Wovon eine Prinzessin träumt (German Edition)
hatten Gegenstände die seltsame Angewohnheit, in seine Taschen zu fallen und für immer zu verschwinden. „Und zieh deine Stiefel aus. Du machst sonst noch den ganzen Boden schmutzig.“
„Ob ich wohl duschen könnte?“ Ian stieß seine Schuhe von sich fort. Darunter kamen Socken zum Vorschein, die dermaßen löcherig waren, dass sie kaum seine Füße bedeckten.
„Du kannst das Bad im Gästeschlafzimmer benutzen.“ In diesem Zimmer befanden sich die Gegenstände von geringstem Wert. „Treppe hoch, erste Tür auf der rechten Seite. Ich mach was zu essen.“
Ian griff nach dem Seesack und ging die Treppe hinauf. Garrett schlenderte inzwischen in die Küche, um Teewasser aufzusetzen. Anschließend durchstöberte er den Kühlschrank und schaute, ob seine Haushälterin noch etwas vom letzten Dinner aufbewahrte. Er fand eine große Portion Schmorbraten, Backkartoffeln und feines Buttermöhrengemüse.
Sofort griff Garrett nach einem Teller. Dann hielt er inne. Warum sollte er mehr Geschirr beschmutzen als unbedingt nötig? Kurz entschlossen stellte er die Glasschale mit dem Essen so, wie sie war, in die Mikrowelle.
Während er darauf wartete, dass die Mahlzeit erhitzt war, fiel sein Blick auf das Portemonnaie, das er auf den Küchentisch gelegt hatte. Entgegen seiner Gewohnheit steckte er es zurück in seine Hosentasche. Er machte sich weniger Sorgen um das Bargeld als um seine Kreditkarten. Als Ian ihren Bruder Victor das letzte Mal besucht hatte, war er mit dessen Mastercard durchgebrannt. Garrett wollte kein Risiko eingehen. Sobald Ian geduscht, etwas gegessen und eine Nacht durchgeschlafen hatte, wollte er ihm etwas Geld leihen – das er wahrscheinlich nie wiederbekommen würde. Am nächsten Tag würde er seinen Bruder vor die Tür setzen. Mit etwas Glück sah er ihn dann für eine lange Zeit nicht wieder.
Nach einer Viertelstunde kam Ian frisch rasiert und in zerknitterter, aber sauberer Kleidung in die Küche. „Die Dusche hat mal gut getan.“
„Ich habe dir Tee gekocht.“
Ian warf einen finsteren Blick auf die Tasse. „Du hast vermutlich nichts Stärkeres?“
„Tut mir leid, nein“, erwiderte Garrett schulterzuckend. Er wollte nicht, dass Ian die Minibar plünderte, deshalb wollte er sie für die Zeit seines Aufenthaltes verschlossen lassen. Wenn Ian sich zwischen einer Mahlzeit und einer Flasche billigen Whiskeys entscheiden musste, fiel seine Wahl stets auf den Alkohol.
„Na gut, dann nehme ich den Tee“, murmelte Ian, als hätte es eine Alternative gegeben. „Bist du gerade nach Hause gekommen?“
„Warum willst du das wissen?“
„Ich bin schon früher hier gewesen, aber du warst nicht da. Ich habe im Park auf der anderen Straßenseite auf dich gewartet.“
Es grenzt an ein Wunder, dass er nicht verhaftet worden ist, dachte Garrett. Die Beamten zeigten in der Umgebung nicht sonderlich viel Verständnis für Nichtsesshafte. „Ich habe nicht gearbeitet.“
„Dann hast du also eine Freundin? Kenne ich sie?“
Bei der Vorstellung, dass sein Bruder mit der königlichen Familie bekannt war, hätte Garrett fast gelacht. „Nein, du kennst sie nicht.“
In diesem Moment ertönte der Signalton der Mikrowelle, und Garrett nahm vorsichtig die Glasschale heraus.
Weil er die nicht vorhandenen Kochkünste seines Bruders kannte, beäugte Ian die Mahlzeit skeptisch. „Hast du das gekocht?“
„Keine Sorge, das ist meine Haushälterin gewesen.“
„Wenn das so ist, na, dann mal her damit“, erwiderte Ian und rieb sich die schwieligen Hände vorfreudig.
Garrett sah, wie sein Bruder sich gleich im Stehen die erste Gabel voll in den Mund schob.
„Köstlich“, murmelte Ian mit vollem Mund, bevor er einen Schluck Tee trank. Dann schlang er die Mahlzeit mit einem eklatanten Mangel an Tischmanieren herunter. Ihre Mutter wäre entsetzt gewesen. Obwohl sie in ärmlichen Verhältnissen gelebt hatten, hatte ihre Mutter immer darauf geachtet, dass ihre Kinder sich gut benahmen.
„Also.“ Garrett sah ihn fest an. „Warum haben sie dich dieses Mal gefeuert?“
„Wer sagt denn, dass ich gefeuert worden bin?“, fragte Ian empört.
„Bitte beleidige nicht meine Intelligenz.“
Ian gab nach. „Der Besitzer der Farm hat mich mit seiner jüngsten Tochter im Heu erwischt.“
„Wie jung?
„Siebzehn.“
Eigentlich wollte Garrett ihm eine Standpauke darüber halten, dass sich ein achtundzwanzigjähriger Mann nicht mit einem über zehn Jahre jüngeren Mädchen einlassen konnte. Dann fiel
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