Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
Vom Netzwerk:
wohnte bis vor Kurzem
unter dieser Adresse, nicht wahr?«
    »Ja. Aber er ist ausgezogen. In eine eigene
Wohnung. Ist Mode heutzutage. Früh ausziehen und den Eltern das Geld aus der Tasche
ziehen. Noch nichts geleistet im Leben. Wenn Sie zu Meinert wollen, müssen Sie in
die Hubertusstraße fahren. Aber so früh am Morgen schläft der Herr Student noch.«
    »Wir würden gerne mit Meinerts Eltern sprechen.«
    »Aha. Und warum sagen Sie das dann nicht
gleich? Ich bin 92 Jahre alt und stehe hier mit Ihnen auf dem eisigen Flur herum,
nur um herauszufinden, dass Sie gar nicht zu mir wollen«, schimpfte der Greis und
stampfte mit der rechten Gehhilfe überraschend kraftvoll auf den Boden.
    »Vater?«
    »Ja. Hier. Die Polizei will dich sprechen.
Es hat mich fast eine Stunde meines Lebensrestes gekostet, das herauszufinden.«
    Eine mittelgroße, schwere Frau mit freundlichem
Gesicht tauchte hinter dem hochbetagten Herrn auf.
    »Vater! Warum hast du denn nicht nach mir
gerufen, als es geklingelt hat? Es ist doch für dein Bein gar nicht gut, wenn du
es belastest.«
    Besorgt entwand sie ihm eine der Gehhilfen,
hakte ihn energisch bei sich ein und meinte entschuldigend: »Einen Augenblick bitte.
Ich möchte nur meinem Schwiegervater wieder in seinen Sessel zurück helfen.«
    »Die beiden sind von der Polizei. Sie kommen
wegen Meinert. Ich habe Ihnen aber schon gesagt, dass der Taugenichts hier nicht
mehr wohnt.«
    Ein Ausdruck von Besorgnis trübte Frau Hagens
strahlendes Lächeln, verschwand aber ebenso schnell, wie er gekommen war.
    »Wegen Meinert?«
    »Ja. Können wir vielleicht reinkommen?«,
fragte Nachtigall leise.
    »Du kannst sie ruhig reinlassen!«, verkündete
die Kasernenhofstimme des Schwiegervaters. »Die Ausweise habe ich schon gründlich
überprüft.«
    Frau Hagen nickte den beiden Besuchern kurz
zu, und die kleine Karawane setzte sich langsam in Bewegung.
    Albrecht Skorubski schloss die Wohnungstür.
     
    Ächzend ließ der alte Herr sich in seinen Sessel fallen.
Während seine Schwiegertochter fürsorglich die Kissen in seinem Rücken aufschüttelte
und einen Schemel für sein linkes Bein zurechtrückte, warf sie ängstliche Blicke
auf die Polizisten, die auf dem Sofa Platz genommen hatten.
    »Polizei?«, fragte sie schließlich etwas
schrill, als das mürrische Knurren des Mannes aufgehört hatte. »Und Sie kommen wegen
Meinert?«
    »Vielleicht sollten Sie sich besser zu uns
setzen«, meinte Nachtigall und sah die helle Panik in ihren Augen aufleuchten. Diese
Eröffnung war ihr offensichtlich bekannt.
    Artig plumpste sie in den Sessel gegenüber.
    Herr Hagen hatte inzwischen die Fernbedienung
vom Tisch geangelt und schaltete den Fernseher ein.
    Ohrenbetäubender Lärm erfüllte das Wohnzimmer.
Der alte Mann beugte sich zum Fernsehgerät, um besser sehen zu können, was auf dem
Bildschirm geschah.
    »Vater!«, schrie Frau Hagen über den Krach.
»Das geht jetzt nicht.«
    Sie wuchtete sich aus dem Sessel und nahm
ihrem Schwiegervater die Fernbedienung aus der Hand. Der Lärm verstummte beinahe
sofort.
    »Ich will das anschauen. Das ist eine interessante
Sendung. Über den Bau einer Tiefgarage!«, zeterte der alte Mann bockbeinig. Doch
seine Schwiegertochter blieb unerbittlich.
    »Nein. Das Gerät bleibt aus. Du kannst es
einschalten, wenn die Herren wieder gegangen sind.«
    Seufzend nahm sie wieder Platz. Die Fernbedienung
hatte sie vorsichtshalber in der Hand behalten. Zornig verfolgte Herr Hagen jede
ihre Bewegungen, lauernd wie eine Katze.
    »Denk nicht einmal daran«, drohte sie scherzend
in seine Richtung, und er lehnte sich mit verschlossener Miene im Sessel zurück.
    »So. Nun können wir uns unterhalten«, stellte
die Dame des Hauses fest, und Nachtigall entging das Beben in ihrer Stimme nicht.
Alles hätte sie lieber getan, als sich mit ihm zu unterhalten.
    »Wie gesagt, wir sind von der Kriminalpolizei.
Frau Hagen«, der Hauptkommissar sah, wie sie tief Luft holte und sich ihr gesamter
Körper in Erwartung eines Schlags anspannte. »Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass
wir Ihren Sohn heute in den frühen Morgenstunden leblos aufgefunden haben. Er wurde
ermordet.«
    Sie schrie einmal spitz auf, die Augen weit
aufgerissen, und schlug sich dann die Hände vors Gesicht.
    »Meinert ist tot? So eine spannende Entwicklung
hätte ich im Leben dieses Langweilers nun wirklich nicht erwartet«, verkündete der
Greis keckernd und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ermordet, hä? Von wem?«
    Die Mutter des

Weitere Kostenlose Bücher