Wyoming 2 - Wildes Herz
Ladeninhaberin, sondern auch für Jocelyn reichlich ermüdend, aber ihr blieb nichts anderes übrig. Wenn Colt allerdings nicht auftauchte, ehe der Laden schloß...
»Jocelyn, meine Liebe, ich glaube, du solltest lieber herkommen und dir das ansehen«, rief Vanessa vom Fenster aus. »Es scheint, als würde sich gleich etwas... Ungewöhnliches hier abspielen. «
Jocelyn stellte sich zu ihr ans Fenster, und Addie Bourland trat hinter sie. Sie sah augenblicklich, was Vanessa meinte. Langsam, aber zielstrebig schlenderten vier schwarzgekleidete Männer mitten über die staubige Straße. Mit ihren schwarzen Stetsons, den schmalen Krawatten und den herunterhängenden Schnurrbärten sah einer wie der andere aus, alle bis an die Zähne bewaffnet. Weniger fein gekleidet waren die fünf Männer auf dem freistehenden Grundstück auf der anderen Straßenseite, die sie zu erwarten schienen.
»Meine Güte, jetzt ist es soweit, jetzt wird es ernst! « sagte Addie Bourland aufgeregt.
»Was wird jetzt ernst? « erkundigte sich Jocelyn.
»Jetzt kommt der Showdown«, sagte Addie, ohne ihren Blick auch nur einen Moment lang von der Straße abzuwenden. »Damit war schon seit langem zu rechnen. «
»Was um Himmels willen ist ein Showdown? « fragte Vanessa die Ladenbesitzerin.
Die Frau sah Vanessa einen Moment lang seltsam an, doch dann lachte sie. »Ich fand gleich, daß die Damen irgendwie seltsam reden. Sie kommen nicht aus dieser Gegend, oder? « Aber sie wartete keine Antwort ab. »Ein Showdown ist eine Schießerei, mit der eine Fehde endlich offen ausgetragen wird. Das da ist Virgil Earp, unser Marshai, und die anderen, die über die Straße kommen, sind seine Brüder Wyatt und Morgan. Der mit der Schrotflinte ist Doc Holiday, Wyatts bester Freund. «
»Ein Arzt, der sich auf eine Schießerei einläßt? « Von etwas moralisch derart Unvertretbarem hatte Vanessa noch nie gehört.
»Er war früher im Osten mal Zahnarzt, Ma'am. Jetzt verdient er sich den Lebensunterhalt als Spieler. Mich wundert, daß man ihn schon so früh am Tag auf den Beinen sieht. Der Kerl ist eine Nachteule. «
»Und die Herren, die sich anscheinend verstecken, um auf sie zu warten? «
»Das sind Nichtsnutze! « fauchte Addie. »Raufbolde und Störenfriede, jeder einzelne von ihnen. Diebe und Verbrecher noch dazu. Das sind Mitglieder der Clanton Bande. « Als Vanessa sie verständnislos ansah, drückte Addie sich klarer aus. »Ike und Billy Clanton, Frank und Tom McLaury, und es sieht so aus, als hätten sie den jungen Billy Claiborne heute auch dabei. Sie können lange nicht mehr in der Stadt gewesen sein, wenn Sie noch nichts von der Clanton Bande gehört haben. Sie sind die Erzfeinde der Earps. «
»Wir sind gestern nachmittag erst hier angekommen. Aber wenn das da draußen, wie Sie sagen, ein offizieller Hüter des Gesetzes ist, warum sollte es dann zu einem Showdown kommen, wie Sie es nannten? Wäre es nicht logischer, davon auszugehen, daß der Marshai lediglich vorhat, diese Männer zu verhaften? «
»Ja, das mag er Vorhaben, und wahrscheinlich ist es auch seine Absicht, aber deshalb wird noch lange nichts daraus. Diese Jungen auf der anderen Straßenseite halten nicht still und sehen sich an, wie er sie verhaftet. Wenn sie dortstehen und warten, dann heißt das, daß sie sich mit den anderen schießen wollen. Darauf würde ich meinen Laden wetten, denn wie ich schon sagte, bahnt sich das schon lange an. «
Vanessa und Jocelyn sahen einander an. Keine von beiden wußte, ob sie die Frau ernst nehmen sollten oder nicht. Es stimmte, daß sie nie zuvor so viele Männer gesehen hatten, die ihre Waffen so deutlich zur Schau trugen wie hier in Tombstone. Wo man sich auch umsah, es war in der ganzen Stadt dasselbe. Aber dafür mußte es einen Grund geben, der schwerer wog; es konnte nicht nur darum gehen, auf einen möglichen >Showdown< vorbereitet zu sein.
Die vier dunkelgekleideten Männer hatten das leerstehende Grundstück jetzt beinahe erreicht. Jocelyn beobachtete fasziniert, wie sie rasche Sprünge machten und sich mit dem Rücken zum Hutgeschäft auffächerten. Die fünf Männer auf dem Grundstück stellten sich ebenfalls mit dem Gesicht zu ihnen in einem Halbkreis auf. Ein Befehl war zu hören, die Aufforderung, die Waffen unverzüglich fallen zu lassen. Aber ehe man sich versah, begann die Schießerei.
Jocelyn wurde von einer ihrer Wachen vom Fenster fortgerissen und nahezu zu Boden geworfen. Genauso erging es Vanessa und einer heftig
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