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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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hinab, und er merkte, wie sein Körper allmählich auf den Alkohol reagierte. Wie sehr er sich doch nach der verschwommenen Trübheit eines Rausches sehnte!
    David war ein großer Mann mit Sommersprossen, die sein ganzes Gesicht bedeckten. Als Student hatte er sein rotes Haar in einer wilden Mähne getragen, die bei jeder Bewegung mitgewippt war. Auf Frauen hatte er eine unwiderstehliche Wirkung gehabt und so eine Reihe katastrophaler Beziehungen hinter sich gebracht. Er besaß eine naive Ehrlichkeit, die in kleinen Dosen liebenswürdig wirkte, aber für die meisten seiner Freundinnen nach einer Weile unerträglich wurde. David benahm sich so, als wäre er ständig bekifft, indem er unpassend ernsthafte Fragen stellte, was ihm selbst jedoch nicht auffiel. Er war stets fasziniert von der jeweiligen Unterhaltung, und in Wirklichkeit besaß er kaum Erfahrungen mit Drogen. Seine Exzesse beschränkten sich vor allem auf Alkohol.
    Sein Lebenshunger und seine Frauengeschichten waren geradezu legendär. Er sprang wie ein Welpe von einer Verliebtheit zur nächsten, platzte tollpatschig in fremde Leben und hinterließ dort eine Spur wohlmeinender Zerstörung. Seine Freunde waren erleichtert, als Charmaine schließlich zustimmte, seine Frau zu werden. Sie schien seine Art gelassen hinzunehmen, doch schon bald stellte sich heraus, dass auch ihre Gegenwart nichts an seinen fatalen Angewohnheiten änderte. Ihre Beziehung war bestimmt von seinen außerehelichen Affären und Schwärmereien.
    »Es ist einfach so … Na ja, wir brauchen alle von Zeit zu Zeit mal etwas Abwechslung … Schließlich haben wir nur dieses eine Leben, das wir genießen können, nicht wahr? Da ist es doch nur
natürlich, dass man alles auskosten möchte. Das ist nur natürlich. Findest du nicht?«
    David plapperte vor sich hin, als wäre er bereits stark betrunken; in Wahrheit hatte er erst ein oder zwei Glas Bier intus. Richard kannte das ziellose Ringen seines Freundes um Worte, vor allem wenn er sich Sorgen machte oder ihm etwas Persönliches mitteilen wollte.
    »Wir alle brauchen das von Zeit zu Zeit. Selbst du, Richard«, fügte David hinzu.
    Zum ersten Mal sah ihn Richard direkt an. »Was meinst du damit?«
    Die Frage klang kalt und herausfordernd, und David zögerte einen Moment mit der Antwort. »Na ja … Also hörst du mir wenigstens zu.« Er wirkte auf einmal verunsichert wie ein zurechtgewiesenes Kind. »Ich habe nur gemeint … Nun, ich meine, dass wir alle - einschließlich dir - manchmal etwas Abwechslung brauchen. Um nicht das Interesse zu verlieren. So sind wir, wir Männer. Jäger und so. Du weißt schon …«
    Richard blickte ihm wütend in die Augen. »Keefer, nur weil du deinen Schwanz nicht in der Hose behalten kannst, heißt das noch lange nicht, dass wir alle zu deinem armseligen Lager gehören. Ich habe kein Problem damit, Amanda treu zu sein, und ich habe auch nicht vor, das zu ändern. Erzähl mir also meinetwegen von deinem neuesten Problem, aber tu nicht so, als ob deine Probleme in Wirklichkeit auch die meinen wären. Denn das sind sie nicht.« Wieder fühlte er sich etwas zu anständig.
    David murmelte etwas Unverständliches und trank sein Bier mit einem Schluck leer. Bedrückt starrte er auf den Boden des Glases, als hoffte er, darin eine Antwort zu finden, die wie eine tote Fliege im kläglichen Rest des Bieres triebe.
    Richard hatte keine Lust auf eine betrunkene Diskussion über die emotionalen und sexuellen Bedürfnisse seines Freundes -
nicht mit David und schon gar nicht mitten in einem Stripclub. Doch so ungeschickt Davids Bemerkungen auch gewesen sein mochten, so hatten sie Richard doch in seiner zunehmenden Niedergeschlagenheit getroffen. Er hatte das Gefühl, als durchliefe er sein Leben so flüchtig wie ein Stein, der über einen See springt, in kurzen, vorhersehbaren Sprüngen, hie und da unterbrochen von kleinen Wasserspritzern, niemals unter die Oberfläche tauchend, um die dunklen Tiefen darunter auszuloten. Momente trunkener Bewusstseinsveränderung fühlten sich wie Leben an, aber sie waren nur ein erbärmlicher Ersatz. Er sehnte sich nach der erhabenen Mischung aus Leid und Rausch, den verzweifelten Empfindungen, die eine neue Liebe mit sich brachte. Deutlich konnte er sich an die heftigen Qualen seiner Liebe zu Amanda erinnern, an die durchdringende Freude bei jedem Zusammensein.
    Beseeltheit und Aufregung waren unbemerkt verschwunden und von einer dumpfen Abhängigkeit ersetzt worden. Ihre Beziehung war

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