Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
nicht. »Verdammt, aber das wäre auch zu einfach gewesen«, fluchte er.
Nun gab es nur noch eine weitere Möglichkeit, wenn er beweisen wollte, dass die Leiche wirklich der Tote aus der S-Bahn war. Die Hautschuppen und Haarreste, die er in der Bahn auf dem Boden gefunden hatte, mussten von der Leiche stammen. Zwar hatte er mit Sicherheit auch Reste eingesammelt, die zum Zugpersonal oder zu Fahrgästen gehörten, aber wenn sich durch einen DNA-Test ergeben würde, dass der genetische Fingerabdruck des Toten mit den eingesammelten Resten identisch war, dann hätte Olivia Recht mit ihrer Schilderung.
»Geliebter genetischer Fingerabdruck«, seufzte er.
Fatih konnte bei diesem Thema regelrecht ins Schwärmen geraten. So wie der Fingerabdruck, der mit Lackfilm angefertigt wurde, die Kriminaltechnik in den DreiÃigerjahren grundlegend verändert hatte, so revolutionär war für die Polizeiarbeit die Möglichkeit des Gentests, den es seit den Neunzigern gab. Aus einer einzigen menschlichen Zelle, die man am Tatort oder an der Leiche fand, lieà sich inzwischen ein komplettes Gen-Profil erstellen.
Fatih hatte in diesem Fall eine Untersuchung aller von ihm sichergestellten Rückstände angeordnet, sowie einen Vergleich dieser Rückstände mit dem genetischen Fingerabdruck des Toten. Er schaute auf die Uhr. In vier Stunden würde er das Ergebnis endlich erhalten. Solange musste er sich noch gedulden.
Wenn der genetische Fingerabdruck aus den Rückständen mit dem der Leiche identisch war, stammten Teile der anderen Rückstände mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Mörder. Diese konnte er dann mit der Datenbank abgleichen, in der immerhin 700 000 Personen verzeichnet waren. Vielleicht würden sie so näher an den Täter herankommen können. Wenn dies nicht der Fall war, konnten die Ermittler zumindest ihre Verdächtigen mit den DNA-Tests vergleichen.
»Ein Alibi braucht heute keiner mehr«, schmunzelte Fatih, »nur noch einen TV-Kommissar, um die Spannung aufrechtzuerhalten.«
Er lieà die Leiche wieder in den Kühlraum bringen. »Wozu gibt es überhaupt noch Ermittler? Ist doch eh alles mein Job. Während die durch die Gegend fahren, liefern wir handfeste, unwiderrufliche Beweise«, grinste er selbstsicher.
In diesem Moment klingelte sein Handy.
»Nicht schon wieder die Kinder!«, fluchte er.
Fatih zog seine Handschuhe aus und holte das Handy hervor. Diesmal war es seine Frau. Er musste sofort los, das hatte er ihr versprochen.
Steffis Herz pochte. Sie hatte kein gutes Gefühl. Dennoch entschied sie sich, die Eingangstür zu öffnen. Vorsichtig zog sie einen Spalt auf und spähte hinaus. Sie hatte Angst davor gehabt, dass der Fremde die Tür sofort aufreiÃen und in die Wohnung stürmen würde, doch nichts davon geschah.
»Ja, bitte?«, sagte sie mit der Stimme eines kleinen Mädchens.
»Kripo Mannheim. Dürfen wir hereinkommen?«, fragte der Mann, hinter dem sie nun auch eine Frau erkennen konnte.
»Verdammt! Die Kripo!«, fluchte Steffi innerlich. Aber das durfte sie sich nicht anmerken lassen.
Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf, die sie alle nicht zu ordnen wusste. Was sollte sie tun? Was sollte sie sagen? War die Kripo Andreas auf die Schliche gekommen? Galt sie nun als mitschuldig? Am besten, sie sagte gar nichts, entschloss sie sich und schaute dem Kripobeamten ins Gesicht.
»Gerne, kommen Sie herein!«
Olivia ging den Beamten voraus ins Wohnzimmer. »Setzen Sie sich.«
Für Olivia waren solche Gänge das Schlimmste an ihrem Beruf. Mehrfach musste sie den Hinterbliebenen die traurige Nachricht vom Tod eines geliebten Menschen oder nahen Verwandten überbringen. Das war ihr nie leicht gefallen. Die Emotionen, die der Verlust weckte, brannten den Moment tief in die Seele ein, sobald man begriff, was geschehen war. Für immer würde derjenige, der die Todesnachricht überbracht hatte, bei den Hinterbliebenen mit der Trauer und dem Schmerz verbunden sein, den der Verlust mit sich brachte. Olivia hasste es, sich als Ãberbringerin einer solchen Nachricht zu erleben, viel lieber sah sie sich als diejenige, die den Mörder jagte und auch fing. Da dies erst ihr zweiter Tag in Mannheim war, hatte sie Moritz gebeten, der Ãberbringer der Nachricht zu sein, und er hatte sich damit einverstanden erklärt.
»Okay, Prinzessin, du stehst noch unter
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