Wut im Quadrat - Mannheim-Krimi
Gemütszustand besserte sich jedoch nicht. Sie lieà sich auf das Sofa fallen, zappte wie wild durch das Programm und blieb bei einem Sportsender hängen, der Tennis übertrug. Es war lange her, dass sie sich für Tennis interessiert hatte. Gespielt hatte sie selbst nie, aber sie war damals in den Achtzigern dem Hype um Boris Becker und Steffi Graf gefolgt. Dass beide aus der Region Mannheim kamen, war natürlich besonders toll gewesen. »Die halbe Republik dachte damals, dass Boris einen Sprachfehler hätte«, schüttelte sie den Kopf, »dabei sprechen viele Menschen hier so. Das ist nun mal unser Dialekt.«
Nach dem kurzen Gedankenintermezzo und den Erinnerungen aus der bunten Tenniszeit der Achtzigerjahre war sie plötzlich wieder in der Gegenwart. Sie zappte weiter durchs Programm und hielt nirgendwo an. Eigentlich fand sie sonst immer etwas Interessantes, was sie sich anschaute, nur ihr Mann schaltete ständig in Sekundenschnelle von einem Kanal zum nächsten. Sie machte das heute zum ersten Mal. Ob sich ihr Mann auch immer so schlecht fühlte wie sie jetzt, wenn er dermaÃen schnell durch das Programm zappte und der Fernbedienung alles abverlangte? Ihre Gedanken konzentrierten sich nun auf ihren Mann. Bald würde er von der Arbeit nach Hause kommen.
»Endlich«, seufzte sie.
Auf ihre SMS und Anrufe hatte er den ganzen Tag nicht reagiert, dabei musste sie dringend mit ihm sprechen. Sie fühlte sich von ihm allein gelassen. Er tat, als ob dies alles nur sie etwas anginge, dabei übernahm er doch sonst so gerne Verantwortung.
Elisabeth nahm einen tiefen Zug, blies den Qualm in den bewölkten Sommerhimmel und drückte die Zigarette zittrig in einem Designaschenbecher aus, den ihr Mann zu Weihnachten von einem Kunden erhalten hatte. Wie wertlos waren all diese Gegenstände, wenn man in einer solchen Situation wie sie jetzt steckte. Sollte dem Jungen etwas passieren, war dies nie wieder gutzumachen. Nie wieder! Mit keinem Geld der Welt.
Von der StraÃe her war ein Motorengeräusch zu hören, das sie sofort erkannte, es handelte sich um das Auto ihres Mannes. Früher war er Porsche gefahren, weil er das für standesgemäà hielt, heute fuhr er einen Q5. Ein mächtiges Auto, das viel Sprit und damit viel Geld schluckte, aber ihm gefiel es so. AuÃerdem, das war sein schlagkräftigstes Argument, konnte man mit dem Q5 viel mehr transportieren als in einem engen Porsche. Thomas Lehmann parkte das Auto in der Garage und nahm die Treppe nach oben. Wie jeden Tag. Und wie jeden Tag warf er seine Aktentasche in Richtung Eingang, zog sein Jackett aus und öffnete die Krawatte. Er war ein typischer Geschäftsmann, trug immer einen Anzug, hatte graumeliertes Haar, eine leicht heisere, tiefe Stimme und war ständig mit den Gedanken beim Geschäft.
»Hallo Elisabeth!«
»Hallo. Warum antwortest du mir nicht? Ich hab dich heute hundert Mal versucht zu erreichen!«
»Sander war da, es ging nicht.«
»Es ging nicht? WeiÃt du, was hier auf dem Spiel steht?« Thomas Lehmann wusste nur zu gut, was auf dem Spiel stand. Aber er sagte nichts.
»Wir müssen zur Polizei, Thomas«, fuhr Elisabeth fort und steckte sich erneut eine Zigarette an, »das ist der einzige Ausweg.«
»Das können wir nicht. Dafür ist es zu spät.«
»Aber was ist, wenn sie wieder nicht am Ãbergabeort sein werden, so wie am letzten Sonntag? Was dann?«, wollte Elisabeth wissen.
»Das wird nicht passieren«, antwortete Thomas mit fester Stimme.
»Wie kannst du dir da so sicher sein. Du hast es doch gewissermaÃen vermasselt! Aus irgendeinem Grund müssen die sich doch zurückgezogen haben.«
»Woher soll ich wissen, warum die nicht zum Treffpunkt gekommen sind?«
Elisabeth stand auf und lief zum groÃen Wohnzimmerfenster. Sie schaute in die Ferne.
»Eine Frau hat sich gemeldet, sie will das Geld morgen haben.«
»Gut, dann werden wir es ihr geben, und der Spuk ist vorbei.« Thomas tat, als ob die Situation so einfach wäre wie ein Tauschhandel. »Ich geh morgen zum Treffpunkt.« »Lass mich hingehen, ich bin seine Mutter. AuÃerdem werde ich die Polizei verständigen, damit nicht wieder etwas schiefläuft.« Sie legte eine kurze Pause ein. »Und weil ich wissen will, wer das meinem Kind angetan hat.« »Fang nicht schon wieder damit an.
»Thomas, wir müssen zur
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