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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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Schöpfkelle mit. Wenn zuerst Tom seinen Durst gestillt hatte, boten sie ihr Getränk den übrigen der hier versammelten Sklaven an, die von ihren Massers hergeschickt worden waren, die für das Ende der Woche in Aussicht gestellten Arbeiten abzuholen. Tom bemerkte mit heimlichem Vergnügen, daß seine Schwestern vorzugsweise mit den besser aussehenden jungen Männern flirteten. So war er auch nicht überrascht, eines Samstagabends Matildas strafende Stimme zu vernehmen: »Bin doch nicht blind! Glaubt ihr, ich seh nicht, wie ihr da unten immer bei den Männern rumscharwenzelt!« Klein Kizzy entgegnete keck: »Aber Mammy, wir sind doch schon richtige Frauen! Bei Masser Lea gab’s nur überhaupt keine Männer nicht!« Matilda knurrte irgend etwas, das Tom nicht verstand, aber er hatte sie in Verdacht, insgeheim das Betragen ihrer Töchter nicht gar so sehr zu mißbilligen, wie sie vorgab. Er fand sich darin bestätigt, als Matilda ihm kurz darauf sagte: »Sieht mir ganz so aus, wie wenn sich die beiden Mädchen vor deiner Nase den Hof machen lassen. Da könntest du wenigstens aufpassen, daß sie nicht an den Falschen geraten.«
    Zur großen Überraschung der Familie war es nicht die übermütige Klein Kizzy, sondern die viel stillere Mary, die alsbald sehr entschieden den Wunsch äußerte, mit einem Stallburschen von einer Pflanzung unweit des Dorfes Mebane »über den Besen zu springen«. Sie suchte Matilda zu bereden: »Ich weiß, du kannst den Masser dazu bringen, mich nicht allzu teuer zu verkaufen, wenn der Masser von meinem Nicodemus ihn danach fragt, Mammy, und dann könnten wir zusammen leben.« Aber Matilda murmelte nur eine vage Antwort, worauf Mary in Tränen ausbrach.
    »Ach Gott, Tom, ich weiß einfach nicht, was ich nun denken und fühlen soll«, sagte Matilda. »Ich freu mich ja so für das Kind, ich seh ja, wie glücklich sie ist, aber ich kann’s einfach nicht ertragen, daß wieder einer von uns verkauft werden soll.«
    »Da hast du unrecht, Mammy, und du weißt es«, sagte Tom. »Ich wär auch nicht gern mit einer verheiratet, die woanders wohnt. Du siehst ja, was mit Virgil passiert ist, ganz krank ist er nach seiner Lilly Sue, seit wir verkauft worden sind.«
    »Nun hör aber mal, Junge«, sagte sie. »Erzähl mir nichts von Verheiratetsein mit jemand, den man nie sieht! Was meinst du, oft merk ich erst, daß ich ’n Mann hab, wenn ich auf all euch Kinder schau.« Matilda zögerte. »Aber was Marys Weggehen betrifft, denk ich ja nicht nur an sie dabei, sondern an euch alle. Du arbeitest ja so viel, daß du’s sicher gar nicht bemerkt hast, aber am Sonntag läßt sich hier kaum noch einer von deinen Brüdern blicken, die sind einfach nicht mehr da – nur noch du und Virgil –, die andern laufen bloß noch den Weibern nach –«
    »Mammy«, unterbrach Tom sie empört, »wir sind doch erwachsene Männer!«
    »Sicher seid ihr das!« erwiderte Matilda. »Das mein ich ja nicht! Ich mein ja nur, die Familie hier ist schon längst wieder in alle vier Winde verstreut, bevor wir sie beisammen haben!«
    Es folgte ein kurzes Schweigen, Tom suchte nach etwas Tröstlichem, das er ihr sagen könnte. Er verstand, daß seine Mutter in letzter Zeit so reizbar und zuweilen ungewöhnlich deprimiert war: inzwischen waren bereits Monate vergangen, seit sein Vater hätte zurückkommen sollen. Sie würde sich wieder einmal mit seiner Abwesenheit abzufinden haben.
    Tom war verblüfft, als Matilda ihn durchdringend anblickte und unvermittelt fragte: »Wann wirst du heiraten?«
    »Daran denk ich jetzt nicht –« Er wurde verlegen und wechselte das Thema. »Hab gerade nachgedacht, wie wir am besten Oma, Schwester Sarah und Miss Malizy hierher kriegen, Mammy. Wieviel haben wir ungefähr gespart?«
    »Nichts ungefähr ! . Ich sag’s dir genau! Mit den zwei Dollar und vier Cents vom letzten Sonntag sind’s genau siebenundachtzig Dollar und zweiundfünfzig Cents.«
    Tom schüttelte den Kopf. »Das muß ich besser machen –«
    »Wenn bloß Virgil und die andern ein bißchen mehr helfen würden.«
    »Ist nicht ihre Schuld. Extra-Feldarbeit ist schwer zu finden, und die Massers, die wen brauchen, holen sich lieber freie Nigger, die sich für fünfundzwanzig Cents am Tag zu Tode schinden müssen, wenn sie nicht verhungern wollen. Nein. Ich muß es anders anstellen! Und bald! Oma, Schwester Sarah und Miss Malizy, die werden doch allmählich alt!«
    »Deine Oma ist wohl siebzig, und Sarah und Malizy so an die

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