Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
Vom Netzwerk:
markiert. Der Kampfplatz! Er blickte auf und sah lärmende Männer, viele mit Flaschen in den Händen, die sich auf dem Hang ihre Plätze suchten. Und dann hätte ihn um ein Haar der Schlag gerührt, als neben ihm ein Funktionär mit rotem Gesicht brüllte: »Meine Herren, wir wollen anfangen! Laßt unsere Hähne kämpfen!«
    Schnell wie ein Hase sauste George zurück und erreichte den Wagen nur Sekunden vor Masser Lea. Leise miteinander sprechend, gingen der Masser und Onkel Mingo um den Wagen herum und musterten die Vögel. Plötzlich hörte man die Zuschauer brüllen: »Zehn auf den Roten!« … »Angenommen!« … »Zwanzig auf den Blauen!« … »Ich nehme fünf!« … »Noch fünf!« … »Angenommen!« Immer lebhafter wurde gewettet, während zwei Männer, offenbar die Besitzer, ihre Hähne wiegen ließen und ihnen die messerscharfen Stahlsporen anlegten. George fiel ein, daß Onkel Mingo einmal erzählt hatte, man lasse Tiere nicht gegeneinander kämpfen, wenn der Gewichtsunterschied mehr als zwei Unzen betrage.
    »Schnäbeln!« rief jemand vom Rand des Kampfplatzes, und drei Männer beobachteten kauernd die zwei Besitzer, die ihre Tiere so nahe aneinanderhielten, daß sie flüchtig aufeinander lospicken konnten.
    »Fertig!« Die Hahnenhalter zogen sich auf ihre Startmarkierungen zurück und hielten ihre Vögel, die einander entgegendrängten, am Boden fest.
    »Pit!«
    Wie abgeschossene Pfeile sprangen die Kampfhähne aufeinander los und prallten mit solcher Wucht zusammen, daß einer ins Taumeln geriet. Er kam aber wieder auf die Füße, und schon waren sie in der Luft und hackten mit den Sporen aufeinander ein. Sie fielen zu Boden, flatterten aber, lebenden Federbüschen gleich, sofort wieder auf.
    »Der Rote ist verwundet«, schrie jemand, und George beobachtete atemlos, wie die Besitzer ihre Tiere einfingen, sie schnell untersuchten und dann wieder auf ihre Startmarke setzten. Der verwundete rote Vogel sprang höher als sein Gegner und trieb mit zuckenden Beinen einen stählernen Sporn in das Gehirn des blauen Vogels. Dieser ging matt flatternd zu Boden. Über den Lärm aus Flüchen und Gebrüll hörte George das Urteil des Schiedsrichters: »Mr. Graysons Vogel hat gewonnen – eine Minute und zehn Sekunden im zweiten Gang!«
    George atmete erregt. Der nächste Kampf war noch schneller zu Ende, und ein Besitzer warf seinen blutenden Hahn zornig fort wie einen Fetzen. »Tote Hähne sind bloß ’ne Masse Federn«, sagte Onkel Mingo dazu, der dicht hinter George stand. Der sechste oder siebte Kampf war zu Ende, da rief ein Funktionär: »Mr. Lea!« …
    Einen Vogel unter dem Arm, schritt der Masser dem Kampfplatz zu. George erinnerte sich, daß er diesen Vogel gefüttert, gedrillt, in den Armen gehalten hatte; er war wie betäubt vor Stolz. Dann standen der Masser und sein Gegner neben dem Ring, sie ließen ihre Hähne wiegen und legten ihnen unter den stürmischen Zurufen der Wettlustigen die Stahlsporen an.
    Auf »Pit!« stießen die Hähne mit den Köpfen zusammen, flatterten hoch, fielen unter wütendem Picken, fintierend, ihre Hälse schlangenartig verdrehend, nach einer Blöße beim Gegner suchend, zur Erde zurück. Abermals aufsteigend, schlugen sie mit den Flügeln nacheinander und fielen wieder zurück. Masser Leas Vogel taumelte, offensichtlich verletzt, aber schon Sekunden später, beim nächsten Gefecht in der Luft, brachte er seinem Feind die tödliche Wunde bei.
    Masser Lea packte seinen Vogel, der triumphierend krähte, und lief mit ihm zum Wagen zurück. Nur undeutlich hörte George den Schiedsrichter rufen: »Der Gewinner ist Mr. Leas Vogel!«, als Onkel Mingo schon Masser Lea den blutenden Vogel aus der Hand nahm. Seine Finger tasteten nach der tiefen Schnittwunde im Brustkorb, seine Lippen schlossen sich darüber, und er saugte das geronnene Blut aus. Dann hielt er den Hahn in Kniehöhe vor George hin: »Piß drauf! Los! Da!« George starrte ihn an. »Piß drauf. Damit die Wunde nicht ’fiziert!« George tat, wie ihm geheißen, und der kräftige Strahl spritzte auf den verletzten Vogel und Onkel Mingos Hände. Danach bettete Onkel Mingo den Hahn sanft auf weiches Stroh in einen tiefen Korb. »Ich glaub, wir können ihn retten, Masser! Welchen nehmen wir als nächsten?« Masser Lea deutete auf einen Korb. »Hol den Vogel raus, Junge!« Hastig kam George dem Befehl nach, und Masser Lea eilte in die brüllende Menge zurück. Der Schiedsrichter rief gerade wieder einen Sieger aus. Trotz des

Weitere Kostenlose Bücher