Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
anzutun, wenn Andreas nicht bald bezahlen würde.«
»Woher kamen die Schulden?«
»Das weià ich nicht. Das ist wohl eine Sache von ganz früher.«
»Aus der Zeit der Outsiders?«, wollte Moritz wissen. »Kann sein. Kann aber auch nicht sein.«
Steffi dachte wieder an ihren toten Freund. Aus der Wut wurde wieder Trauer, und einmal mehr flossen ihr Tränen über das Gesicht.
Olivia stellte sich besorgt vor sie.
»Möchten Sie mit unserer psychologischen Betreuung sprechen?«
Steffi schüttelte den Kopf.
»Ich will nach Hause.«
Olivia nickte verständnisvoll.
»Ich rufe einen Kollegen, der Sie nach Hause bringen wird. Kommen Sie.« Sie führte Steffi nach drauÃen. Olivia waren solche Momente mehr als unangenehm. Steffi tat ihr sehr leid. Während sie über die junge Frau nachdachte, nickte sie Moritz zu.
Der verstand sofort. Gleich gingâs los. Er nahm den Hörer ab und verständigte die Kollegen.
»Wir haben einen Tatverdächtigen.«
Moritz hatte eine Streife zur Sicherheitsfirma in der Neckarstadt-West geschickt. Sie sollten dort nach Igor Ravov schauen und, wenn er nicht da wäre, den Eingang observieren. Allerdings vermutete er, dass der Gesuchte dort nicht mehr zu finden war. Wenn sie Glück hatten, war er gerade zu Hause.
Zusammen mit Olivia und zwei Einsatzwagen düste er zu Igors Adresse. Die Kollegen in den beiden Einsatzwagen sollten vor allem darauf achten, dass er nicht flüchten würde. Er selbst würde zusammen mit Olivia zu ihm gehen und ihn zunächst befragen. Ravov war zwar verdächtig, dennoch stand nicht fest, ob er der Mörder von Andreas Steiner war.
Olivia fuhr. Sie hatte feuchte Hände. Auf dem Weg zu Verdächtigen oder Beschuldigten war sie immer nervös. Entweder sie konfrontierten einen Unschuldigen oder sie hatten es tatsächlich mit einem Menschen zu tun, der einen Mord begangen hat. Beide Situationen waren nicht sonderlich angenehm. In solchen Momenten hasste sie ihren Job.
Wie war es diesmal? War Ravov unschuldig oder haben wir in ihm den Täter?
Igor war Olivia unsympathisch, deswegen wäre sie nicht überrascht gewesen, in ihm den Mörder zu finden, doch sie wollte sich nicht von Gefühlen in ihrer Urteilskraft beeinflussen lassen. Sie gab Gas.
Kurz darauf parkte Olivia vor dem fünfstöckigen Wohnblock, in dem Igor lebte. Sie überprüfte ihre Dienstwaffe und nickte Moritz zu. Los gingâs!
Die beiden Kommissare gingen die betonierte AuÃentreppe hoch. In den Siebzigerjahren war solche Architektur vielleicht schön gewesen, heute ertrug man sie Olivias Meinung nach nur, weil man nicht anders konnte. Im obersten Stock angekommen, gingen sie den AuÃengang an den Wohnungen vorbei bis zu Igors Eingangstür.
»Zum Glück ist die Alte grad nicht da«, flüsterte Moritz Olivia zu, die trotz ihrer Anspannung kurz lächelte.
»Zum Glück.«
Sie klingelten.
Nichts rührte sich.
»Das hab ich fast erwartet«, zischte Moritz.
Als sich auch nach dem dritten Mal nichts rührte, wich die Anspannung aus Olivias Körper.
»Okay. Er ist nicht da. Was nun?« Sie drehte sich zu Moritz um, doch ihr Kollege stand längst nicht mehr neben ihr, sondern machte sich an einem Fenster zu schaffen, das schräg stand.
»Moritz! Lass das, dafür brauchen wir einen Durchsuchungsbefehl!«
Er ignorierte sie.
»Moritz!!!«
»Moment noch.«
Er hatte seine Hand samt Dienstwaffe in den offenen Spalt gezwängt und versuchte, mit der Waffe den Griff nach unten zu drücken.
»Habâs gleich.«
Tatsächlich sprang das Fenster auf.
»Ein Fenster, an das man vom Gang aus so leicht rankommt. Diese Bauweise findet allmählich meine Sympathie.« Er grinste.
»Moritz, ich glaube, das ist keine gute Idee!«
Doch der Kriminalhauptkommissar lieà sich von seiner Kollegin nicht aufhalten.
»Ich mach doch nichts kaputt. Das merkt keiner. Und du wirst mich nicht verpfeifen, weil du mitkommst!«
Olivia seufzte. Moritz war noch nicht einmal in der Wohnung drin, da schepperte es schon, weil er etwas umgestoÃen hatte.
»Oh Mann, mein Kollege ist tatsächlich ein Möchtegern-Schimanski.« Olivia rollte mit den Augen und stieg ihm hinterher.
Die beiden standen in einer kleinen Küche, die nicht danach aussah, als ob sie häufig in Betrieb war. Nichts stand herum, nicht einmal eine Tasse.
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