Working Mum
unser Bestes tun und unsere Arbeit rechtzeitig machen,
a) wird uns Lob Lohn genug sein,
b) können wir um sieben zu Hause sein.
Nun, dem ist nicht so. Und können wir nicht.
Ein leichtes Vibrieren in meiner Jackentasche verrät mir, dass eine SMS angekommen ist. Ich drücke auf View. Sie ist von Candy.
Frage: Wie viele Männer braucht man,
um eine Glühbirne einzuschrauben?
Antwort: Einen.
Er hält sie ganz fest & wartet,
dass die Welt sich um ihn dreht.
Mein Prusten trägt mir die feindseligen Blicke der gesamten Tischrunde ein, mit Ausnahme Candys, die so tut, als schreibe sie wie besessen Charlie Baines’ Vorschläge für irgendwas mit, das er eine organisationelle Verbesserung nennt.
Die Analyse der Monatsberichte geht endlos weiter. Wieder bin ich im Begriff, meinen Kampf gegen die Bewusstlosigkeit zu verlieren, da fällt mir plötzlich auf, dass Rod noch immer den Bildschirmschoner mit dem Weihnachtsmotiv auf dem Computer hat. Darauf ist ein Schneemann, der allmählich in einem Schneesturm verschwindet. Ich denke daran, wie wonniglich-ruhevoll es wäre, im Schnee begraben zu werden, in dieses kalte, umhüllende Nichts zu schlüpfen. Denke an Captain Oates am Südpol: «Ich gehe mal eben nach draußen, und das wird eine Weile dauern.»
«Aber Sie sind doch gerade erst wieder reingekommen, Katie», bellt Rod und richtet seinen Montblanc-Füller auf mich wie einen Pfeil.
Merke, dass ich Gedanken laut ausgesprochen haben muss wie verwirrte Frau, die in Mülltüten gehüllt Straßen durchwandert und dabei ihr paranoides Innenleben kommentiert.
«Tut mir Leid, Rod. Das war von Captain Oates. Ein Zitat.»
Ein Raum voller Fondsmanager dreht sich gleichzeitig zu mir. Am anderen Ende des Tisches, in Lecknähe zu Rod, erzittern die edlen Nüstern meines Assistenten Guy genüsslich, als sie den ersten Hauch von Erniedrigung wittern.
«Sie erinnern sich doch an Captain Oates», helfe ich meinem Boss nach, «das war der, der auf der Scott-Expedition am Südpol das Zelt verlassen hat und in seinen sicheren Tod gegangen ist.»
«Typischer verdammter Engländer», schnaubt Rod. «Sinnlose Aufopferung. Wie nennen die das nochmal, Katie, Ehre?»
Jetzt schauen sie mich alle an. Frage mich, wie ich da wieder rauskomme. Mach schon! Kate an Hirn, Kate an Hirn, hörst du mich?
«Im Ernst, Rod, die Südpol-Expedition ist kein schlechtes Managementmodell. Wie wär’s denn, wenn wir es auf den Fonds mit den schlechtesten Erträgen anwendeten? Dem, der unsere Reserven auffrisst. Vielleicht sollte der schlechteste Fonds einen Spaziergang im Schnee machen.»
Bei dem Vorschlag, Kosten zu reduzieren, kriegt Rod ein ferkelhaftes verschlagenes Funkeln in die Augen. «Aha. Nicht schlecht, Katie, gar nicht schlecht. Geh dem mal nach, Guy.»
Die Blicke schwenken ab. Das war knapp.
19.23: Komm nach Hause gekrochen und finde Paula eingeschnappt vor. Bei Kindermädchen können solche Launen schnell auftreten wie Nebel auf See, und sie sind doppelt so tückisch. Was ich wirklich will, ist, mit einem Glas Wein auf dem Sofa zusammenbrechen und sehen, ob ich noch irgendjemanden in Eastenders wiedererkenne. Seit Juni hab ich die Serie nicht mehr gesehen, inzwischen können ganze Dynastien untergegangen sein, und Phil Mitchell könnte mindestens noch zwei weitere Kinder der Liebe mit den Exfrauen seines verstorbenen Bruders gezeugt haben. Stattdessen muss ich mich mit äußerster Vorsicht um die Ereignisse des Tages herumlavieren. Ich lobe den Nährwert dessen, was in Emilys Butterbrotsdose ist, ich verspreche, morgen Namenschildchen für die Wäsche mitzubringen, und sage, dass es gar keine Umstände macht (von wegen!), dann versuche ich es mit unverhohlener kultureller Anbiederung, indem ich einen Serienstar erwähne, der gerade niedergekommen ist und über den in Paulas neuer Hello! auf sieben Seiten berichtet wird.
Zwei Schwangerschaften haben mein Kurzzeitgedächtnis ruiniert, mir aber die erstaunliche Fähigkeit verliehen, mich zu jedem Zeitpunkt an die Namen der Babys von sämtlichen Berühmtheiten zu erinnern. Dass ich weiß, wie die Nachkommen von, sagen wir mal, Demi Moore und Bruce Willis (Rumer, Scout, Tallulah) oder Pierce Brosnan heißen (Dylan, so heißt auch Zeta-Jones/Michael Douglas’ erstes Gör und Pamela Andersons zweites) mag rein professionell gesehen nicht von großem Nutzen sein, aber es hat meinen Kurs bei Paula schon in einigen kritischen Situationen gestützt.
«Als Name wird Dylan
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