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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Tuareg ebenso bereit, ein Vermögen zu zahlen, wie für ein gutes Reitkamel. Prahlerei? Ja sicher, aber da war mehr: eine Art uralter Instinkt, der sie antrieb, so daß sie gar nicht anders handeln konnten. Eine gewisse Vollendung mußte sein. Noblesse oblige.
    Die Sonne brannte unbarmherzig herab. Mir stieg der beißende Geruch in die Nase, der dem Urin verschwitzter Kamele entströmt.
    Inzwischen löste Elias die Reisetasche, deren kupfernes Schloß in der Sonne blinkte, vom Sattel; ferner einen Guerba –
    Wasserschlauch – und die Schüssel aus Messing. Schließlich band Elias dem Mehari die Tiffart, die Fußfesseln, locker um die Vorderfüße, so daß es sich, leicht hüpfend, im weiteren Umkreis auf Futtersuche begeben konnte. Schon bald senkte Atlar den Kopf nach den Pflanzen, die vereinzelt auf dem versandeten Boden wuchsen.
    Ihr Gelbgrün hob sich von der kargen Umgebung ab; ich bemerkte, wie sich die dünnen Blätter senkrecht zur Sonne aufrichteten, um der Hitze keine Angriffsflächen zu bieten. Elias warf mir einen 122
    lachenden Blick zu.
    »Kamele sind wählerisch. Atlar mag diese Pflanzen nicht. Aber er weiß genau, daß er hier nichts Besseres findet.«
    Die Hitze im Hochtal war höllisch, die Felswand strahlte zusätzlich Wärme ab. Wir holten den Proviant hervor. Elias hatte alles für die Zubereitung des Tees dabei. Die Sonne hatte den höchsten Punkt überschritten, und der starke Minztee brachte uns wieder zu Kräften.
    Wir beschlossen, mit zwei leichten Kameras und einem Minimum an Beleuchtungsinstrumenten das Gelände zu erkunden. Adil würde inzwischen im Lager bleiben. Seine langsame Atmung, der ebenfalls langsame Puls zeigten, daß die Gehirnerschütterung wahrscheinlich keine Folgen haben würde. Seine Sprache war wieder klar; er sagte, daß es ihm besser ginge und er mitkommen wollte. Aber Serge, der nicht zum Leichtsinn neigte, verpaßte ihm ohne Umschweife ein Beruhigungsmittel.
    »Der soll bloß nicht meinen, daß er wie ein Ziegenbock springen kann!«
    Elias hatte sich den Wasserschlauch über die Schulter gehängt. Er mußte ziemlich schwer sein, doch das schien ihm nichts auszumachen. Meinen fragenden Blick beantwortete er mit den Worten:
    »Wir werden bald Durst haben.«
    Er wechselte ein paar Sätze mit Adil und ging voraus, dem Berg entgegen. Das Beschwerliche war nicht der ziemlich steile Anstieg, sondern der Sand, der sich an manchen Stellen meterhoch türmte.
    Elias wählte den Weg durch das Geröll, der ihm offenbar sicherer schien. Die Felsen flimmerten in der Hitze, lilablaue Schatten zeichneten sich messerscharf vom gelbroten Boden ab. Wir waren es gewohnt, unsere Ausrüstung zu schleppen, aber hier war es derart heiß, daß alle – außer Elias – oft stehenblieben, um mit vorgeneigtem Oberkörper nach Atem zu ringen. Wir brauchten unsere ganzen Kräfte. Elias blieb jedesmal stehen, wartete geduldig, ging dann mit federnden, leichten Schritten weiter. So stiegen wir hoch und immer noch höher, und der Udan warf seinen gewaltigen Schatten über den Hang. Ich blickte hinüber zu dem Berg, der mich mehr und mehr in seinen Bann zog. Die Wüste vermittelte mir einen merkwürdigen Eindruck von Vollkommenheit. Vielleicht war ich dabei, mich neu zu erschaffen, vielleicht schon seit meiner Trennung von Henri. Immer wieder hatte sich etwas in mir geregt: etwas Vertrautes, das mich auf alte Fährten zurückführte. Mir kam die Frau 123
    aus meinem Traum in den Sinn, und auf einmal hatte ich den Eindruck, daß ich sie sah, als einen Umriß nur, leicht und flüchtig.
    Sie schwebte auf mich zu, verharrte und bewegte sich dann in einigem Abstand vor mir, als ob sie mir den Weg weisen wollte. Ich blinzelte verwirrt, und schon war sie verschwunden. Ich schalt mich selbst: Achte lieber auf deine Füße, du Närrin! Hier ist nicht der Ort, über Träume nachzudenken.
    Wir kletterten ohne Pause. Elias war als erster oben; ich kam als zweite, trat keuchend neben ihn. Er hob warnend die Hand. Ich beugte mich vorsichtig vor, mir stockte der Atem. Dicht vor unseren Füßen tauchte, wie der Einschnitt eines gigantischen Säbelhiebes, eine hundert Meter tiefe Schlucht auf. Hier mußte vor Jahrmillionen, bei einer Zuckung der Erdkruste, ein Teil der Hochebene abgebrochen und eingestürzt sein.
    Meine Leute waren jetzt auch da. Thuy stieg behende über die Steine. Die drei Männer, mit Instrumenten beladen, kamen als letzte.
    Sprachlos starrten wir in den von gelben Sandzungen bedeckten Talgrund.

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