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Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Opfers begann zu schluchzen.
    »Wir wissen nicht, wer ihn getötet hat.
Im Moment versuchen wir, seinen Tag so genau wie möglich zu rekonstruieren«, erklärte
Nachtigall und unterdrückte den Ärger über den kaltherzigen Großvater.
    »Na ja. Der Täter wird wohl keine Visitenkarte
mit Namen und Anschrift zurückgelassen haben«, kicherte der Schwiegervater und zwinkerte
den Kripobeamten verschwörerisch zu.
    »Gerade erst wurde Claudine getötet und
nun mein Meinert«, schniefte Frau Hagen und wischte sich die Tränen von den Wangen.
»Haben Sie vielleicht ein Taschentuch für mich?«
    Peter Nachtigall nickte und suchte in seiner
Jackentasche nach einem Päckchen Papiertaschentücher.
    »Könnten Sie sich vorstellen, dass zwischen
den beiden Morden ein Zusammenhang besteht?«, fragte er dann.
    Die Mutter hörte ihm gar nicht mehr zu.
    Schweigend starrte sie blicklos auf die
zuckenden Hände in ihrem Schoß. Ihre Lippen bebten, als spreche sie zu jemandem,
den sie mit Worten nicht mehr erreichen konnte.
    Nachtigall wusste genau, was jetzt in ihr
vorging.
    Damals war es ihm ähnlich ergangen. Als
die Polizei kam und vom tödlichen Unfall seiner Eltern berichtete. Er hörte, was
sie sagten, konnte aber nur spüren, wie der Boden unter seinen Füßen weg glitt,
ohne zu begreifen warum.
    »Nun, der Verdacht liegt doch nahe. Selbst
ein Kindergartenkind kann das feststellen«, bellte der Großvater eine Antwort.
    »Sie scheinen den Tod Ihres Enkels nicht
zu bedauern«, fuhr Nachtigall den Greis an.
    »Nein. Warum auch. Meinert ist ja gar nicht
wirklich mein Enkel. Sie«, dabei wies Herr Hagen mit seinem seltsam verformten Zeigefinger
auf seine noch immer erstarrte Schwiegertochter, »sie hat diesen Wechselbalg mit
in die Ehe gebracht – wenn man das so sagen will. War schon schwanger, als sie vor
den Standesbeamten trat. Geschwängert von einem anderen, als sie meinen Maximilian
geheiratet hat. Sie hat ihm das Kind eines anderen untergeschoben.«
    »Das ist nicht wahr!«, kreischte die Mutter,
schluchzte laut auf, sprang auf und rannte aus dem Raum.
    Der Großvater lehnte sich wieder zurück,
und ein hochzufriedenes Lächeln zog sich über sein gesamtes Gesicht.
     
    Nachtigall bedeutete Skorubski, das Gespräch mit dem alten
Herrn fortzusetzen, und lief Frau Hagen nach.
    Er fand sie in der Küche.
    »Die Kartoffeln! Mein Schwiegervater braucht
regelmäßige Mahlzeiten. Und mein Mann kommt zum Mittagessen nach Hause. Er hat heute
Vorlesung bis gegen 13 Uhr. Ich habe noch gar nichts vorbereitet.« Ihr abgehacktes
Lachen klang hysterisch. Die Hände schienen nicht zu wissen, was nun von ihnen erwartet
wurde. Ziellos und hektisch irrten sie über Schranktüren, zogen Schubladen auf,
stießen sie wieder zu, schalteten die Herdplatten ein und wieder aus.
    Kartoffeln waren nirgends zu sehen.
    Peter Nachtigall fing die Hände ein und
hielt sie fest in seinen Pranken. Er spürte, wie sie unkontrolliert zitterten. Sanft
zog er Frau Hagen zum Küchentisch und setzte sie auf einen der Holzstühle.
    »Es ist nicht wahr!«, flüsterte sie eindringlich,
während die Tränen über ihre Wangen liefen. »Es ist nicht wahr! Meinert war kein
Wechselbalg! Maximilians Vater ist leicht dement, und mich konnte er noch nie leiden.
Er will mich verletzen, und oft gelingt ihm das nur zu gut. Er weiß, wo es mir wehtut,
und trifft zielgenau. Wie ist mein Sohn gestorben?«
    »Er wurde erschlagen. Wie Claudine. Wir
nehmen tatsächlich an, dass zwischen den Morden ein Zusammenhang besteht.«
    »Wie Claudine?« Nachtigall sah, wie sich
Augen weiteten. »Aber Meinert hat erzählt, Claudine sei der Schädel gespalten worden
und man habe sie verstümmelt.«
    Der Hauptkommissar schwieg.
    Wartete geduldig, bis sie den Inhalt ihrer
eigenen Worte erfasst hatte.
    »Oh nein!«
    »Es tut mir sehr leid.«
    »Aber warum?«
    »Das wissen wir nicht. Können Sie sich vorstellen,
was Meinert nachts auf dem Parkplatz vor der ›Lagune‹ wollte?«
    »Dort haben Sie ihn gefunden? Die ›Lagune‹
ist doch ein Schwimmbad. Meinert ging nie in öffentliche Schwimmbäder. Bestimmt
haben Sie ihn mit jemandem verwechselt.« Aufkeimender Zweifel glomm in ihrem Blick.
    »Ich will Ihnen nichts vormachen, Frau Hagen.
Nach dem Tod Claudines habe ich ein Gespräch mit Ihrem Sohn geführt und bin mir
sicher, dass es sich bei diesem Opfer um Meinert handelt. Dennoch wird ihn jemand
von der Familie identifizieren müssen.«
    Sie antwortete nicht, fing aber an, kraftvoll
an der

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