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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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seine Hand auf die Stirn. » Edumare jomo tuntun o dagba .« Die Anwesenden gaben murmelnd ihre Zustimmung.
    Wie auf ein Zeichen kam plötzlich Bewegung in die Menge. Einige verschwanden in der Küche, andere schlenderten in den Garten hinaus, um dort eine Zigarette zu rauchen und sich zu unterhalten. Schon bald war das Wohnzimmer halb leer. Abayomi kam auf Richard zu.
    »Ist es jetzt vorbei?«, fragte er.
    »Nein, das war erst der Anfang. Jetzt folgt das Fest. Und das endet morgen früh. Aber keine Sorge«, fügte sie hinzu, als sie seine schockierte Miene bemerkte. »Ich werde dich nicht die ganze Nacht über festhalten.«
    In der Bemerkung lag eine Zweideutigkeit, die noch nachklang, als sich Abayomi bereits wieder einer anderen Frau zuwandte und sie umarmte. Richard betrachtete bewundernd Abayomis Taille und die sanft geschwungene Linie aus dunkler Haut, die sich über ihrer Jeans zeigte - bis er den Pastor neben sich bemerkte. Hastig blickte er weg, auch wenn es ihm vorkam, als hätte ihm dieser in seiner Bewunderung einen Moment lang Gesellschaft geleistet.
    »Wie ich sehe, hat Sie die große Mama inzwischen losgelassen«, meinte der Pastor. »Jetzt ist Ihre Chance gekommen zu fliehen, nicht wahr?« Er lachte leise, gab sich dann aber hastig Mühe, ein ernstes Gesicht zu machen. Richard spürte, wie sich erneut dürre Finger um sein Handgelenk legten. »Zu früh gefreut«, murmelte der Pastor und verschwand zwischen den Gästen.
    »Komm mit mir, mein Junge«, forderte die alte Matriarchin Richard auf. »Du musst essen. Du brauchst viel Kraft.«

    Sie zog an ihm wie ein Kind, das seinen älteren Bruder an der Hand nimmt. Richard folgte ihr widerstrebend. Es gefiel ihm nicht, schon wieder von Abayomi getrennt zu werden. Er wurde aus dem Haus und seitlich daran entlanggeführt. Der Hintergarten war sandig und ungepflegt, aber die fröhliche Menge der Gäste verlieh ihm dennoch einen festlichen Charakter. Man hatte mehrere Tapeziertische aufgebaut und mit weißen Tüchern bedeckt. Töpfe mit Essen wurden herausgetragen und neben Schalen voller Früchte gestellt.
    Die junge Mutter trat erneut zu Richard. Das Kind befand sich inzwischen nicht mehr in ihren Armen. Aber sie hielt einen Teller mit Essen in der Hand, den sie ihm mit gesenktem Kopf reichte.
    »Das war eine wunderbare Zeremonie«, stammelte Richard. Sie blickte mit einem Strahlen in den Augen zu ihm hoch und bot ihm dann noch einmal den Papierteller an, auf dem löffelweise farbenfrohes Essen lag. Das Ganze sah eher nach einer köstlichen Darbietung aus als nach etwas Essbarem. Richard dachte an die sterilen Rituale, die Amandas Dinnereinladungen prägten. Hier in diesem Haus schienen die Speisen eher mit dem Herzen als mit der bloßen Absicht gekocht worden zu sein, beeindrucken zu wollen. Er dankte der jungen Frau und nahm den Teller entgegen. Für einen Moment, als er seine Hand unter die schwer beladene Pappe legte, berührten sich ihre Finger.
    »Sehr gern«, erwiderte sie und neigte den Kopf. Dann sah sie wieder zu ihm auf und schenkte ihm ein kurzes Lächeln voller Liebreiz. Richard verspürte dasselbe vage Schuldbewusstsein, wie wenn er sich dabei erwischte, wie er die Freundinnen seiner Tochter beobachtete, wenn sie gemeinsam am Pool lagen. Es war unverzeihlich, aber auch unvermeidbar.
    Die alte Frau schnalzte scharf, und die junge Mutter eilte hastig ihrer Wege.

    »Das ist Kokoro «, erklärte seine Begleiterin, »gemacht aus Maismehl und Zucker, in Öl frittiert.« Sie zeigte auf einen goldbraunen Kloß und berührte ihn fast mit ihrem gekrümmten Finger. Richard senkte unwillkürlich den Teller, doch sie folgte der Bewegung und wies auf ein Fleischspießchen. »Das ist Suya mit gemahlenem Kulikuli. Magst du Bohnen? Wir nennen sie Ewa . Das da.« Sie wanderte mit den Fingern zu einem Häufchen rötlicher Bohnen und schnappte sich eine davon, um sie zu probieren. Dann steckte sie den Finger in den Mund und lutschte daran. »Die hat meine jüngste Tochter gekocht. In der Küche ist sie großartig. Aber nicht so toll im Bett. Kein Mann, keine Kinder.« Sie grinste ihn mit ihren dunkel verfärbten Zähnen an und bohrte ihm spielerisch den Finger zwischen die Rippen.
    »Komm schon, iss. Und sag mir, wie es dir schmeckt.«
    Richard gehorchte und schob die Plastikgabel in die Bohnen. Seine Nase nahm die Schärfe des Pfeffers wahr, als er das Essen in den Mund steckte. Der Geschmack kam ihm seltsam vertraut vor, fast wie eine erdverbundenere Variante

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