Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
kommentierte Olivia mit einem Lächeln.
»Aber wie es scheint, hatten Sie heute noch anderen Besuch als von der Polizei! Ganz unangenehmen, anderen Besuch«, sagte Moritz, als er sich Igor direkt gegenübersetzte und ihn anvisierte. »Wer hat Sie so zugerichtet?« »Auf jeden Fall nicht so ein Schwächling wie du«, grinste Igor den Ermittler trotz Schmerzen an.
»Sie sollten froh sein, dass wir Sie gefunden haben«, schaltete sich Olivia ein.
»Froh? Weshalb? Wenn Sie nicht gekommen wären, stünde ich jetzt unter meiner Dusche und könnte mir danach ein Bier genehmigen. So sitze ich hier wie ein Schwerverbrecher.«
»Vielleicht sind Sie ja einer«, merkte Olivia an.
»Wo waren Sie letzten Sonntag zwischen 23 Uhr und 1 Uhr nachts?«, begann Moritz.
»Zu Hause.«
»Gibt es dafür Zeugen?«
»Wahrscheinlich nicht, weil meine Nachbarn zu dieser Zeit normalerweise schon schlafen.«
»Sie haben also kein Alibi für die Zeit, zu der Andreas Steiner umgebracht wurde«, hielt Olivia fest.
»Was soll das heiÃen? Glaubt ihr, ich war das? Habt ihr sie nicht mehr alle? Das ist doch absurd!«
»Warum ist das absurd?«, wollte Moritz wissen, »wir haben eine Aussage, laut der Sie Andreas Steiner mehrfach gedroht haben sollen.«
»Ja, das habe ich und das ist absolut gut so. Umso schlimmer, dass er nun tot ist.«
»Sie bedauern das? Warum?«, bohrte Olivia nach.
»Wir haben uns seit Jahren gekannt. Auch wenn ich ihn nie leiden konnte, tut mir sein Tod leid.«
»Dürfen wir von Ihnen eine Speichelprobe nehmen?«, fragte Moritz.
»Nimm, was du willst. Ich komm hier sonst ja eh nicht raus.«
Igor streckte den beiden die Zunge entgegen. Als die Kommissare nicht sofort reagierten, fluchte er: »Na, macht halt!«
Olivia warf Moritz mit rollenden Augen einen Blick zu. Moritz zuckte mit den Schultern.
»Dein Job, Hochwohlgeborene.«
Olivia präparierte den Speicheltest und nahm eine Probe von Igor.
»Wir werden schon sehen, ob Sie am Tatort waren.«
»Ja, da freu ich mich drauf.«
»Das Ergebnis der Analyse dauert etwa vier Stunden. Wir behalten Sie solange hier. Danach können Sie kurz nach Hause und zum Feierabend endlich Ihr Bierchen trinken«, meinte Moritz.
»Vielleicht bleiben Sie aber auch länger hier«, warf Olivia ein.
Es war am späten Nachmittag, als Olivia und Moritz wieder unterwegs zu Steffi Groà waren. Während Olivia versuchte, den Dienstwagen durch die Quadrate zu lenken, blickte Moritz aus dem Fenster und sah sich seine Stadt an.
Wie anders vieles wurde. Nie waren ihm Veränderungen so sehr aufgefallen wie im Moment. Einerseits lag das daran, dass er mit Mitte dreiÃig auf eine lange Zeit in Mannheim zurückblickte, andererseits wurde gerade viel gebaut und abgerissen. Das betraf vor allem die Innenstadt, Quadrat um Quadrat wurde niedergewalzt, eingezäunt und in Baugruben verwandelt. Tief in die Erde gruben sich Bagger â und das mitten im Herzen Mannheims. Wie die Stadt wohl in ein paar Jahren aussehen würde?
Wenn die Häuser danach richtig schön aussehen, können sie das gerne machen, dachte Moritz, denn gerade die Innenstadt hat darunter gelitten, dass sie nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg schnell wieder hochgezogen worden war. ZweckmäÃig sollte damals alles sein, auf Schönheit hat keiner geachtet. Und sehr schnell musste alles gehen, damit die Leute wieder ein Dach über dem Kopf hatten. Hoffentlich lassen sie sich heute etwas mehr Zeit und achten auf das ÃuÃere der Gebäude. Er schaffte es gerade noch, den Satz gedanklich abzuschlieÃen, bevor er von Olivias Stimme unterbrochen wurde.
»Mann! Hier kann ich wieder nicht lang, EinbahnstraÃe!«, hörte er Olivia fluchen, beschloss aber in seiner Gedankenwelt zu bleiben und nicht auf seine Kollegin zu reagieren.
Gerade wurde das neue Stadtquartier gebaut. Ãber mindestens zwei Quadrate, in denen früher nur ein stark ramponiertes Parkhaus stand, sollte sich in wenigen Jahren ein riesiger Gebäudekomplex mit Büroräumen, Gewerbeimmobilien und Wohnungen erstrecken. Er hatte sich die Pläne angesehen, doch wie das Stadtquartier später in Wirklichkeit aussehen würde, darauf war er gespannt. Da durch den Bau das ramponierte sowie ein weiteres Parkhaus ausfielen, war die Verkehrssituation in der direkten Innenstadt schwierig. Zu
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