Wüstenfeuer
versteckt«, sagte er mit dem Anflug eines Grinsens. »Er befindet sich nur ein wenig außer Reichweite.«
6
»Noch eine Tasse Tee, Scheich?«
Der Gast nickte, während sich sein Gastgeber anschickte, schwarzen Tee in seine Tasse einzuschenken.
Mit knapp dreißig Jahren war er der jüngste von fünf Söhnen einer der Herrscherfamilien der Vereinigten Arabischen Emirate. Er war von eher schmächtigem Wuchs und trug ein makellos gebügeltes schneeweißes Kopftuch, das mit einer golddurchwirkten Agal befestigt war und kaum vermuten ließ, dass seine Familie über ein Milliardenvermögen an Petrodollars verfügte.
»Die Bewegung des Mufti scheint in der Türkei eine gesunde Basis zu haben«, sagte er und stellte die Teetasse auf den Tisch. »Ich freue mich über die Fortschritte, von denen Sie berichtet haben.«
»Mufti Battal hat eine treue Gefolgschaft«, erwiderte der Gastgeber und blickte zum Porträt eines weise aussehenden Mannes in schwarzem Gewand und Turban, das an einer der Wände des Raumes hing. »Die Zeiten und die Verhältnisse haben der Bewegung zu verstärktem Zulauf verholfen, und die zunehmende Popularität des Mufti hat ihr Ansehen enorm gesteigert. Uns bietet sich nun endlich die realistische Gelegenheit, die Türkei und ihre Rolle in der Welt grundlegend zu verändern.
Um eine solche Veränderung herbeizuführen sind natürlich beträchtliche Ressourcen erforderlich.«
»Ich engagiere mich für das Anliegen hier genauso, wie ich mich für die Muslimbruderschaft in Ägypten engagiere«, entgegnete der Scheich.
»Genauso wie unsere ägyptischen Brüder werden wir uns im Namen Allahs vereinen«, sagte der Gastgeber und verneigte sich.
Der Scheich erhob sich und durchquerte das Hochhausbüro, das so aussah und auch eine Atmosphäre hatte wie eine Moschee. Kleine Kelim-Gebetsteppiche waren auf einer freien Fläche vor einer nach Mekka ausgerichteten Mihrab ausgebreitet. Vor der gegenüberliegenden Wand stand ein hohes Bücherregal, das mit alten Ausgaben des Koran gefüllt war. Nur ein großes strahlendes Panoramafenster lockerte die strenge und Andacht heischende Inneneinrichtung etwas auf.
Der Scheich trat ans Fenster und bewunderte den Ausblick, der sich ihm bot. Das Bürohochhaus stand auf dem asiatischen Ufer des Bosporus und gestattete einen atemberaubenden Blick auf das alte Istanbul am europäischen Ufer auf der anderen Seite des schmalen Wasserwegs. Der Scheich betrachtete die Minarette der Süleyman-Moschee in der Ferne.
»Istanbul hat großen Respekt vor der Vergangenheit, so wie es sich auch gehört«, sagte er. »Man kann nicht zu Größe gelangen, wenn man nicht die Vergangenheit würdigt und sie als Fundament benutzt.«
Er wandte sich zu seinem Gastgeber um. »Meine Brüder wurden im Westen erzogen und ausgebildet. Sie tragen englische Anzüge und haben ein Faible für schnelle Automobile«, sagte er abfällig. »Aber Sie sind nicht so wie sie.«
»Nein«, erwiderte der Scheich nachdenklich. »Ich habe die islamische Universität in Medina besucht. Seit meiner Jugend habe ich mich Allah verschrieben. Es gibt keinen wichtigeren Sinn im Leben, als das Wort des Propheten zu verkünden.« Er wandte sich vom Fenster ab.
»Die Gefahren, die uns drohen, werden nicht weniger«, sagte er. »In Kairo zünden Zionisten in der Al-Azhar-Moschee eine Bombe, doch niemand auf der Welt entrüstet sich darüber.«
»Mufti Battal und ich sind entrüstet.«
»Ich ebenso. Derartige Taten dürfen nicht ignoriert werden«, sagte der Scheich.
»Wir müssen das Fundament unseres Hauses stärken, um allen feindlichen Mächten von außen widerstehen zu können.«
Der Scheich nickte zustimmend. »Wie Sie wissen, bin ich mit einem beträchtlichen Vermögen gesegnet. Ich werde die Sunniten hier weiterhin unterstützen. Ich teile in vollem Umfang die Weisheit Istanbuls, was die Würdigung unserer Vergangenheit betrifft.«
»Mit ihrer Hilfe wird uns der Segen Allahs zuteilwerden.«
Der Scheich ging zur Tür. »Ich werde die Überweisung der Gelder in Kürze veranlassen. Bitte bestellen Sie Mufti Battal meine herzlichen Grüße.«
»Er wird dankbar und erfreut sein. Allah sei gepriesen.«
Der Scheich reagierte in gleicher Weise, und dann gesellte er sich zu einer Gruppe Begleiter, die ihn vor der Tür erwartete. Als die arabischen Besucher das Foyer verlassen hatten, schloss der Gastgeber die Tür, kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und nahm einen Schlüssel aus der obersten Schublade. Er schloss
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