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Wunder wie diese

Wunder wie diese

Titel: Wunder wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Buzo
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Kassenschublade zu, »würde ich mich vielleicht dazu überreden lassen, mit dir bei Rino’s Pizza eine Peperoni Extravaganza zu essen. Möglicherweise würde ich dich sogar einladen.«
    Es ist unter der Woche und ich habe noch Mathehausaufgaben auf.
    »Keine Sticheleien mehr«, sage ich jetzt wieder ernst.
    Er sieht mich an.
    »Keine Sticheleien mehr«, wiederhole ich.
    »Abgemacht. Keine Sticheleien mehr.«
    Was Besonderes
    Auf dem Weg zu Rino kauft Chris einen Sechserpack Bier. James Squire oder so was Ähnliches.
    »Ich geb einen aus, was Besonderes«, sagt er und legt zwanzig Dollar hin. »Du magst doch Bier, oder?«
    Ich hasse Bier. Hasse es! »Klar!«
    Ach ja, lieben bedeutet leiden. Oder war es schön sein bedeutet leiden? Über Letzteres weiß ich nicht allzu viel, aber ich weiß, dass Ersteres bei mir ein Ziehen im Bauch auslöst.
    Wir kommen an einer Telefonzelle vorbei, die mich daran erinnert, dass es spät werden wird und ich zu Hause Bescheid sagen sollte. Aber es ist schon nach neun und Mum und Jess schlafen schon. Dad ist wahrscheinlich noch auf, wenn er überhaupt schon von der Probe zurück ist, doch ich glaube sowieso, dass es ihm egal ist.
    Wir sitzen hinten in einer Nische des Restaurants und bestellen eine Familienpizza mit Peperoni. Meine Bauchmuskeln entspannen sich allmählich, einer nach dem anderen, während sich Erleichterung darüber, wieder in Chris’ Gunst zu sein, in mir breitmacht.
    Er holt zwei Bier aus der Packung. Das Zischen beim Abdrehen der Deckel klingt vielversprechend. In den Augen eines außenstehenden Betrachters müssen wir beide ebenbürtig erscheinen. Wir tragen beide noch unsere Arbeitskluft. Diesmal genieße ich ganz allein Chris’ gesamte Aufmerksamkeit, die er mir großzügig über die Kunststoff-Tischplatte hinweg entgegenbringt.
    Das vollkommene Glück.
    »Auf was wollen wir anstoßen?«, fragt er und gießt die sprudelnde bernsteinfarbene Flüssigkeit in die matten Gläser.
    Ich denke einen Moment nach und sage dann: »Auf Mädchen, die Jungs wie dich zum Frühstück vernaschen. Auf dass sie ihnen schwer im Magen liegen mögen.«
    »Bravo! Dem kann ich mich nur anschließen, Schwester.«
    Die dicken Gläser klacken beim Anstoßen.
    »Also Amelia, was hasst du am meisten?«, fragt er und lehnt sich auf seinem Sitzplatz zurück.
    »Hassen?«
    »Ja, hassen. Wie in Verachten, Verabscheuen, Missbilligen. Was frisst dich innerlich auf?«
    »Wie wär’s mit mir selbst? Oder der Welt im Allgemeinen?«
    »Lass uns mit dir anfangen und dann nach und nach die Welt im Allgemeinen mit einbeziehen.«
    »Ich hasse es, dick, hässlich und dumm zu sein.«
    Chris nimmt einen ordentlichen Schluck. »Du bist nichts davon, aber bei irrationaler Selbstverachtung bin ich sofort dabei. Was noch?«
    »Ich hasse es, dass ich so viele Dinge will, die ich nicht haben kann. Ich mag… dieses Gefühl einfach nicht.«
    »Was noch?«
    »Ich hasse es, dass ich so oft wütend werde. Es ist anstrengend. Ich hasse es, dass mich niemand ernst nimmt. Ich hasse es, dass ich mich gerade wie eine ewige Jammertante anhöre. Aber eigentlich ist das dein Pech, weil du danach gefragt hast.«
    »Hmm. Wie sieht’s mit der Welt im Allgemeinen aus?«
    Ich lehne mich zurück und trinke einen Schluck.
    »Ich weiß, was ich jetzt sagen sollte, nämlich dass ich Kriege und Hungersnöte und Ungerechtigkeit hasse. Und natürlich tue ich das. Aber im Alltag hasse ich am meisten, dass meine Eltern rauchen. Wir haben ein kleines Reihenhaus und es gibt nur ein Wohnzimmer, in dem auch der Fernseher steht. Es stinkt, es setzt sich in meinen Kleidern und Haaren fest und ich weiß, dass es mein Asthma nicht gerade besser macht. Mein Vater wird sogar richtig wütend, wenn ich mich darüber beschwere. Meine Mutter sieht einfach weg und tut so, als hätte sie nichts davon mitgekriegt. Das Zimmer ist völlig verqualmt. Sie machen das auch, wenn meine dreijährige Schwester danebensitzt. Das kotzt mich richtig an.«
    »Meine Schwester raucht auch«, sagt Chris. »Aber Mum und Dad schicken sie dazu vor die Tür.«
    »Meinetwegen können sie draußen rauchen. Aber sie tun so, als sei ich die Unvernünftige. Als ich jünger war, hab ich einmal mit rotem Textmarker lauter Zettel geschrieben und sie überall im Haus aufgehängt. Rauchfreie Zone, Rauchen verursacht Krebs und so weiter. Mein Dad hat mich gezwungen, sie alle wieder abzunehmen. Da war ich stinksauer. Ich fand, ich sollte ein Recht darauf haben, meine Meinung zu

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