Wyoming 2 - Wildes Herz
sie hätte ihn dort sitzen lassen. Er hätte sein Pferd ebenso leicht zurückpfeifen können, wie sie ihr Pferd dazu gebracht hatte, ihr nachzulaufen. Aber das hätte ihn wieder auf Armeslänge in ihre Nähe gebracht, und es hatte sich bereits bis zum Exzeß erwiesen, daß er seine Finger nicht von ihr lassen konnte, wenn sie ihm zu nahe kam. Himmel, ihm war jeder Vorwand recht, um sie zu berühren, und sei es nur, um ihr Angst einzujagen, damit sie ihm nicht mehr so nahekam, daß er weitere Vorwände fand.
Als ihm endlich aufging, daß er immer noch dasaß und drei tote Tiere um ihn herum lagen, die garantiert bald die Geier anlocken würden, ließ er einen Schwall von Flüchen los, bei denen dieser rachsüchtige Rotschopf rote Ohren gekriegt hätte. Er brauchte wirklich Zeit, um sich abzuregen, körperlich vor allem, und da der Treck noch gut eineinhalb Meilen entfernt war, würde ihm das zweifellos gelingen. Andererseits staute sich schon wieder Wut in ihm auf.
Kapitel17
»Was wirst du tun, wenn dieser Mann anfängt, dich zu verprügeln? «
Jocelyn winkte diese Vorstellung ab. »Sei nicht albern, Vana. Das würde er nicht wagen. « Aber sie unterbrach sich in ihrem Auf und ab Laufen im Zelt, und sogar sie selbst hörte die Unsicherheit aus ihrer Stimme heraus. »Oder? «
»Sieh mich nicht an, meine Liebe. Du bist hier diejenige, die immer wieder mit dem Feuer spielt. Ich habe bisher noch nicht einmal mit dem Kerl geredet. Aber hättest du dir das nicht überlegen sollen, ehe du ihm das Pferd weggenommen hast? «
»Ich habe es ihm nicht weggenommen, ich habe es mir nur ausgeliehen. Außerdem hat er es nicht besser verdient. «
Sie hatte für einigen Trubel gesorgt, als sie im üblichen Reitersitz der Männer auf dem großen Appaloosa zurückgekommen war, aber ein Blick in ihr erbostes Gesicht hatte ausgereicht, um keine Äußerung laut werden zu lassen, und selbst Colts Bruder hatte nichts dazu gesagt oder jedenfalls nicht ihr gegenüber. Aber inzwischen waren ein paar Stunden vergangen.
Die Kolonne war an der Stelle vorbeigekommen, an der sie Colt zurückgelassen hatte, doch dort war er nicht mehr. Auch als sie ihr Lager für die nächste Nacht aufgeschlagen hatten, war noch nichts von ihm zu sehen gewesen. Ihre Leute fingen wahrscheinlich schon an sich zu fragen, ob sie ihn sich dauerhaft vom Hals geschafft hatte. Schließlich mußten sie die Schüsse gehört haben, die sie abgefeuert hatte. Sie fing selbst schon an, sich Sorgen zu machen. Es gab doch die Schlangen, von denen er gesprochen hatte, und dieser verdammte Berglöwe schlich auch noch irgendwo herum. Natürlich hatte sie ihn nicht unbewaffnet zurückgelassen. Er hatte immer noch seinen Revolver. Zweifellos wollte er, daß sie sich Sorgen um ihn machte.
»Ich mag diesen Teppich recht gern, aber wenn du so weitermachst, wird er nicht mehr lange halten«, sagte Vanessa in ihrem trockensten Tonfall. »Warum kommst du nicht her und trinkst einen Sherry vor dem Abendessen? «
»Entschuldige bitte«, sagte Jocelyn, doch sie lief weiterhin auf und ab. »Ich weiß, daß du es in den letzten Tagen nicht allzu leicht mit mir gehabt hast. «
»Das soll wohl ein Witz sein«, schnaubte Vanessa. »Deine kleinen Reibereien mit Mr. Thunder waren so ziemlich das Unterhaltsamste, was sich bei uns getan hat, seit unsere beiden strammen Lakaien sich wegen Babette gegenseitig umbringen wollten. Du hast mir zwar nicht erzählt, was heute Passiert ist, aber wenn du makellos gekleidet losreitest und als das Gegenteil zurückkommst, ist es nicht allzuschwer zu erraten. Ich kann wirklich kaum erwarten, mir anzusehen, was wohl als Nächstes passiert. «
Damit handelte sich die Gräfin einen finsteren Blick ein, doch fast im selben Augenblick schloß Jocelyn die Augen und zuckte zusammen, denn sie konnten beide den Aufruhr hören, der draußen vor dem Zelt ausgebrochen war. Mr. Thunder war angekommen.
»Sieh mal, Kumpel«, sagte einer der Wächter verdrossen. »Du kannst nicht einfach unaufgefordert eintreten. «
Die einzige Antwort darauf war das Geräusch von Fleisch, das auf Fleisch trifft, höchstwahrscheinlich in Form von Knöcheln in einem Gesicht. Dann war die Stimme einer anderen Wache zu hören, und dann hörte man Schritte und zwei weitere kräftige Schläge.
»Du solltest lieber deinen Derringer rausholen, meine Liebe, solange er sich nicht soweit beruhigt hat, wieder Vernunft anzunehmen. «
Aber Jocelyn rührte sich auf Vanessas Aufforderung hin nicht von
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