WoW 01 - Aufstieg der Horde
Kristalle für dich gefunden.«
»Die sind mir nur von geringem Nutzen«, entgegnete Kil'jaeden, und Ner'zhul zuckte erneut zusammen. »Aber ich glaube, dein Volk wird sie in seinem Kampf gegen die Draenei gut brauchen können. Es ist euer Kampf, nicht wahr?«
Die Angst sorgte dafür, dass sich Ner'zhuls Herz zusammen-krampfte. »Natürlich, mein Herr! Es ist der Wille der Ahnen.«
Kil'jaeden schaute ihn einen Moment lang an, seine leuchtenden Augen versprühten Flammen. »Es ist
mein
Wille«, sagte er nur, und Ner'zhul nickte eifrig.
»Natürlich, natürlich, es ist dein Wille, und ich werde ihm stets gehorchen.«
Kil'jaeden schien zufrieden mit der Antwort und nickte. Dann war er verschwunden, und Ner'zhul sank zurück und wischte sich den Angstschweiß vom Gesicht.
Am Rande seines Blickfeldes sah er etwas Weißes blitzen. Gul'dan hatte alles beobachtet.
Wir hatten den Angriff schon seit einiger Zeit geplant, und letzte Nacht, als die bleiche Dame nicht schien, fielen wir über die schlafende kleine Stadt her. Niemanden ließen wir am Leben, nicht einmal die Kinder. Ihre Vorräte, Nahrung, Rüstungen, Waffen und einige merkwürdige Gegenstände, die wir nicht kennen, wurden als Beute zwischen den beiden verbündeten Clans aufgeteilt. Ihr Blut, blau und dick, trocknet auf unseren Gesichtern, und wir feiern den Sieg mit einem Tanz.
Es stand noch mehr in der Nachricht, aber Ner'zhul las es nicht. Obwohl sich die Details unterschieden, war der Inhalt der Briefe immer der gleiche. Ein erfolgreicher Angriff, Ehre beim Töten, die Ekstase beim Blutvergießen. Ner'zhul warf einen Blick auf einen Stapel Briefe, die er am Morgen erhalten hatte. Es waren insgesamt sieben.
Mit jedem Monat, der verging, selbst während des langen, harten Winters, wurden die Orcs immer geübter im Töten der Draenei. Mit jedem Sieg hatten sie mehr über ihren Feind erfahren. Die Steine, die Durotan dem Schamanen gegeben hatte, erwiesen sich als äußerst wertvoll. Ner'zhul arbeitete mit ihnen, zuerst alleine, dann zusammen mit anderen Schamanen. Den roten Stein nannten sie das
Herz der Wut.
Wenn der Anführer eines Überfalls ihn trug, kämpfte nicht nur er selbst besser und mit mehr Wut, sondern auch jeder einzelne Krieger, der unter seinem Befehl stand. Der Stein wurde bei jedem neuen Mond von Clan zu Clan weitergereicht und war sehr begehrt.
Trotzdem wusste Ner'zhul, das niemand es wagen würde, ihn zu behalten.
Den zweiten Stein nannte er
Leuchtender Stern.
Trug ein Schamane den Kristall, erhöhten sich seine geistigen Fähigkeiten. Während das
Herz der Wut
Emotionen aufwallen ließ und sie noch erhöhte, hatte der
Leuchtende Stern
eine beruhigende Wirkung. Die Gedanken liefen schneller ab und waren präziser, und man konnte sich länger konzentrieren. Das Ergebnis war machtvolle Magie, vollkommen kontrolliert ein weiterer Schlüssel zum Sieg der Orcs. Die köstliche Ironie, dass sie die Magie der Draenei gegen sie selbst einsetzten, hob die Moral unter den Orcs zusätzlich an.
Aber all diese Dinge ermutigten Ner'zhul nicht. Die plötzlichen Zweifel, die ihm während des Gesprächs mit Durotan gekommen waren, fraßen sich bis in seine Knochen. Er versuchte sie niederzuzwingen. Gleichzeitig hatte er Angst, dass Kil'jaeden vielleicht seine Gedanken lesen konnte. Aber die Zweifel waren wie Maden, die sich von seinem Körper nährten und im Schlaf und wachen Zustand an ihm nagten. Kil'jaeden sah den Draenei sehr, sehr ähnlich. Konnte es sein, dass sie von derselben Art waren? Und wurde er, Ner'zhul, nur benutzt für etwas wie einen Bürgerkrieg?
In einer Nacht konnte er es nicht länger aushalten. Leise zog er sich an und kletterte auf seinen Wolf Skychaser, der sich streckte und ihn schläfrig anblinzelte.
»Komm, mein Freund«, sagte Ner'zhul liebevoll, als er sich auf den Rücken des großen Tiers setzte. Er war vorher noch nie zum heiligen Berg geritten. Immer war er, wie es die Tradition gebot, gelaufen. Aber er musste zurück sein, bevor er vermisst wurde, und er war sicher, dass die Dringlichkeit seiner Mission diesen Verstoß rechtfertigte.
Es war beinahe schon Frühling, fast schon Zeit für das Kosh'harg-Fest. Aber der Frühling erschien ihm trotzdem weit weg, als der kalte Wind in Ner'zhuls Nase biss. Er hüllte sich in seinen Mantel, dankbar für die Wärme des massigen Wolfs, und schützte sich so gut es ging vor dem Wind und dem Schnee.
Der Wolf hastete durch das Gestöber und kam dennoch nur
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