Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
Fähigkeit, sich zu wandeln, zeigte ebensoviel Zuversicht wie Skepsis.
    »Hat Amenena etwas über mich gesagt, Elias?«
    »Ja. Sie hat gesagt, daß du den Weg der Träume suchst.«
    Da war es wieder, dieses Flattern im Magen, und stärker als zuvor.
    Wie ein Stein in tiefe Wasser fällt und Wellen auslöst, begann etwas in mir zu glühen und zu vibrieren. »Wie kam sie darauf, das zu sagen? Sie kennt mich doch gar nicht!«
    Ich hörte ihn leise lachen. Er vergrub seinen Mund in meinem Haar.
    Mein Kopf fühlte sich unter der leichten Berührung ganz warm an; jede Pore wurde lebendig und prickelte.
    »Aber gewiß doch: das blonde Feenkind. Amenena war im Königslager, bei Abalessa, zur gleichen Zeit wie du. Ihre Seriba stand gleich neben der des Amenokals. Kannst du dich nicht mehr erinnern?«
    Ich antwortete müde: »Nein. Es ist seltsam, Elias, ich erinnere mich kaum an diese Zeit und noch viel weniger an die Menschen. Als ob ich irgendwann mal eine Trennwand aufgebaut hätte.«
    »War das, als dein Vater starb?«
    Ich wandte mich ihm zu.
    »Ich wollte keine Erinnerungen mehr.«
    »Ich verstehe.«
    Mit beiden Händen wischte ich langsam über mein Gesicht, über die Augen. Da war etwas in mir, das sich immer wieder entzog, ich konnte nicht einmal ahnen, was es war.
    214
    »Hast du gewußt, daß ich kommen würde?«
    Er betrachtete mich mit größter Aufmerksamkeit. Seine Stimme klang unverändert ruhig.
    »Nein. Ich bin nur ein Mann. Die Zwiesprache mit den Geistern ist den Frauen vorbehalten. Aber als ich dich sah, da fühlte ich dich ganz nahe, unglaublich nahe. Es war für mich ein Augenblick absoluter Verblüffung.«
    »Verstandesmäßig nicht nachzuvollziehen?«
    »In keiner Weise.«
    »Da hast du mich gut hinters Licht geführt. Ich habe nichts bemerkt.«
    »Ich wollte mich nicht lächerlich machen.«
    Ich versuchte, mir Amenenas Gesicht in Erinnerung zu rufen, aber ihr Bild blieb verschwommen. Und mit einem Mal hatte ich das Gefühl, als dringe etwas an die Oberfläche meines Bewußtseins: ein Erkennen, eine Wahrheit.
    »Ich glaube«, sagte ich zögernd, »daß ich von ihr geträumt habe.«
    »Von Amenena?«
    Ich atmete tief durch. Ich spürte seine plötzliche Wachsamkeit.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil wir von Träumen sprechen. Ich habe oft von einer Frau geträumt. Zum erstenmal, als ich mein Filmprojekt ausarbeitete. Und später dann wieder. Es war merkwürdig, ich dachte sogar tagsüber an sie. Das letzte Mal, als ich von ihr träumte, trug sie einen Fellmantel mit Fransen. Karminrot, wenn ich mich richtig entsinne…«
    Ich hörte, wie Elias’ Herz schneller klopfte und einen Moment kurz aussetzte.
    »Ein Teguelmin?« murmelte er. »Als kleiner Junge habe ich gesehen, wie ein paar Großmütter diese Mäntel trugen. Und heute, soviel ich weiß, gibt es außer Amenena keine andere Frau, die noch einen solchen Umhang besitzt.«
    Ich blieb stumm. Ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Das Gefühl, daß jetzt alles möglich war.
    »Und was sonst noch?« fragte Elias.
    Ich schluckte würgend.
    »Was sie sonst noch gemacht hat? Sie hat gesprochen, glaube ich, aber ich habe nie ein Wort verstanden. Einmal gab sie mir ein Zeichen… so!«
    Ich ahmte die Geste nach.
    »Was hat das zu bedeuten, Elias?«
    215
    »Sie hat etwas bewirkt.«
    »Ohne daß ich es wußte?«
    Elias legte die Hand auf meine Brust, liebkoste sie mit den Fingerspitzen. Ich sah, wie seine Lippen sich zu dem typischen halben Lächeln verzogen, das gleichzeitig versonnen und spöttisch war.
    »Ich denke, daß sie dich sehen will.«
    Ich zuckte zusammen.
    »Das sagst du nur, damit ich wiederkomme.«
    »Vielleicht.«
    Gelassen fuhr er fort, mich zu streicheln, mit weichen Fingerkuppen, die zart und behutsam meine Haut liebkosten. Ich spürte die Feuchte des Verlangens in meinem Mund, ein pochendes Brennen im Unterleib. Ich war so müde, gegen meine eigene Sehnsucht zu kämpfen; der Wüstenmond drang in meinen Kopf, in seinem grünen Katzenauge leuchtete die Vergangenheit meiner Mutter. Ja, der Wüstenmond war tückisch; er nahm mich gefangen. Mit einem Mal war mir richtig schwindlig. Elias sagte leise:
    »Es kommt nur auf dich an.«
    Ich war zu plötzlichen Entschlüssen fähig, aber ich mißtraute solchen Gefühlen; sie konnten mich zu den verrücktesten Torheiten verführen. Das war eine alte Erfahrung. Ich fühlte mich zerschlagen, ich war plötzlich alles so leid. Das Lustgefühl, das in mir pulste, war kaum zu ertragen. Wie eine

Weitere Kostenlose Bücher