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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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kurz bevor sie brach.
    Er nahm das Glas und schüttete den ganzen Whisky auf einmal hinunter. Als er es Abayomi zurückgab, lächelte er sie jungenhaft an. »Dein Freund sollte inzwischen auf Kaution frei
sein«, bemerkte er und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.
    Abayomi erstarrte und richtete den Blick dann auf einige Kinder, die mit Stoffen spielten, indem sie diese wie Flaggen über ihre Köpfe hielten und damit wedelten. »Es ist schiefgelaufen«, erklärte sie und nippte an ihrem Whisky. »Ich konnte nicht da sein, aber ein Freund hat die Kaution hinterlegt. Trotzdem hat man ihn nicht freigelassen. Ich verstehe das nicht. Ich weiß nicht, was passiert ist.«
    Richard sah sie stirnrunzelnd an. »Das kann nicht sein. Man kann nicht einfach die Kaution nehmen und den Angeklagten dann nicht freilassen. Wer hat das Geld genommen? Hast du einen Beleg dafür?«
    Abayomi antwortete nicht.
    »Abayomi«, drängte er sie. »So läuft das nicht. Da stimmt irgendwas nicht.«
    »Das habe ich mir auch gedacht«, erwiderte sie so leise, als spräche sie mit sich selbst.
    Eine Weile standen sie schweigend da, während die Musik in den kleinen Garten hinausdrang. Dann trank Abayomi noch einen Schluck Whisky, wobei sie das Gesicht verzog. Fast kam es Richard so vor, als ob sie sich innerlich zu wappnen schien. Schließlich legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und berührte mit ihrem Mund fast sein Ohr, damit sie ihm etwas zuflüstern konnte.
    »Ich muss dich um einen Gefallen bitten.« Ihr Atem roch nach gewürztem Kaffee. Ihre Nähe war erregend. »Ich habe den Schlüssel zum Studio dabei. Ich gebe dir eine Massage, und dann können wir reden.«

15
    Ifasen hatte erwartet, dass die Zelle leer sein würde. Es war ein schmaler Raum mit zwei einander gegenüberstehenden Holzpritschen. Drei Männer saßen dort, redeten leise miteinander und rauchten, zwei auf der einen und einer auf der anderen Seite. Als Ifasen unter der Tür auftauchte, blickten sie auf und wurden still. Der Gefängniswärter stieß ihn unsanft hinein.
    »Hallo«, sagte Ifasen freundlich.
    Das Metallgitter fiel hinter ihm ins Schloss. Die Häftlinge schwiegen. Einer sog lautstark an seiner Zigarette, um dann den dichten Rauch in Ifasens Richtung zu blasen. Ifasen setzte sich an den Rand einer der Pritschen in der Nähe der Tür, die Augen auf den Boden gerichtet. Er spürte die Bewegung des Mannes, der neben ihm saß. Keiner sprach ein Wort. Der Rauch hüllte sie ein, ehe er langsam in Richtung eines schmalen Spalts zwischen der Scheibe und dem Fensterrahmen wehte, wo er von der Luft nach draußen gezogen wurde.
    Die Männer hatten kurz geschorenes Haar. Einer von ihnen war fast kahl. Sein Hinterkopf wirkte deformiert, und eine dicke Hautfalte ragte wie eine Leiste hervor. Der Mann, der von Ifasen am weitesten entfernt saß, wirkte noch am weichsten. Er strahlte beinahe etwas Trauriges aus, wie er so vornübergebeugt und mit hervorquellendem Bauch da hockte. Ifasen wagte nicht, die
Männer genauer zu mustern, da er befürchtete, sein Interesse könnte eine ungewollte Reaktion hervorrufen.
    Auf dem Weg hierher hatte er versucht zu begreifen, was im Gericht vorgefallen war. Er war sich sicher, dass es sich um einen Irrtum handeln musste. Aus irgendeinem Grund hatte Abayomi seine Verhandlung versäumt, und er war so schnell wieder aus dem Gerichtssaal nach unten gebracht worden, dass er niemanden auf sein Problem hatte aufmerksam machen können. Niemand interessierte sich für sein Flehen. Man hatte ihn allein gelassen, verloren in einer monströsen Maschinerie, die ihn verarbeiten und erst wieder ausspucken würde, wenn sie fertig mit ihm war.
    Er hatte versucht, sich über diese Ungerechtigkeit aufzuregen. Aber das Grauen, das ihn bei dem Gedanken erfasst hatte, nach Pollsmoor zurückgebracht zu werden, hatte alles andere verdrängt. Eine weitere Woche im Gefängnis würde er nicht überstehen. Während der Fahrt vom Gericht zur Haftanstalt hatten seine Hände unkontrolliert zu zittern begonnen, und als er schließlich eingetroffen war, bebte er am ganzen Körper und war schweißüberströmt. Verzweifelt hatte er den Wärter am Arm gepackt und ihn angefleht, ihn in eine Einzelzelle zu stecken. Der Mann, ein schwerer Kerl mit hellrotem Haar und Sommersprossen, schien von der Bitte überrascht, ja sogar belustigt zu sein. Aber er sprach mit einem Vorgesetzten, und nach einigem Hin und Her hatte man Ifasen von den anderen wartenden Häftlingen getrennt und

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