Wurzeln
ließ eine Handvoll in jeden Käfig fallen und blieb eine Weile stehen, um dem zufriedenen Gluck-gluck-gluck zu lauschen, mit dem die Hähnchen es gierig schluckten. Den Einjährigen wuchs schon ein glänzendes Gefieder, in ihren Augen sprühte Feuer; sie erreichten allmählich ein Stadium, das durch explosives Krähen, wildes Flügelschlagen und häufige Versuche, aufeinander loszugehen, gekennzeichnet war. »Je früher wir sie ins Freigehege bringen, desto besser«, hatte Onkel Mingo vor kurzem bemerkt. »Dort können sie sich paaren.«
Dies konnte aber erst geschehen, wenn die voll entwickelten Hähne, die sich jetzt im Freigehege befanden, für die kommende Hahnenkampfsaison vorbereitet und abgerichtet wurden.
Nach seinem Besuch bei den Hähnchen verbrachte George den Rest des Nachmittags für gewöhnlich in dem Kiefernwäldchen, wo das Freigehege war. Hin und wieder gewahrte er einen ausgewachsenen Hahn, der in voller Freiheit über seine Hennen herrschte. Er wußte, daß es hier Gras, Samen, Heuschrecken und andere Insekten im Überfluß gab, dazu guten Sand für die Kröpfe und reichlich frisches Wasser aus mehreren Quellen.
Als Masser Lea an einem frostigen Morgen Anfang November mit dem Maultierkarren kam, wurde er von Onkel Mingo und George erwartet, die die krähenden, wütend pickenden Hähnchen bereits in Weidenkörbe gepackt hatten. Als die Körbe aufgeladen waren, half George dem alten Mingo, den narbenbedeckten, wild protestierenden alten Lockhahn einzufangen.
»Der ist wie du, Mingo«, lachte Masser Lea. »Den Kampfring und die Hennen hat er hinter sich. Jetzt kann er nur noch fressen und krähen.«
Onkel Mingo grinste. »Ich kräh kaum noch, Masser«, erwiderte er.
Da George Respekt vor Onkel Mingo und Angst vor dem Masser hatte, war er froh, beide in so guter Stimmung zu sehen. Alle drei kletterten auf den Karren. Onkel Mingo saß neben dem Masser, den alten Lockhahn auf dem Schoß, während George sich hinten zwischen den Körben im Gleichgewicht zu halten suchte.
Schließlich ließ Masser Lea den Karren im Kiefernwäldchen halten. Er und Onkel Mingo legten die Köpfe zur Seite und lauschten. Dann sagte Mingo leise: »Ich hör sie da drin!« Er blies die Wangen auf und pustete kräftig auf den Kopf des alten Lockhahns, der prompt zu krähen begann. Sekunden später antwortete lautes Krähen aus den Bäumen. Wieder krähte der alte Lockhahn und sträubte die Federn. Eine Gänsehaut überlief George, als er den prächtigen Kampfhahn sah, der vom Waldrand herbeigeflogen kam. Drohend sträubten sich die in allen Regenbogenfarben schillernden Federn über einem massigen Körper; die Schwanzfedern standen steil ab. Eine Kette von etwa neun Hennen eilte, unruhig scharrend und gluckend, herbei, während der Revierhahn lässig die Flügel schlug und ohrenbetäubend krähte, den Kopf drehte und sich nach dem Eindringling umsah.
»Zeig ihm den Lockhahn«, befahl Masser Lea leise.
Onkel Mingo hob ihn hoch, und der Revierhahn flatterte wütend in die Höhe, um sich auf den Lockhahn zu stürzen. Mit einer schnellen Handbewegung bekam Masser Lea ihn im Flug zu fassen und wich dabei geschickt den gefährlichen langen Sporen aus. Er stopfte ihn in einen Korb und schloß den Deckel. »Was glotzt du da, Junge? Laß ein Hähnchen frei!« blaffte Mingo, so als ob George das hundertmal gemacht hätte. Mit ungeschickten Fingern öffnete der Junge den nächsten Korb, und das befreite Hähnchen flatterte vom Karren. Nach kurzem Zögern schlug es mit den Flügeln, krähte laut, senkte einen Flügel und stolzierte steif um eine Henne herum. Und schon trieb er, als echter Hahn im Korb, alle Hennen in den Wald zurück.
Achtundzwanzig ausgewachsene zweijährige waren durch einjährige Hähnchen ersetzt worden, als der Maultierkarren kurz vor Einbruch der Dunkelheit zurückrollte. Nachdem tags darauf die Prozedur mit weiteren zweiunddreißig wiederholt worden war, schien es George, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, als Kampfhähne aus dem Freigehege zu holen. Eifrig versorgte er jetzt sechzig Hähne mit Futter und Wasser. Wenn sie gerade nicht fraßen, pickten sie zornig krähend gegen die Wände ihrer Käfige, die so angeordnet waren, daß die Tiere einander nicht sehen konnten; sie hätten sich sonst bei ihren wütenden Versuchen, aufeinander loszugehen, verletzen können. Bewundernd betrachtete George diese majestätischen, wilden, tückischen, herrlich schönen Vögel, die seit vielen
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