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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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und je tiefer er in diese Isolation geriet, desto stärker versank er in einer selbst geschaffenen Fantasiewelt. Schon früh entstand sein Hass auf die verlogene Bourgeoisie der Restaurationszeit, wenngleich er selbst den vornehmen, snobistischen Lebensstil schätzte, den er sich nur als reicher Bürgersohn leisten konnte. Er war stets teuer und extravagant gekleidet und gab auf seinen Reisen viel Geld aus.
    In seinen jungen Jahren schrieb Flaubert – meist romantische – Geschichtsdramen, etwa »Der Tod von Marguerite von Burgund«, die Novelle »Zwei Hände auf der Krone« und sein erstes Schauspiel »Louis XI.«; zudem übersetzte er Stücke aus dem Lateinischen. Die zwei interessantesten Werke dieser Zeit waren die »Erinnerungen eines Verrückten« und der Roman »November«, die jedoch erst nach seinem Tod veröffentlicht wurden. Seine »Erinnerungen eines Verrückten« (»Mémoires d’un fou«) widmete er als 15-Jähriger Alfred Le Poittevin, der in der Schule sein Lehrmeister, Herzensbruder und Freund gewesen und dessen Familie mit der Flauberts eng verbunden war. Le Poittevin starb bereits früh, im Alter von 31 Jahren, an einem Herzleiden.
    Mit Bekannten bereiste Flaubert nach dem Schulabschluss die Pyrenäen und Korsika. Nur ungern war er auf Reisen gegangen, doch letztlich brachten sie ihm Wohlbefinden und Erleichterung. 1841 entging er dem Militärdienst, indem er die richtige Nummer in einem Losverfahren zog. Auf Drängen des Vaters nahm er ein Jahr später in Paris das Jurastudium auf, folgte aber gleichzeitig seinen literarischen Neigungen. Seine seit der Kindheit bestehende Überempfindlichkeit verstärkte sich mehr und mehr und führte 1844 nach dem ersten nervösen Anfall – einer Art epileptischer Bewusstlosigkeit – dazu, dass er das nur sehr widerwillig aufgenommene Studium aufgab. Seitdem lebte er in ständiger Angst vor dem nächsten Anfall und isolierte sich noch mehr von seiner Umgebung. Dieses sein Leben bestimmende Geschehnis formulierte Flaubert drei Jahre später folgendermaßen: »Mein leidenschaftliches bewegtes, von plötzlichen, widersinnigen Sprüngen und vielfältigen Empfindungen erfülltes Leben ging mit zweiundzwanzig zu Ende.«
    MAXIME DUCAMP
    (* 1822, † 1894)
    Bereits im Alter von 22 Jahren unternahm der in Paris geborene Maxime Ducamp Reisen nach Griechenland, in die Türkei und nach Algerien. 1849 reiste er erneut – diesmal im Auftrag der Regierung – nach Nordafrika, Nubien, Palästina und Syrien, teilweise begleitet von seinem Freund Flaubert. Dessen Roman »Madame Bovary« veröffentlichte Ducamp 1856 in verkürzter Form in der »Revue de Paris«, die er seit 1851 mit herausgab.
    Neben seinen bekannt gewordenen Reisebeschreibungen schrieb er zumeist autobiografische Romane und sozialpolitische Arbeiten, etwa über die Geschichte der Stadt Paris, die Februarrevolution 1848 und die Pariser Kommune. In seiner Lyrik verherrlichte er – als entschiedener Gegner einer zweckfreien Dichtung – Themen des modernen Lebens aus der Naturwissenschaft und Technik, wie etwa die Elektrizität, die Lokomotive oder Industrieprodukte. Seinen Zeitgenossen Baudelaire, Flaubert, Gautier und Nerval setzte Ducamp in seinen Erinnerungen ein literarisches Denkmal.
    FREUNDSCHAFTEN
    Flaubert bezog das 1844 von seinem Vater gekaufte Landhaus in Croisset, das eine Meile von Rouen entfernt am rechten Seineufer lag. Dort sollte er sein weiteres, dem Schriftstellerdasein gewidmetes Leben verbringen, das aus einer – nur von wenigen Reisen und Besuchen von Freunden unterbrochenen – Kette von meist 14- bis 16-stündigen Arbeitstagen bestand. 1843 lernte Flaubert Maxime Ducamp kennen, den Flauberts Umgebung als ziemlich dubios beschrieb. Dieser besaß jedoch einen großen Horizont, eine rasche Auffassungsgabe und ein bemerkenswertes Gefühl für Formen. Der Mann, der von Flaubert schrieb: »Sein Geist verfügte irgendwie über ein System von Linsen, das alle Dinge vergrößerte …«, war eigentlich kein schwatzhafter Hohlkopf. Unglücklicherweise machte er jedoch Flauberts Leiden in der Öffentlichkeit bekannt, indem er einen Zusammenhang zwischen Flauberts Künstlertum und der Epilepsie herstellte und das eine durch das andere erklärt wissen wollte. Nach dem Tod seines Vaters und dem Abbruch des Jurastudiums kümmerte sich die Mutter um Flaubert und ihre Enkelin, die Tochter Carolines. Mehrere Monate verbrachte er auf dem Land in blühenden Gärten, ohne auch nur einmal den Park mit seinem

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