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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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zu sich selbst.
    »Eine Mutation. Jetzt wird mir vieles klar.«
    In der Magengrube hatte ich ein merkwürdig kaltes Gefühl. Ich legte die Hand auf den Mund.
    »Was willst du damit sagen, Elias?«
    Er sah mich an, mit Qual in den Augen.
    »Es ist wie bei den Kindern.«
    »Du meinst, daß das Grundwasser verseucht ist?«
    Er nickte.
    »In den fünfziger Jahren zündeten die Franzosen bei In-Eker Atombomben. Die Versuche erfolgten unterirdisch. Nach dem Krieg wurde die Sperrzone geräumt. Jetzt hat sich die Radioaktivität durch die Erdschichten gefressen und das Grundwasser erreicht. Wir leben auf einem Vernichtungsdepot.«
    Ich holte gepreßt Atem. Das war es also gewesen. Die Angst, die ich empfunden hatte, war weder Wahn noch Neurose. Das Grauenhafte war sehr nah bei uns. Im Bruchteil einer Sekunde erkannte ich es, und der Schreck überfiel mich mit ungeheurer Heftigkeit. Schon möglich, daß ich überempfindlich reagierte. Tiere spüren Gefahren; sie haben einen sechsten Sinn für diese Dinge. Warum nicht auch Menschen?
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    »Ja, und was ist mit den Kindern?« stieß ich hervor.
    »Dasselbe wie mit den Molchen.«
    Elias’ Worte klangen hart, aber in seiner Stimme lag tiefste Verzweiflung. »Sie werden zweiköpfig, ohne Augen oder mit Armstümpfen geboren. Bei Jungen gibt es Mißbildungen am Geschlecht. Die Mütter sind untröstlich, schämen sich, verstecken ihre Mißgeburten. Manche werden umgebracht…«
    Ich gab mir alle Mühe zu schlucken, aber mein Mund war so trocken, daß mir die Zunge am Gaumen kleben blieb.
    »Ich habe auch Mutationen bei Kamelfüllen gesehen. Und bei Ziegen. Ich dachte, das kommt vor. Aber ich war dumm, ich habe nichts begriffen…«
    Er schlug sich mit der Faust an die Stirn. Ich erschauerte; es fehlte nicht mehr viel, und ich hätte geschrien. Ich starrte auf die Molche, die sich an unsere Anwesenheit offenbar gewöhnt hatten, und sah kein Tier, das nicht auf die eine oder andere Art mißgebildet war.
    Irgendwie mußte ich bei Verstand bleiben, das Entsetzen zurückhalten. Ich hob die Kamera vor die Augen und preßte zwischen den Zähnen hervor:
    »Du bist mir im Licht, Elias.«
    Er rückte etwas auf die Seite. Ich drehte. Da waren sie wieder, die kleinen Gespenster. Im Sucher meiner Kamera. Zoom auf sie.
    Großaufnahme, festgehalten für immer. Die ekelhaftesten Tiere, die ich je gesehen hatte. Und trotzdem Opfer auch sie; Opfer der menschlichen Gewalt. Ich spürte eine wütende Spannung in mir, meine eiskalten Hände hinterließen feuchte Spuren auf der Kamera.
    Verbissen drehte ich weiter, bis Elias meine Schulter berührte.
    »Es ist besser, wir gehen.«
    Ich nickte stumm; ja, es mochte gefährlich hier sein. Aber die Welt war kaputt, es war alles so schrecklich alltäglich. Also beherrsche dich gefälligst, und werde nicht hysterisch.
    Roccos Stimme polterte in den Schacht. Ob wir es schön hätten, da unten? Und ob es nicht vielleicht sinnvoller wäre, den Scheinwerfer abzuschalten und Batterie zu sparen, ja?
    »Schon gut, wir kommen!« rief ich hinauf. Meine Stimme kam mir rauh und fremd vor. Als ich das Seil verknotet hatte, warf ich einen letzten Blick umher. Der Ort schien verlassen zu sein für die Gespenster, die sich regten. Unter dem Abbild der ewig wandernden Sternbilder krochen die Monster der Zukunft aus verseuchten Pfützen. Vielleicht würden Vergangenheit und Zukunft eines Tages 187
    verschmelzen; die Erde dorthin zurückkehren, wo die Geschichte noch nicht begonnen hatte. Und wie zu Zeiten, die keines Menschen Auge gesehen, das Phantom versiegter Gewässer im Atem der Stürme rauschen, die über den toten Planeten zogen.
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19. Kapitel
    »L eg deinen Kopf an meine Schulter«, sagte Elias. Er saß mit dem Rücken gegen den Felsen gelehnt, ich schmiegte mich an ihn und spürte seinen Atem in meinem Haar. Meine Muskeln schmerzten von der Kletterei, und ich hatte einige blaue Flecken. Mein Gesicht brannte, meine Augen waren trocken und gerötet. Auch das Filmen hatte Mühe gemacht, meine Finger fühlten sich ganz steif und schwer an. Etwas Wind wehte, brachte den Geruch des Sandes mit.
    Man konnte den Sand riechen, diesen scharfen, etwas salzigen Geruch. Ob der Sand auch verseucht war?
    Elias sagte:
    »In dieser Sache nehme ich an, daß Algerien und Frankreich längst unter einer Decke stecken. Fünfzig Jahre ist das jetzt her, man wird geologische Studien gemacht haben. Irgendwie mußte eine Lösung gefunden werden, man konnte das Problem ja nicht aus der Welt

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