf dem Weg nach draußen.« »Ich glaube, das war Angelas Mörder.«
»Das schätze ich auch.« Morel spähte an der Bar vorbei, wo Einner und Lambert inzwischen in ein angeregtes Gespräch vertieft waren. »Der Regen hat aufgehört. Sind wir fertig?«
»Ich denke schon. Und was wollen Sie jetzt damit anfangen?«
»Was meinen Sie?«
»Mit dieser Geschichte. Wenn Sie wieder in Ihrem Büro sind.«
Nachdenklich spitzte sie die Lippen. »Ich muss dieses Gespräch melden. Immerhin gab es Zeugen.«
Milo nickte.
»Aber das muss nicht sofort passieren. Und wenn ich den Bericht fertig getippt habe, dauert es bestimmt eine Weile, bis Ihre Botschaft davon erfährt. Einen Tag, vielleicht auch zwei.« »Vielleicht können Sie dafür sorgen, dass es zwei werden, okay?«
»Okay.«
Er war nahe daran, ihr zu glauben. »Danke für Ihre Offenheit.«
Morel beugte sich zu ihm. »Wenn Sie irgendwann mit Ihren Vorgesetzten reden, richten Sie Ihnen bitte etwas aus: Falls hier in Paris noch mal jemand aufgrund ihrer Fehlinformationen zu Tode kommt, dann kann Ihre Regierung die Freizügigkeit vergessen, mit der sie sich bisher in der Französischen Republik bewegen konnte. Haben wir uns verstanden?«
»Ich werde es weiterleiten.«
Er kam sich armselig vor, weil er ihr nichts für ihre Kooperation geben konnte. Dann fiel ihm doch noch etwas ein, eine Kleinigkeit. »Wissen Sie, Angela hat sich in die Arbeit gestürzt, um über das Ende der Beziehung mit Ihnen hinwegzukommen. Und sie hat es geschafft, das hat sie mir erzählt. Das war also nicht der Grund, warum sie Schlaftabletten genommen hat. Es ist nicht Ihre Schuld, dass sie gestorben ist.«
Ein Anflug von Erleichterung erhellte Morels Gesicht, dann fiel ihr ein, wen sie vor sich hatte. »Natürlich war es nicht meine
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