Wyoming 2 - Wildes Herz
war es vorbei. Der schwere Deckel der großen Truhe krachte in dem Moment auf den Kopf des einen Mannes, in dem er sich mit irgendeinem Fund in seiner Hand erhob, und Colts Fuß traf gegen das Kinn des anderen - und das war ein Fehler. Sein Fuß tat weh, und er verfluchte sich ausgiebig dafür, daß er nicht statt dessen sein Messer eingesetzt hatte, das er in der Hand bereithielt. Aber jetzt brauchte er es nicht mehr, da er beide Männer außer Gefecht gesetzt hatte.
Angewidert humpelte er zum Bett, um sich seinen Fuß anzusehen, der ernsten Schaden erlitten hatte, doch sowie er sich gesetzt hatte, strömte ihm Jocelyns Duft entgegen, und er sprang unter neuerlichem Fluchen auf. Er war so rasend vor Wut, daß er am liebsten beiden Männern die Kehle aufgeschlitzt hätte, aber sein gesunder Menschenverstand gewann die Oberhand. Es war nicht ihre Schuld, daß er die halbe Nacht lang auf der anderen Straßenseite im Dunkeln gestanden und eine Flasche schlechten Schnaps getrunken hatte. Dabei hatte er wie ein liebestoller Narr zu ihrem Fenster hochgeblickt und sich ein halbes Dutzend Fantasien hingegeben, die hätten wahr werden können, wenn er sich entschlossen hätte, sich dieses offenstehende Fenster zunutze zu machen.
Eine heftige Auseinandersetzung mit seinem Gewissen war notwendig gewesen, damit er die Straße nicht überquerte. Daher versetzte es ihn natürlich in Wut, daß er hier in ihrem Zimmer war, nachdem sein Gewissen gesiegt hatte, und die Tatsache, daß sie unten stand und auf ihn wartete, hätte ihn in die Raserei treiben können.
Es bestand eine geringe Hoffnung, daß sie nicht dort sein würde, daß sie augenblicklich ihre übrigen Wachen aufgesucht hätte, um ihnen mitzuteilen, was geschehen war. Doch als er endlich zurückkam und feststellte, daß sie ihm statt dessen gehorcht hatte, hatte er seine Lust wenigstens wieder gezügelt und trotz seiner Wut die Selbstbeherrschung wiedergefunden.
»Sie können jetzt reinkommen, Herzogin. «
Wundersamerweise klang seine Stimme fast freundlich, als er ihr die Worte zurief. Sie konnte nicht wissen, daß sein Tonfall ihn Überwindung kostete.
»Soll das heißen, daß niemand in meinem Zimmer war? «
»Das habe ich nicht gesagt. Sie hatten zwei Besucher, aber die habe ich entfernt. Ich warte im Korridor auf Sie. «
»Nein, warten Sie! « rief sie in einem gehetzten Flüsterton zu ihm hinauf. »Ich kann nicht durch das Foyer laufen. Was wäre, wenn mich jemand so sähe? «
Colt starrte auf sie hinunter und war froh, daß er im Dunkein nicht allzuviel erkennen konnte. Es war ihr also peinlich, sich in ihren Nachtgewändern erwischen zu lassen? Sie hätte sich lieber Sorgen machen sollen, daß er sie nicht sah. Dagegen hatte sie von einem Hotelangestellten im Halbschlaf wahrhaft nichts zu befürchten.
»Sie spielen wohl gern mit der Gefahr, stimmt's? «
Sie verstand ihn vollkommen falsch. »So hoch ist es doch gar nicht. Könnten Sie nicht einfach die Arme ausstrecken und mich hochheben? «
Lange Zeit sah sie seinen Schatten nicht, und er antwortete auch nicht. Sie starrte besorgt zum Dachrand hinauf und fragte sich, worin das Problem wohl bestehen mochte. Vielleicht hatte er ihre Bitte ganz einfach nicht gehört. Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, daß er sie hochhob. Es hatte ihn damals nicht viel Kraft gekostet, sie hochzuziehen und aus der Kutsche zu heben, und der Höhenunterschied war hier auch nicht viel größer.
Bisher hatte sie Glück gehabt, daß niemand vorbeigekommen war und sie dort warten gesehen hatte. Colt hatte eine ganze Weile gebraucht, um die Eindringlinge aus ihrem Zimmer zu >entfernen<. Sie zitterte bei der Vorstellung, was er damit wohl gemeint haben mochte. Aber sie konnte nicht ewig hier warten. Je weiter sie nach Norden gekommen waren, desto tiefer waren die Temperaturen gesunken, und inzwischen spürte man schon die Unterschiede zwischen Tag und Nacht. Heute nacht war es ausgesprochen kalt, oder zumindest kam es ihr in ihren hauchdünnen Sachen so vor. In dem Moment, in dem ihre Angst nachließ, liefen ihr schon Schauer über den Rücken. Sie konnte einfach nicht mehr allzu lange draußen in der Kälte stehen.
»Colt? «
Diesmal bemühte sie sich gar nicht erst zu flüstern. Wenn er wieder ins Haus gegangen war, um sie im Korridor zu erwarten, wie er es ihr vorgeschlagen hatte, dann fand sie das sehr ärgerlich, auch wenn er sie eben gerade - was denn? Schon wieder gerettet? Sie wußte wirklich nicht, was
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