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Wut

Wut

Titel: Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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Wunsch, ungeschaffen zu werden! Und nun, da gewisse chronologische Segmente seines Ego aufgehört hatten, mit anderen zu kommunizieren - nun, da er sich buchstäblich in der Zeit desintegriert hatte -, warum war er jetzt so schockiert? Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, Malik. Denk an W. W. Jacobs. Die Story von der Affenpfote .
    Er war nach New York gekommen, wie der Landverwalter zum Schloß kam: seiner selbst unsicher, mittellos und mit unrealistischen Hoffnungen. Er hatte eine Unterkunft gefunden, eine luxuriösere als der arme Verwalter, und seitdem war er durch die Straßen gelaufen, hatte einen Zugang zu dieser Welt gesucht und sich eingeredet, daß die große Weltstadt ihn, ein Stadtkind, heilen könne, wenn er nur das Tor zu ihrem magischen, unsichtbaren, hybriden Herzen fände. Dieses mystische Vorhaben hatte die festen Größen um ihn herum eindeutig verändert. Nach den Gesetzen der psychologischen Wahrscheinlichkeit und den tiefen, inneren Zusammenhängen des Stadtlebens schienen die Dinge logisch abzulaufen, in Wirklichkeit jedoch war alles ein Mysterium. Aber vielleicht war er nicht der einzige, dessen Identität an den Rändern auszufransen begann. Hinter der Fassade dieses Goldenen Zeitalters, dieser Zeit der Fülle, vertieften und verbreiteten sich die Widersprüche und die Verarmung des westlichen Individuums, oder sagen wir, des menschlichen Ego in Amerika. Vielleicht wurde diese weiter fortschreitende Desintegration auch in dieser Stadt der grellen, juwelenbesetzten Kleider und der geheimgehaltenen Asche, in dieser Zeit des öffentlichen Hedonismus und der privaten Angst sichtbar gemacht.
    Eine Richtungsänderung war erforderlich. Die Story, die man beendete, war vielleicht niemals jene, die man begann. Jawohl! Er würde sein Leben wieder unter Kontrolle bringen und seine auseinanderbrechenden Egos verbinden. Diese Veränderungen in ihm selbst, die er erstrebte, würde er selbst einleiten und durchführen. Schluß mit diesem miasmischen Sichtreibenlassen. Wie hatte er sich jemals einreden können, daß diese geldvernarrte Stadt ihn ganz allein retten könne, dieses Gotham, in dem Clowns und Pinguine wild wurden, ohne daß Batman (oder gar Robin) ihre Pläne durchkreuzte, dieses Metropolis aus Kryptonit, in das kein Superman den Fuß zu setzen wagte, in dem Wohlstand fälschlich als Reichtum angesehen wurde und die Freude des Besitzens als Glück, in dem die Menschen ein so glatt poliertes Leben führten, daß die großen, schmerzlichen Wahrheiten der ungehobelten Existenz weggeschmirgelt und poliert wurden, und in dem menschliche Seelen so lange schon allein wanderten, daß sie sich kaum noch daran erinnerten, wie man sich berührte; diese Stadt, deren berühmte Elektrizität die elektrischen Zäune unter Strom setzte, die zwischen den Menschen und auch zwischen Männern und Frauen errichtet wurden. Rom war nicht gefallen, weil seine Armeen schwach wurden, sondern weil die Römer vergaßen, was es hieß, ein Römer zu sein. Könnte dieses neue Rom tatsächlich provinzieller sein als seine Provinzen; könnten diese neuen Römer vergessen haben, was und wie man wertschätzte, oder hatten sie es niemals gewußt? Waren alle Imperien so unwürdig, oder war dieses eine ein besonders krasser Fall? War niemand in diesem ganzen geschäftigen Unternehmen, in diesem materiellen Überfluß mehr an der tiefen Steinbruch-Arbeit des Geistes und des Herzens beteiligt? O Dream-America, sollte alles Streben der Zivilisation in Fettsucht und Trivialität enden, in Roy Rogers und Planet Hollywood, in USA Today und E!; oder in der Million-Dollar-Game-Show-Gier oder dem Katastrophen-Voyeurismus; oder im endlosen Beichtstuhl von Ricki, Oprah und Jerry, deren Gäste einander nach der Show umbrachten; oder in zum Schreien dämlichen Komödien, die in jüngster Zeit massenhaft im Kino gezeigt wurden, erdacht für junge Menschen, die im Dunkeln saßen und ihre Ignoranz gegen die Leinwand brüllten; oder sogar an den unerschwinglichen Tischen von Jean-Georges Vongerichten und Alain Ducasse? Was ist mit der Suche nach den verborgenen Schlüsseln, welche die Türen der Begeisterung aufschließen? Wer hat die Stadt, die auf einem Berge liegt, zerstört und an ihre Stelle eine Reihe von elektrischen Stühlen gesetzt, diese Todesboten in der Demokratie, zu denen jeder, der Unschuldige wie der geistig Behinderte und der Schuldige, kommen kann, um Seite an Seite mit den anderen zu sterben? Wer hat das Paradies gepflastert und

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