Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
leicht die sich im Dunkeln unsichtbar
machen können«, kicherte sie leise. »Einfach die Augen zugemacht, und schon ist
er nicht mehr zu sehen.« Als seine Miene noch immer ernst blieb, wechselte sie das
Thema. »Lass uns das Essen und den Abend genießen. Du hast gesagt, Nachtigall wird
heiraten?«
»Ja. Er will seine Freundin schon bald an
sich ketten.« Wieners gute Laune kehrte langsam zurück. »Emile hat mir erzählt,
dass er Jule in ein paar Wochen heiratet – und: Peter Nachtigall wird Großvater!
Aber das ist noch geheim, jedenfalls hat er es weder Albrecht noch mir bisher erzählt.«
»Na, dann wird die Freundin nicht nur Ehefrau,
sondern auch gleich noch Schwiegermutter. Alles an einem Tag. Dann bleibt ihr kaum
Zeit, sich daran zu gewöhnen, und schon wird sie Oma. Geht Schlag auf Schlag bei
den Nachtigalls.«
Der Kellner brachte das duftende Essen,
und schon bald drehte sich ihr Gespräch um ihre eigene Zukunft und ihre weiteren
Pläne.
Gegen Morgen schreckte Wiener aus einem bedrückenden Traum
auf und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn!
»Voodoo! Mist!«
Wie hatte er das nur vergessen können?
Nachtigall kuschelte sich an Conny.
»Fernsehabendidylle? Heute wieder kein Sport.
Kampf dem Fett und der Demenz!«, neckte sie ihn, und er lachte rau.
»Nein, heute nicht.« Sanft zog er sie an
sich.
Casanova, der ahnte, was nun folgen würde,
stand empört auf und verließ seinen Lieblingsplatz demonstrativ langsam, um sich
dann neben Domino auf dem Teppich zusammenzurollen.
»Bald wird hier ein Baby rumkrabbeln«, drohte
Conny den Katzen an. »Dann ist es vorbei mit der Ruhe!«
Casanova öffnete ein Auge und schielte zu
den Menschen auf der Couch hoch. Dann schloss er es träge wieder, atmete tief und
döste weiter.
»Interessiert ihn nicht. Wahrscheinlich
geht er davon aus, ohnehin Herr der Lage bleiben zu können. Klappt ja sonst auch
immer«, stellte Nachtigall klar. »Hast du schon weiter über unsere Zukunft nachgedacht?«,
flüsterte er ihr ins Ohr.
»Ja – ein bisschen. Zum Beispiel über mein
Haus.«
»Und?« Nachtigall spürte, wie sich ein flaues
Gefühl in seinem Magen ausbreitete.
»Es ist eigentlich zu groß. Der Garten macht
viel Arbeit, Zeit dafür haben wir beide nicht. Außerdem bin ich ohnehin die meiste
Zeit bei dir. Gut, dieses Haus ist nicht riesig, aber für zwei Erwachsene mit pelzigem
Anhang ist es allemal ausreichend. Die Terrasse ist groß genug für zwei Liegestühle,
die Rasenfläche gut zu bewältigen. Wenn wir das Mähen nicht mehr schaffen, können
wir uns zwei Schafe zulegen, die diese Arbeit für uns erledigen. Wir werden mein
Haus verkaufen!«
Nachtigall, der spürte, wie traurig sie
über diese Entscheidung im Grunde war, fühlte sich ein bisschen schuldig.
»Aber es muss mehr Farbe ins Spiel kommen!
Wir lassen renovieren. Warme Töne für die Wände, Sand, Orange und Sonnengelb, neue,
helle Möbel fürs Schlafzimmer und natürlich neue Gardinen!«
Nachtigall beschloss, alle Forderungen hinzunehmen.
Hauptsache, Conny blieb.
»Ist doch schön, alle sind weg, und wir
sitzen hier mal allein. Auch wenn es schon nach Mitternacht ist. Und – mit einem
glücklichen Hauptkommissar macht es noch viel mehr Spaß als mit einem unzufriedenen.«
Er stupste mit der Nase gegen ihre Stirn.
»Ich weiß eben nie, was dahinter so vor sich geht«, beschwerte er sich flüsternd,
»dann habe ich manchmal Angst, du könntest es dir noch einmal anders überlegen.
Aber jetzt ist alles wunderbar.«
»Ein bisschen Undurchschaubarkeit ist ganz
in Ordnung«, kicherte Conny. »So bleibe ich ein Hort der Spannung und Ungewissheit
für dich. Das hält die Beziehung frisch.«
Nachtigall stöhnte: »Nein – wenigstens in
seinem Privatleben braucht ein Hauptkommissar Zuverlässigkeit. Der Job ist aufreibend
genug.«
Sie lachte warm.
»An meiner Seite werden Sie weder Bequemlichkeit
noch Langeweile finden, Herr Kriminalhauptkommissar Peter Nachtigall.«
»Gar nicht?«, jammerte Nachtigall. »Nicht
einmal ab und zu?«
59
Norbert Grundmann hatte Angst. Er lauschte in sich hinein
und spürte es deutlich.
Seine Angst wuchs.
Solange er in der Klinik lag, saß ein Polizist
vor der Tür. Was aber, wenn er entlassen wurde? Er musste doch wieder zur Uni gehen!
Wie sollte er das bewerkstelligen mit einem Beamten in Uniform an seiner Seite,
der sich ständig sichernd nach allen Seiten drehte wie ein Bodyguard? Er würde sich
doch nur lächerlich machen.
Im
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