WoW 01 - Aufstieg der Horde
richtete seine blinden Augen auf mich und sah dabei mehr als jemand mit gesunden Augen. »Oh mein junger Thrall«, sagte er und lachte erneut, »du verstehst es noch nicht:
Sie
helfen uns.«
Durotan rannte so schnell er konnte mit seinen kraftvollen jungen Beinen. Er atmete hastig, Schweiß lief über seine rötlich-braune Haut, aber er zwang sich selbst, immer weiter zu rennen. Es war Sommer, und seine großen, breiten Füße waren nackt. Das Gras darunter war weich, und gelegentlich zertrat er eine grell-purpurne Blüte der Dassanblume. Der Geruch der zertretenen Pflanze, die als altes Heilmittel galt, stieg auf wie ein Segen und spornte ihn noch an, immer weiter und schneller zu laufen.
Er erreichte den Wald von Terokkar und drang in seine kühle graugrüne Tiefe ein. Er musste auf die Schlingwurzeln der edlen Bäume achten, um nicht darüber zu stolpern, und verlangsamte deshalb sein Tempo. Sanfte Lichter glühten im grünen Herzen dieses Forsts, und die Ruhe, die er ausstrahlte, stand im scharfen Kontrast zu Durotans Siegeswillen. Er lief wieder schneller, sprang über umgefallene Baumstämme, die mit Moos bedeckt waren, duckte sich unter Ästen mit der Eleganz eines Talbuks. Sein schwarzes Haar, lang und dick, flatterte hinter ihm her. Seine Lungen brannten, und seine Beine flehten ihn an aufzuhören, aber er biss die Zähne zusammen und ignorierte die Bitten seines Körpers. Er war ein Frostwolf, der Erbe des Clanhäuptlings, und kein Schwarzfels würde ihn...
Durotan hörte den Kriegsruf hinter sich, und sein Herz sank. Orgrims Stimme wurde so wie die von Durotan derzeit immer noch tiefer, bis sie irgendwann zu dem dunklen Grollen eines Erwachsenen werden würde, und Durotan musste zugeben, dass sie bereits recht beeindruckend klang. Er wollte seine Beine zwingen, sich noch schneller zu bewegen, aber sie waren so steif und schwer, als wären sie aus Stein. Bestürzt sah er aus dem Augenwinkel heraus, wie Orgrim in Sichtweite kam und dann, mit einem restlichen Energieschub, an ihm vorbeirannte.
Der Schwarzfels-Orc streckte seinen Arm aus, sprang nach vorn und berührte den vereinbarten Baumstumpf knapp vor Durotan. Orgrim lief noch ein Stück weiter, weil seine kraftvollen Beine, einmal in Bewegung, nicht so schnell stoppen konnten. Durotans Füße kannten diese Probleme nicht, der Erbe des Frostwolf-Clans fiel vornüber und konnte sich nicht mehr abfangen. Dann lag er mit dem Gesicht in der kühlen moosigen Erde und schnappte nach Luft. Er wusste, dass er hätte aufstehen müssen, um Orgrim erneut herauszufordern. Aber er war zu erschöpft, um irgendetwas anderes zu tun, als auf dem Waldboden zu liegen und sich zu erholen.
Neben sich hörte er, wie Orgrim dasselbe tat, und dann rollte der junge Orc auf seinen Rücken und begann zu lachen. Durotan fiel mit ein. Die Vögel und kleinen Tiere, die den Wald von Terokkar bewohnten, verhielten sich ganz still, während zwei Orcs fröhlich und laut herumalberten. Durotan dachte, während sich seine Lippen hinter den sich noch ausbildenden Hauern verzogen, dass das Gebrüll wahrscheinlich mehr wie der grimmige Kriegsschrei klang, mit dem eine Jagd angekündigt wurde.
»Ha!«, grunzte Orgrim, setzte sich auf und knuffte Durotan spielerisch. »Es ist zu einfach, ein Bürschchen wie dich zu schlagen.«
»Du hast so viele Muskeln, dass dein Hirn völlig verkümmert sein muss«, antwortete Durotan. »Können ist wichtiger als Kraft. Aber der Schwarzfels-Clan hat davon natürlich keine Ahnung.«
In ihren Sticheleien lag keine Bosheit. Die Clans waren zuerst besorgt gewesen über die Freundschaft der beiden Jungen. Aber Durotans trotziges Argument, dass nur, weil etwas noch nie getan worden war, es nicht doch trotzdem getan werden konnte, hatte die Anführer beider Clans tief beeindruckt. Dabei half, dass die Frostwölfe und die Schwarzfelsen traditionell vom selben Temperament waren. Hätte Durotan eine solche Freundschaft mit einem Mitglied des Kriegshymnen-Clans oder den Knochenmalmern angestrebt, die für ihren enormen Stolz und das Misstrauen anderen gegenüber bekannt waren, wäre die kleine Flamme der Freundschaft sicherlich früh erloschen. So aber schauten die Älteren zu und warteten darauf, dass der Reiz des Neuen abstarb und jeder der Jungen wieder an seinen alten Platz zurückkehrte. Womit die Familienordnung wieder hergestellt wäre, die es gab, solange sich irgendjemand erinnern konnte.
Doch sie wurden enttäuscht.
Der Frost des letzten
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