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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Ereignissen verfasst, oder er hat es erst nach dem Ende des Krieges, in Kenntnis seines Ausganges, aufgrund der während des Krieges angestellten Recherchen bearbeitet. Auf jeden Fall stellt Thukydides in dem zeitgeschichtlichen Werk über den die damalige griechische Welt erschütternden Krieg ein bis dahin unbekanntes Niveau an historischer Erkenntnis unter Beweis. Zwar bietet er auch eine Darstellung der wichtigsten Daten und Fakten, wobei er den Stoff chronologisch nach Jahren ordnet und dabei, entsprechend den Praktiken der antiken Kriegsführung, jeweils zwischen den ereignisreichen Vorgängen des Sommers und den ruhigeren Verhältnissen des Winters unterscheidet. Doch seinen Rang als Historiker verdankt er vor allem der Fähigkeit, über die Ebene der reinen Faktenvermittlung hinaus nach der übergeordneten Bedeutung der Ereignisse zu forschen. Mit den dabei entwickelten Methoden ist er zum Pionier der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung geworden.
    ›Das erste Blatt des Thukydides ist der einzige Anfang aller wahren Geschichte.‹
    David Hume
    Gleich zu Anfang des Werkes hat Thukydides in den so genannten Methodenkapiteln seine geschichtstheoretischen Prinzipien dargelegt. Oberstes Gebot ist für ihn die historische Wahrheit. Nicht ein »Prunkstück für das einmalige Hören«, sondern ein »Besitz für alle Zeiten« sollte ein Geschichtsbuch nach Thukydides im Idealfall sein. Das ist eine indirekte Kritik an seinem Vorgänger Herodot, der nach der Meinung des Thukydides in der Art eines Dichters eher nach dem Beifall des Publikums gestrebt und darüber die wirkliche Berufung des Historikers vergessen habe. Tatsächlich gibt es in der Präsentation des Materials erhebliche Unterschiede zwischen diesen beiden Größen der griechischen Geschichtsschreibung. Während Herodot in seiner Darstellung der Kriege der Griechen gegen die Perser auch der Kultur, dem Alltag, der Religion und der Geographie breiten Raum gewidmet hat, beschränkt sich Thukydides strikt auf die politischen und militärischen Ereignisse, zu deren Einordnung er aber alle verfügbaren Hintergrundinformationen verwendet. Allein die Kenntnis von Tatsachen kann nach seiner Auffassung dem Menschen Nutzen bringen.
    In weiser Selbsterkenntnis ahnte Thukydides, dass sein Werk vom literarischen Anspruch her nicht als Meisterleistung beurteilt werden würde. Mit Blick auf das bei den Griechen übliche Verfahren, Literatur mündlich vorzutragen, sagt er zu den Erfolgsaussichten: »Zum Zuhören wird diese undichterische Darstellung vielleicht wenig ergötzlich erscheinen.« Doch gleich darauf formuliert er in einem kurzen Satz sein berühmt gewordenes und immer wieder zitiertes geschichtsphilosophisches Bekenntnis: »Wer aber das Gewesene klar erkennen will und damit auch das Künftige, das wieder einmal, nach der menschlichen Natur, gleich oder ähnlich sein wird, der mag diese Darstellung so für nützlich halten und das soll mir genug sein.« Weil der Mensch sich von seiner Natur her niemals ändert, verläuft auch die Geschichte in immer gleichen Bahnen. Der Nutzen der Beschäftigung mit der Geschichte liegt also nicht darin, dass man aus ihr lernen kann, wie man es zukünftig besser machen soll. Vielmehr stellt die Kenntnis der Geschichte das Rüstzeug zur Verfügung, um sich durch die Vergangenheit in der Gegenwart und in der Zukunft zurechtzufinden. Als er die Geschichte des Peloponnesischen Krieges schrieb, gab sich Thukydides also nicht der Illusion hin, die Menschen damit von künftigen Kriegen abhalten zu können, denn nach seiner Überzeugung gehört auch der Krieg zur menschlichen Natur. Sein Anspruch lag allein darin, den Menschen über das Wesen von Kriegen die Augen zu öffnen. Überaus fortschrittlich und für viele Zeitgenossen sicherlich schockierend war in diesem Zusammenhang, dass Thukydides, ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger Herodot, die Götter als geschichtsbestimmende Mächte ausschaltete. Es ist der Mensch – und besonders dessen Streben nach Macht –, der die Geschichte lenkt und der demzufolge auch die Verantwortung für alles Geschehen zu tragen hatte.
    THUKYDIDES’ STIL
    Obwohl Thukydides’ Stil schwierig ist, hat er im Altertum großen Anklang gefunden. Seine Darstellung wurde fortgesetzt von Xenophon, Theopompos und Kratippos. Sallust und Tacitus haben Elemente seiner andeutenden Knappheit übernommen.
    In der Neuzeit war er unter anderem für Thomas Hobbes, David Hume, Thomas Macaulay und Leopold von Ranke von

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