Wyoming 2 - Wildes Herz
Er zog ihr Kinn hoch und drückte ihr noch einen zarten Kuß auf die Lippen.
»Du wirst dich daran gewöhnen, Herzogin. Ich habe vor, dafür zu sorgen. «
Daran, daß er mit ihr schlief? Oder daran, daß er ganz anders mit ihr umging? Sie war allzusehr an seine Mürrischkeit gewöhnt, an seine Bitterkeit und daran, daß er sie mit Worten oder Taten von sich stieß. Seit sie aus Santa Fe aufgebrochen waren, hatte er sich verändert, und sie wußte nicht so recht, was sie von dem neuen Colt Thunder halten sollte. Sie wäre nicht soweit gegangen, ihn als charmant zu bezeichnen. Besitzergreifend war der Ausdruck, der ihr als erster durch den Kopf ging, und ihr fiel wieder ein, was er vorhin gesagt hatte. Es war doch nicht etwa sein Ernst gewesen, daß er sie als seinen Besitz betrachtete, oder doch?
»Äh... hast du nicht etwas von einem Abendessen gesagt? Ich bin nicht sicher, aber es könnte sein, daß ich schon am Verhungern bin. «
Wieder lachte er, und auch das war ihr vollkommen fremd an ihm. »Ich schätze, ich sollte den letzten Rest Tageslicht nutzen«, sagte er zu ihr, als er sie auf den Boden stellte. »Du kannst abwaschen, solange ich mich umsehe. Und falls du weißt, wie das geht, könntest du Feuer machen. In meiner Satteltasche findest du Streichhölzer. « Er warf sie ihr gemeinsam mit zusammengerollten Decken vor die Füße. Dann zog er ihren Hut von seinem Sattelhorn und drückte ihn ihr auf den Kopf. »Du solltest dich bedecken, Herzogin. Sonst könntest du dich erkälten. «
Sie starrte ihn mit offenem Mund an, als er am Flußlauf entlangritt. Ja, hier floß ein Bach, und das war auch der Grund,, aus dem sein Pferd stehengeblieben war. Sir George war auch da und graste am Ufer. Sie hatte ihn vollkommen vergessen, wie alles andere auch, als Colt sie auf sein Pferd gezogen hatte. Aber zum Glück war der Hengst ihnen gefolgt.
Sie rief ihn jetzt zu sich, um ihren Umhang und ihre Tasche zu holen, und hinter ihrem Sattel fand sie weitere Decken, die dort festgeschnallt waren, aber auch einen Beutel mit Koch- und Essgeschirr. Selbst für Kleinigkeiten mußte sie schon dankbar sein. Sie hatte sich schon ausgemalt, sie müsse Fleisch von einem Spieß essen und wie in der Wildnis'»
hausen. Kein Zelt, keine prallen Kissen, auf denen sie schlafen konnte, kein Nachttopf - und dabei fiel ihr etwas ein. Sie sollte die seltenen Momente, in denen sie allein war, nutzen, so gut es ging. Sie hatte das Gefühl, in den nächsten Tagen würde sie sich nicht allzu oft ungestört fühlen.
Sie hätte sich wahrhaft erkälten können, Herr im Himmel, ihr war noch gar nicht aufgefallen, daß es kalt geworden war.
Kapitel 39
Colt kam mit einem Fasan und zwei kleinen Wachteln zurück und brachte auch ein paar ziemlich große Eier mit, die wahrscheinlich von einer anderen Vogelart stammten, einen Leder Beutel mit Gemüse und etwas, was Jocelyn für wildwachsende Zwiebeln hielt, und einem anderen, in dem er die verschiedensten Beeren gesammelt hatte. Die Taschen hatte er sich mit Nüssen vollgestopft, die er ihr freudig auf den Schoß warf, als er sich neben sie kauerte.
Diese Vielfalt an Nahrungsmitteln überraschte sie. Sie hatte mit einem toten Tier gerechnet und damit, ihm beim Häuten zusehen zu müssen. Außerdem hatte sein langes Fernbleiben sie erbost, denn in der Zeit hatten ihre Fantasien
und Ängste reichlich Gelegenheit gehabt, sich zu überschlagen.
»Was, kein Wild? «
Er beantwortete ihre Frage, als sei ihm der Sarkasmus ihres Tonfalls entgangen. »Mit deinen Schreien hast du das gesamte Großwild verjagt. Ich habe dich gewarnt, daß es so kommen könnte. «
»Seitdem sind wir meilenweit geritten. «
»Ich meinte, als du... «
»Sag es nicht! « japste sie, als sie sich wieder vage daran erinnerte, wie laut sie während ihres leidenschaftlichen Rittes mehrfach geworden war. Sie senkte die Lider, sah auf die Nüsse auf ihrem Schoß herunter und erkannte, daß es ihre Schuld war, wenn er so lange gebraucht hatte, um etwas Eß-
bares für sie aufzutreiben. »Es tut mir leid, daß ich dich angeschnauzt habe. Ich hatte nur schon angefangen zu glauben, du kämst nicht mehr zurück. «
Seine Hand legte sich auf ihr Haar und zog eine Haarnadel heraus. Eine lange rote Locke fiel über ihre Brust. »Ich habe gesehen, daß du mehr von diesen Dingern dabei hast. Muß ich dir alle einzeln rauben, damit du deine Sonne freiläßt? «
Sie sah ihn versonnen an. »Meine Sonne? «
»Dein Haar, Herzogin. Mein Volk
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