Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
schlief Moritz endgültig ein. Als plötzlich sein Handy klingelte, schreckte er wieder hoch.
»Ha, du hast doch geschlafen!«, neckte ihn Olivia sofort. »Habâ ich nicht«, log er abermals. Dann griff er nach seinem Handy und nahm den Anruf entgegen.
»Hallo Fatih! Was gibt es Neues?«, meldete er sich. Moritz lauschte Fatihs Ausführungen genau. »Verdammt! Das hatte ich befürchtet.« Er legte auf.
»Was ist los, Moritz?«
»Fatih hat Ravovs genetischen Fingerabdruck mit den Spuren in der S-Bahn verglichen.«
»Das war mir klar. Und? Weiter?«
»Das Ergebnis ist nicht so, wie ich es mir gewünscht habe.«
»Ravov ist also nicht der Täter«, stellte Olivia resigniert fest.
»Na ja, es besteht theoretisch immer noch die Chance, dass er Andreas Steiner umgebracht hat, nur haben wir keinen Beweis dafür.«
»Er hat am Tatort keine Spuren hinterlassen, Moritz. Aber der Täter hat ganz bestimmt welche hinterlassen«, belehrte sie ihn.
»Du hast recht.«
»Und nun müssen wir ihn laufen lassen.«
»Ja, das müssen wir wohl, den Drecksack.«
Verdammt!
Seit Tagen verspürte die 42-jährige Elisabeth Lehmann, Hausfrau und Gattin eines Mannheimer Immobilientycoons, Angst und Sorge. Die letzten Tage waren anstrengend für sie gewesen und hatten sie altern lassen. Sie konnte keinen Schlaf finden, quälte sich durch den Alltag und vermied es, mit irgendeinem Menschen in Kontakt zu treten.
In ihrem groÃen, schönen Haus, das in bester Weinheimer Hanglage und nur wenige Kilometer von Mannheim entfernt lag, fühlte sie sich mittlerweile schrecklich einsam. Nicht einmal der fantastische Blick aus den riesigen Wohnzimmerfenstern hinunter auf die Rheinebene, den sie so sehr liebte, konnte sie beruhigen. Die ganze Nacht war sie durch das Haus gewandert, hatte sich alte Fotos angeschaut, geraucht und getrunken, und war in Gedanken ganz in der Vergangenheit versunken gewesen. Sie fürchtete, ihren Verstand zu verlieren. Wie unnütz ihr nun alles vorkam. Sie erinnerte sich noch gut an den Tag, als sie aus Mannheim hierhergezogen waren. Sie wollten damals in bessere Kreise gelangen und ein besseres Haus bewohnen. Für sie war das Haus am Hang mit seinem Blick in die Ferne immer ein Palast gewesen. Die beiden Städte Mannheim und Ludwigshafen wirkten von hier aus klein und harmlos. Lediglich das GroÃkraftwerk in Rheinau und die Heizkraftwerke Nord trübten ein wenig die Idylle. Aber wer in dieser Gegend aufwuchs, der war an diese Gebäude und ihren Qualm gewöhnt und nahm ihn irgendwann fast nicht mehr wahr. So ging es auch Elisabeth.
»Ein solcher Blick entspannt. Das ist so ähnlich wie am Meer«, hatte ihr Mann damals gesagt. Und er hatte recht behalten. Sie lebten schon jahrelang glücklich und zufrieden hier oben. Für sie war es wie ein Märchen, von dem sie wünschte, dass es niemals enden würde.
Das Telefon klingelte und holte sie wieder in die Gegenwart zurück. In ihre traurige, graue Gegenwart. Sie ging um die Wohnlandschaft im Wohnzimmer herum zu dem Tisch, auf dem das Telefon lag. Im Grunde wusste Elisabeth bereits, wer sich am anderen Ende der Leitung melden würde.
Er!
Er würde es sein und neue Forderungen stellen.
Zittrig nahm sie das Telefon in die Hand und lieà es zwei weitere Male klingeln, so sehr fürchtete sie sich vor dem Telefonat. Noch mehr fürchtete sie sich jedoch davor, was passieren würde, wenn sie den Anruf ablehnte. Daher schluckte sie ihre Angst hinunter und holte noch einmal tief Luft, dann nahm sie den Anruf entgegen.
»Ja, bitte?«
Zu ihrer Verwunderung meldete sich eine Frauenstimme. Für den Bruchteil einer Sekunde war sie erleichtert, dass nicht
er
es war, sondern jemand vollkommen anderes, doch der erste Satz der Frauenstimme irritierte sie restlos.
»Ich weiÃ, was ihr getan habt!«
Elisabeth hatte keine Ahnung, was die Frauenstimme meinte, allerdings verstand sie sofort, dass die Stimme wohl zu
ihm
, zu seiner Männerstimme, gehören musste. Ihre Erleichterung war in Sekundenschnelle weggefegt, Panik ergriff sie und schnürte ihr die Kehle zu. Zugleich schossen ihr Tausende Fragen in den Kopf, allen voran die Frage, was die Frau wollte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie reagieren sollte und lief in ihrem groÃräumigen Wohnzimmer mit dem Telefon in der Hand auf und ab. Nach einer Weile lieà sie sich auf die
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