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Working Mum

Working Mum

Titel: Working Mum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Pearson
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fange ich an, verzweifelte Deals mit Gott zu machen. «O Gott, wenn du ihn wieder einschlafen lässt, dann werde ich …»
    Was werde ich dann? Ich werde eine bessere Mutter sein, ich werde mich nie mehr beklagen, ich werde von heute bis zu der Stunde meines Todes jedes Körnchen Schlaf auskosten.
    Nein, er schläft nicht wieder ein. Benjamins prüfende Bist-du-da-Schluchzer sind in eine aus voller Kehle vorgetragene Pavarotti-Arie übergegangen. (Nessun Dorma heißt: Keiner wird schlafen, oder nicht?) Im Buch steht, dass man das Baby weinen lassen soll, aber Ben hat das Buch nicht gelesen. Er kapiert nicht, dass das Baby sich nach vierzig Minuten ununterbrochenen Schreiens beruhigen wird. Im Buch steht, dass Ben seine Umwelt auf die Probe stellen will . Ich persönlich glaube, er hat spitzgekriegt, dass Mummy, die tagsüber nicht da ist, nachts zum Schmusen zur Verfügung steht.
    Hirn ist willens, aus dem Bett zu steigen, aber Körper hängt hinterher wie ein muffeliger Teenager. Neben mir liegt Richard auf dem Rücken, die Hände auf der Brust gefaltet, und stößt Kingsize-Seufzer aus. Schläft wie ein Baby. (Wer hat sich bloß diese Redewendung ausgedacht?)
    Beim Treppensteigen fühlen sich meine Beine an wie in Schraubzwingen. Durch das Fenster auf dem Treppenabsatz kann ich die Häuserreihe am Ende unseres Gartens mit ihren unheimlichen blinden Augen sehen. Ein Frühaufsteher schaltet in einer Küche Licht an, das saffrangelb entflammt wie ein Streichholz. Die Fenster gewähren einen ziemlich guten Blick auf den Reichtum der Leute in diesen Häusern. Wir wohnen im Nordosten der Stadt, wo eine Menge solventer Leute wie ich hingezogen sind, und nun ruinieren wir uns damit, feuchte, bröckelnde viktorianische Wracks von Häusern zu restaurieren. Unsere Häuser sind die mit den unverhüllten Fenstern, wir Eigentümer ziehen für teures Geld renovierte Fensterläden vor, während unsere ärmeren Nachbarn immer noch hinter ordentlichen Gardinen Schutz suchen oder ihre Angelegenheiten hinter zarten Schleiervorhängen verbergen. In den Siebzigern haben Paare wie wir all den alten viktorianischen Schnickschnack rausgerissen, die Kamine, Erker, Badewannen mit Tierklauen an allen Füßen. Alles im Namen der Modernität. Und jetzt bezahlen wir im Namen einer neueren Modernität ein Vermögen dafür, diese Sachen wieder einzubauen. (Ist es Zufall, dass wir viel mehr Geld als unsere Vorfahren für die stilgerechte Gestaltung und Verbesserung unserer Häuser ausgeben – Häuser, in denen wir immer weniger Zeit verbringen, weil wir raus in die Welt müssen, um Geld zu verdienen für verchromte französische Armaturen und abgeschliffene Eichendielen? Es ist, als sei das Haus zu einer Art Kulisse für ein Stück geworden, in dem wir hoffen, eines Tages groß rauszukommen.
    Oben rüttelt Ben an den Stäben seines Gitterbetts. Er grinst, und ein Spuckefaden zieht sich wie ein Bungeeseil von seinem Kinn bis in den Schoß seines Schlafanzugs, wo er im Dunkeln glitzernd landet.
    «Na, du. Weißt du eigentlich, wie spät es ist? Hm?»
    Ich hebe ihn aus dem Bett, und überwältigt von Wiedersehensfreude probiert er einen brandneuen Schneidezahn an meinem Hals aus. Au .
    Ich habe nie einen Jungen gewollt. Nach Emily hatte ich ohnehin den Verdacht, nur welche von ihrer Sorte produzieren zu können, und ich war auch mehr als zufrieden mit dem Gedanken, noch ein Mädchen zu kriegen – schön, unabhängig, kompliziert wie ein Uhrwerk. «Jungs sind irgendwie dermaßen überholt», verkündete Candy letztes Jahr um diese Zeit bei einem Kolleginnen-Lunch. Mein Bauch war so groß, dass der Wirt der Weinbar einen Stuhl holen musste, weil ich nicht zu allen anderen auf die Eckbank in der Nische rutschen konnte. Wir haben alle gelacht. Ein nervöses, unbotmäßiges Lachen, in dem Triumph mitschwang. Das Lachen der Kelten, als ihnen klar wurde, dass die Zeit der Römer fast vorüber war. Aber dann, drei Tage später, reichten sie ihn mir im Kreißsaal. Ihn! Etwas so Kleines, das vor der unermesslichen und unwahrscheinlichen Aufgabe stand, ein Mann zu werden, und ich habe ihn geliebt. Auf den ersten Blick habe ich ihn geliebt. Und er konnte nicht genug von mir kriegen. Das kann er immer noch nicht. Die Mutter eines einjährigen Jungen ist ein Filmstar in einer Welt ohne Kritiker.
    Er ist plötzlich so schwer geworden, mein Baby. Dieser zarte Körper bekommt Jungenform. Die Schenkel werden fest und rund wie Boxhandschuhe. Ich trage ihn zu dem

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