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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Furcht, verstoßen zu werden. Und zwar nicht im eigentlichen, sondern im übertragenen Sinn: Er wird aus dem ›Inneren‹ der Gruppe an den Rand gedrängt, wo Furcht und Schrecken herrschen. Einer Frau kann das niemals geschehen: Sie besitzt ja das Zelt, in dem der Mann nur Gast ist.«
    »Ich muß versuchen, das zu verstehen«, sagte ich ganz leise.
    »Was ist denn daran so schwer?«
    »Es ist eine andere Welt.«
    »Wir leben in verschiedenen Welten, das schon. Doch Amenena sagt, es gibt eine Brücke dazwischen.«
    »Das wäre schön. Aber wo ist sie?«
    Jedesmal, wenn er von Amenena sprach, empfand ich ein merkwürdiges Flattern in der Magengrube, das Gefühl, daß mich mit ihr etwas sehr Persönliches verband. Aber ich hätte nicht sagen 199
    können, was es war.
    »Wir sind beide von derselben Art«, sagte Elias. »Früher oder später werden wir sie finden.«
    Er schloß mich in seine Arme, als nähme er mich ganz in sich auf; es war ein Gefühl, das ich bei anderen Männern nie gekannt hatte. In der Dunkelheit sah ich sein Gesicht. Er hatte mir schon so viel gegeben: das Lachen, das in seinen Augen tanzte; die Anmut seiner Bewegungen; die Zärtlichkeit, mit der er meinen Körper liebkoste.
    Das ganze starke Leben, das ihm entströmte; die Kraft seiner Erregung, die sich in seinen Zügen spiegelte, und sein warmes, mitfühlendes Herz. Vielleicht verdankte er seine Sicherheit und Ausgeglichenheit der ihn umgebenden Natur; er hing von ihr ab wie ein Blatt von einem Zweig. So wie die Wüste in trügerischsanfter Schönheit heitere Morgendämmerungen, perlmuttschimmernde Abende offenbarte, so vermochte sie jederzeit jedes Wesen aus Fleisch und Blut anzugreifen, wenn diesem die Kräfte versagten.
    Und doch war auch die Wüste – wie jedes Lebewesen – verletzlich.
    Die Krankheit verbarg sich in den Tiefen unsichtbarer Wasseradern.
    Und ich dachte daran, daß eines Tages die Wege zum Brunnen für immer versperrt sein würden. Das Leben schwand dahin, das Ende würde kommen, schon bald. Die Ihaggaren waren nur einer der vielen Träume der Erde. Sie lebten außerhalb der Zeit. Doch jetzt holte die Zeit sie ein. Die sterbende Wüste schluckte sie alle. Und das war entsetzlich. Ich verdrängte diesen Gedanken, wie man das mit Worten von übler Vorbedeutung tun muß; mein Vater war ein Targui gewesen, der Instinkt mochte in mir stecken. Aber es war die falsche Art, an die Sache heranzugehen. Ich wollte nicht irgendwelche Pläne schmieden, in denen ich mein Leben mit dem seinen verband. Ich brauchte eine Zone der Distanz.
    »Und seitdem du nicht mehr in der Präfektur bist«, sagte ich, nach längerer Stille, »was treibst du eigentlich so?«
    Er sah mich an.
    »Tja. So manches. Zum Beispiel kann ich Kamele melken.«
    Das war besser, viel besser. Ernsthaftigkeit hatte ich satt. Ich wischte mir über die Augen und entspannte mich.
    »Ist das nicht Sache der Frauen?«
    Er schüttelte belustigt den Kopf.
    »Nur sehr ruhige Stuten lassen sich von einem Mann melken.
    Meistens braucht es zwei dazu.«
    Ich richtete mich auf.
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    »Zwei? Aber warum bloß?«
    »Weil die Stuten nach dem Melker schnappen oder treten. Und da dieser nur auf einem Bein steht, ist es besser, jemand hält inzwischen die Kamelstute fest.«
    »Na hör mal«, sagte ich skeptisch.
    »Doch. Auf einem Schemel können wir nicht sitzen, da würde das Euter über unserem Kopf schweben. Also fesseln wir der Stute die Vorderbeine, lassen ihr Fohlen kurz trinken und stoßen es weg, aber so, daß sie es sieht. Dann stellt sich der Melker auf ein Bein, winkelt das andere an, die Fußsohle auf das Knie gestützt, wobei er mit dem angewinkelten Bein den Melkkübel hält. Um das Gleichgewicht zu halten, stützt er sich mit dem Kopf an der Flanke der Stute ab. Dabei hofft er, daß sie ihn mit einem Fohlen verwechselt. Gemolken wird mit beiden Händen, wobei Handgelenke und Unterarme den Melkkübel auf dem angewinkelten Oberschenkel halten«, erklärte er, während ich in Gelächter ausbrach. Auch Elias lachte.
    »Man kann eine fabelhafte Technik dabei entwickeln.«
    »Und du?«
    »Jawohl«, sagte er, »ich bin ziemlich begabt.«
    Er folgte mit den Fingern den Linien meines Gesichtes; ich hörte auf zu lachen; die Liebkosung ging mir durchs Herz. Ein tiefer Schauer lief über meine Haut; meine Muskeln spannten sich schmerzend im erneuten Begehren.
    »Elias, was tust du mir an?«
    »Komisch«, sagte er, »ich glaube, du wirst bei mir bleiben.«
    Ich schob seine Hand

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