Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
DIN-A4-Blatt
aus der Ablage.
»Hier. Die letzte Nummer, die er angewählt
hat, ist Claudines Handynummer. Das hat die Telefongesellschaft bestätigt. Das Handy
ist aber ausgeschaltet, es lässt sich nicht orten. Die letzte Nummer, die ihn auf
seinem Handy angerufen hat, gehört zu einem ausländischen Prepaid-Gerät. Der Eigentümer
ist nicht feststellbar.«
»Wir müssten also herausfinden, ob einer
der Freunde ein Zweithandy hat?«
»Ja – aber das wird er dir wohl kaum verraten,
besonders dann nicht, wenn er der Täter ist.« Skorubski hieb mit der Faust in die
Fläche der anderen Hand. »Wenn wir den Zipfel einer Spur finden, führt sie uns ins
Nichts!«, fluchte er laut.
»Was haben die Kollegen von der Sitte unternommen?« Nachtigall
wusste sehr gut, dass in dieser Situation nur Beharrlichkeit half. Irgendwann würden
sie das entscheidende Ende des Fadens in die Hände bekommen und den Kerl fassen,
davon war er überzeugt.
»Die Kollegen beobachten den Laden von Frau
Alvarez schon länger. Auf unsere Bitte hin haben sie in einer Routineaktion alle
Ausweise und Aufenthaltsgenehmigungen der dort arbeitenden Damen überprüft. Alle
sauber. Auch Serafine. Auch Bengabo. Der Barkeeper heißt mit Clear-Name Johannes
Nagel, ist Deutscher und wohnt seit seiner Geburt in Cottbus. Es ist selte’, dass
man einen waschechte’ Cottbuser trifft – und dann ist er schwarz.« Wiener lachte
leise.
»Und sie haben wirklich alle gecheckt?«
»Nun, alle, die im Haupthaus arbeiten. Jupp
Marl, der Leiter der Gruppe, die hier ermittelt, ist sich allerdings ziemlich sicher,
dass es irgendwo ein geheimes ›Depot‹ gibt. Das funktioniert dann mit telefonischer
Anmeldung unter Eingeweihte’. Sie habe’ schon seit Monaten Frau Alvarez im Visier,
konnte’ das Versteck aber bisher nicht finde’«, informierte Wiener weiter.
»Also doch eine Sackgasse!«, grunzte Skorubski.
»Was ist mit der Überprüfung der Alibis
der Kunden. Dieser neorechte junge Mann zum Beispiel. Hatte der ein Alibi?«, wollte
Nachtigall wissen.
»Nein«, antwortete Wiener, »hatte er nicht.
Er käme infrage.«
»Und das Motiv?« Nachtigall war einen Augenblick
sprachlos. Ein Kind sollte diese drei Morde begangen haben?
»Wie wäre es mit Vertuschung?«
»Nein«, mischte sich Couvier an dieser Stelle
wieder ein. »Dafür würde er vielleicht einen Mord begehen, aber doch nicht zwei.«
»Er wurde von der Welle an Aufmerksamkeit
überrascht, die der erste Mord auslöste, und sah sich gezwungen, zu handeln. Als
›PRO‹ ins Visier unserer Ermittlungen geriet, tötete er, um den ausländerfeindlichen
Hintergrund zu vertuschen.«
»Nein«, entschied auch Nachtigall. »Das
ist nicht nur unwahrscheinlich, das ist ausgemachter Blödsinn!«
»Was, wenn es in Wahrheit gar keine Serie
ist?«, fragte Albrecht Skorubski leise in die entstandene Stille. »Der erste Mord
hat Schlagzeilen gemacht, es wurde ausführlich darüber berichtet. Jemand, der eine
private Fehde hat, beschließt die beschriebene Methode zu übernehmen, um seine Morde
einem anderen unterzuschieben. Er verließ sich einfach darauf, dass wir sie wegen
der Waffe und der Verstümmelungen demselben Täter zuordnen würden. Hat ja auch geklappt!«
»Theoretisch ist das sicher möglich. Aber
mal Hand aufs Herz: Wer bringt hier Ökologiestudenten um?« Nachtigall schüttelte
den Kopf.
»Ein Profikiller der Autoindustrie?«, warf
Michael Wiener ein.
»Es gibt viele Ökologiestudenten – warum
sterben ausgerechnet die, die Claudine Caro gekannt haben?«, fragte Couvier.
»Das kann doch Zufall sein. Er tötet Ökologiestudenten
eines bestimmten Kurses.« Michael Wiener hatte Feuer gefangen. »Möglicherweise liegt
es ja am Professor. Habe’ wir einen an der BTU, der besonders radikale Haltunge’
vertritt? Zum Beispiel Autos verbiete’ lasse’ will? Autofreie Zonen einführen? Tempolimits?«
»Und wonach sucht der Täter dann?«, kehrte
Nachtigall zu den Fakten zurück. »Und warum fragt er nicht?«
»Vielleicht«, meinte Dr. Pankratz, »vielleicht
liegt das daran, dass er nicht genug Deutsch spricht?«
Das vorsichtige Klopften an der Tür fiel in ihr Schweigen
wie Donner.
»Herein!«
Ein runder, kahler Schädel sah hinein, und
der Kollege verkündete: »Ich habe hier jemanden für euch, der meint, er könne zur
Aufklärung der Mordfälle beitragen.«
Damit trat der Beamte zur Seite und machte
den Weg für Heide Fischer frei.
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Norbert Grundmann grinste sein Gegenüber
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