Wüthrich, G: Dölf Ogi: So wa(h)r es!
Zerwürfnisse gegeben, aber keine tiefen: «Dölf ist keine Person, die man meiden will. Er ist einfach ein ‹Gmögiger›.» Wenn er manchmal nur nicht so empfindlich gewesen wäre, der gute Dölf …
Menschlich – und das ist jetzt kein blöder Spruch – haben Ogi und ich immer ein gutes Verhältnis gehabt.
Für Generalsekretär Max Friedli wird es nach dem EWR-Nein immer schwieriger. Im Innersten ist er nicht für diesen «Kolonialvertrag», aber politisch ist das Vertragswerk besser als nichts. In der SVP-Fraktion wird der Ton gehässiger. Noch nicht gegen Ogi, dazu ist er zu fest im Parteivolk verankert, aber gegen andere, vor allem gegen Berner Fraktionsmitglieder. «Professorengewäsch» muss sich beispielsweise der Berner Ständerat und Rechtsprofessor Ulrich Zimmerli einmal anhören. Zimmerli ist längst nicht mehr in der SVP.
1994 hört Max Friedli als SVP-Generalsekretär auf und übernimmt das Bundesamt für Verkehr. Ende der Neunzigerjahre, als er für die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) weibeln muss, wird er von SVP-Anhängern ausgepfiffen. «Das muss ich nicht haben», sagt er sich und tritt aus der Partei aus. Eigentlich will er nur eine Sistierung der Mitgliedschaft, aber das gehe nicht, wird ihm von der Zentrale beschieden. Also zieht er die Konsequenzen.
Mit seinem früheren Parteikollegen Adolf Ogi hat es Max Friedli in seinen ersten Jahren im Bundesamt für Verkehr auch nicht leicht. Im Sommer 1995 verknurrt Bundespräsident Kaspar Villiger Friedli und Ulrich Gygi, den Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung dazu, einen Ausweg aus der hoffnungslos zerstrittenen Lötschbergfrage zu suchen: «Kommt nach den Sommerferien mit einer Lösung.»
Die Arbeitsgruppe findet tatsächlich einen Kompromiss: Der Lötschberg-Basistunnel wird grösstenteils nur einspurig gebaut und zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs legt man einen Fonds an. «FinöV» wird der Milliarden-Fonds genannt. Das Schweizer Volk stimmt ihm 1998 zu.
Der Chef sei gar nicht angetan gewesen von dieser politischen Lösung, erinnert sich Max Friedli, und habe lange Mühe bekundet, den Kompromiss innerlich zu akzeptieren.
Noch schwieriger wird es mit der Partei während der Zeit als EMD-Vorsteher. Ogi tauft es bald einmal in VBS um – die Abkürzung steht für Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport. Rasch merkt er, dass man nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr à la SVP-Sicherheitspolitik mit einer riesigen, auf die selbständige Verteidigung ausgerichteten Armee fortfahren kann. Sie muss kleiner und moderner werden.
So titelte, schrieb und kommentierte der «Blick» die Wahl von Hauptmann Ogi in den Nationalrat. 1979
Jetzt muss er aus tiefster innerer Überzeugung diametral gegen die Mehrheit in der eigenen Partei aktiv werden. Der «Sicherheitspolitische Bericht 2000» verlangt «Sicherheit durch Kooperation». Anton Thalmann, damals Projektleiter, sagt es heute so: «Wir haben die Tür aufgemacht, im Wissen, dass Sicherheit heutzutage nur in Netzwerken erreicht werden kann.» Thalmanns Nachfolger, Botschafter Philippe Welti, bringt die neue Philosophie auf einen einfachen Nenner: «Dölf Ogi hat sofort verstanden, dass eine moderne Armee neue Fähigkeiten nur im Austausch mit anderen erwerben kann.» Kooperation heisse Aufbau von Kompetenzen.
Also geht Ogi ins Ausland: NATO-Partnerschaft für den Frieden, Stichwort Bosnien, Kosovo, Albanien. Nie friedenserzwingend mit Waffengewalt, sondern nur friedenssichernd mit kompetenten militärischen Kräften, unter anderem aus der Schweiz.
Er handelt rasch. Als er am Osterdienstagmorgen des Jahres 1999 zur Hilfe für die Kosovo-Flüchtlinge in Albanien vom Bundesrat während einer Telefonkonferenz die Einwilligung zur Operation ALBA einholt, steht der erste Schweizer Super Puma Helikopter bereits startklar im italienischen Brindisi. Er ist schon am Ostermontag in der Schweiz abgeflogen. Ogi sagt das seinen Kolleginnen und Kollegen noch beiläufig am Schluss der Telefonkonferenz – und hängt einfach auf …
Die Aktion wird eine der erfolgreichsten Auslandseinsätze überhaupt: Die drei Super Pumas der Schweizer Armee entpuppen sich als effizientes Mittel zur Versorgung der Flüchtlinge im bergigen Grenzraum zwischen Albanien und Kosovo. Schliesslich sind es die Schweizer Helikopterpiloten gewohnt, in einem Gelände voller Schluchten und Berge sicher zu fliegen.
Sowohl Thalmann als auch Welti bedauern,
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