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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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der
Auftraggeber und der Gemeinde den dargereichten Teller, in den sein Vévé eingebrannt
war, und aß mit großem Appetit.
    Das Fest dauerte bis zum Morgengrauen. Erst
als die Fackel und das Feuer niedergebrannt waren und die Loas ihren Rückzug angetreten
hatten, kehrten die Gläubigen in ihre Häuser zurück.
    Dass die stillen Frauen schon lange verschwunden
waren, fiel dabei niemandem auf.

23
     
    »Ich hab den Sektenbeauftragte’ nicht erreichen könne’.
Er ist in Urlaub. Aber sie schicke’ uns noch heute Nachmittag jemanden vorbei, der
sich speziell mit Voodoo richtig gut auskennt.«
    Michael Wiener sah Nachtigall an und meinte
dann: »Spannend find ich das ja scho’. Ich kenn mich da nicht so aus, aber Zombies
gehöre’ doch zum Voodoo, oder?«
    Albrecht Skorubski nickte.
    »Ja, das ist schon richtig. Zombies. Huh!
Wer glaubt schon an Untote.«
    »Wann kommt denn dieser Experte?«, schaltete
sich Nachtigall ein.
    »In zwei Stund’ ist er da. Wenn wir rufe’,
dann geht’s halt schnell.«
    »Also werdet ihr euch mit euren Fragen zu
Zombies und allen anderen Dingen noch gedulden müssen. Aber ich bin sicher, wenn
er ein Experte ist, kann er sie auch alle beantworten. Habt ihr Willi wieder nach
Hause geschickt? Es liegt nichts gegen ihn vor. Die Liste der Zeugen für sein Alibi
gehen wir morgen durch, aber nachdem Stegmann seine Aussage gemacht hat …«
    »Ja, klar. Der schiebt wieder Dienst vor
Mahlers Tür«, versicherte Skorubski.
    Das Telefon auf Nachtigalls Schreibtisch
klingelte unangenehm. Misstrauisch sah er es an. »Klingt nach Dr. März«, murmelte
er und hob ab.
    »Nachtigall.«
    »Ja, März. Ich denke, wir sollten jetzt
eine Entscheidung treffen und eine Strategie für den Umgang mit der Presse entwickeln.
Am besten Sie kommen zu mir rüber.«
    Der Hauptkommissar war wenig begeistert.
    »An der Beweislage hat sich nichts geändert.
Wir ermitteln in alle Richtungen. Der Hinweis auf den Schläger von ›PRO‹ war ein
Hirngespinst des Zeugen und des Reporters.«
    »Ja, aber ich bin dennoch der Auffassung,
dass Ihre Ermittlungen in die falsche Richtung zielen – sogar einen Voodoo-Fachmann
haben Sie eingeladen. Also wirklich! Das führt doch zu nichts. Gerade die Tatsache,
dass Sie nicht vorankommen, bestätigt meiner Meinung nach die Annahme von Herrn
Schubert, dass es sich hier um ein politisch motiviertes Verbrechen handelt. Dann
können Sie natürlich auch keine Indizien im privaten Umfeld des Opfers finden.«
    »Ich komme. Inzwischen deutet vieles darauf
hin, dass das Opfer sich vor einer konkreten Person fürchtete, nicht vor einer politischen
Überzeugung.«
    Nach ein paar Höflichkeitsfloskeln legte
er auf und griff nach seiner Jacke. Über die Schulter, schon halb auf dem Gang,
rief er seinen Kollegen zu: »Dr. März! Er möchte eine Pressestrategie besprechen.
Haben wir eigentlich schon die Bestätigung für die Alibis der Freunde?«
    »Wir sind dran«, versicherten die beiden
Kollegen unisono, und Nachtigall zog die Tür hinter sich zu.
     
    Dr. März’ Büro wurde von einem Kirschbaumschreibtisch dominiert.
An beiden Seiten zogen sich Regale in demselben rötlich braunen Holz entlang. Aktenordner
quetschte sich an Aktenordner. Ein Fach teilten sich die Strafprozessordnung, mehrere
Kommentare zu Gesetzestexten sowie die Gesetzesbücher. Doch der Schreibtisch war
leer.
    Eine Seite der Tischplatte war so verbreitert
wie der geschwollene Daumen eines glücklosen Heimwerkers. Davor standen zwei Besucherstühle.
Als Peter Nachtigall eintrat, saß auf einem davon bereits Jens Schubert. Der Cottbuser
Hauptkommissar schüttelte beiden die Hand und bemerkte dabei, dass die des Staatsanwalts
feucht war. Stress, diagnostizierte er, wahrscheinlich setzte das BKA ihn unter
Druck.
    Nun, nahm sich Nachtigall fest vor, sollte
der Staatsanwalt gehofft haben, den Fall schnell an die Kollegen abgeben zu können,
so würde er ihm das so schwer wie möglich machen.
    »Na, Herr Kollege«, begrüßte ihn Schubert
mit süffisantem Lächeln. »Sie möchten uns mit Neuigkeiten über den Täter überraschen?
Dann lassen Sie uns doch an Ihren neuesten Erkenntnissen teilhaben!«

24
     
    Heide Fischer zog sich um.
    Vor ein paar Stunden hatte sie hier noch
neben Claudine gestanden.
    Deprimiert strich sie über Claudines Pulli,
der noch in ihrem Spind lag, und drängte die aufsteigenden Tränen zurück.
    Sie würde ihr fehlen, diese entschlossene
Frau, die so unerschrocken gekämpft hatte.
    Und nicht gewinnen

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